Maenner fuers Leben
exkommunizierte, als Courtney sich auf einem Studentenfest betrank und dann Margots nagelneuen Saab vollkotzte. Courtney gab sich zwar angemessen zerknirscht, aber sie bot nicht an, den Wagen sauberzumachen oder für irgendwelche Schäden aufzukommen. Es ging nicht um die Kosten, erklärte Margot, und das glaubte ich ihr. Es war die unglaubliche Gedankenlosigkeit und Ungezogenheit – und überdies die stillschweigende Annahme, dass Margot, weil sie Geld hatte, nichts dagegen haben würde, die Reinigungsrechnung zu übernehmen. Margot kam über diesen Zwischenfall einfach nicht hinweg, und immer öfter bemerkte sie, wie schäbig und selbstsüchtig Courtney war. Aber ihrem großen Ärger zum Trotz stellte sie Courtney niemals zur Rede. Stattdessen zog sie sich nur still und leise aus der Freundschaft zurück, so unauffällig, dass Courtney von Margots Sinneswandel anscheinend nie etwas bemerkte, bis sie sich verlobte und Margot fragte, ob sie Brautjungfer werden wolle. Nach sehr kurzem Überlegen entschied Margot, dass sie diese Heuchelei nicht über sich bringen würde, und höflich lehnte sie die «Ehre» ab, ohne eine Erklärung, eine Ausrede oder eine Entschuldigung zu liefern. Zur Hochzeit kam sie trotzdem, aber natürlich ging ihre Freundschaft danach zusehends in die Brüche, und heute reden die beiden überhaupt nicht mehr miteinander – nicht einmal, als sie sich im vergangenen Herbst bei einem Jahrgangstreffen über den Weg gelaufen sind.
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es zwischen Margot und mir jemals zu einer solchen Entfremdung kommen könnte, aber trotzdem bekomme ich Angst und sage: «Es ist eigentlich nicht Margots Stil, Leute zur Rede zu stellen.»
«Du bist nicht ‹Leute›. Du bist ihre sogenannte ‹beste Freundin›. Du willst mir erzählen, dass sie dich auf eine solche Sache nicht ansprechen würde?» Suzanne stößt einen Pfiff aus, um die dramatische Wirkung zu erhöhen.
«Ich weiß es nicht. Vielleicht wird sie es ja tun.» Das Wort «sogenannte» bringt mich in Rage, und ich versuche, mich an einen Fall zu erinnern, bei dem Margot mich einmal unumwunden zur Rede gestellt hat. Ironie des Schicksals: Das einzige Beispiel, das mir einfällt, hat mit Leo zu tun. «Sie hat mich angesprochen, als Leo und ich uns getrennt haben und ich mich wie ein windelweicher Loser aufgeführt habe –»
Suzanne unterbricht mich unerbittlich. «Du warst kein windelweicher Loser. Du hattest ein gebrochenes Herz. Das ist ein Unterschied.»
Diese Feststellung wirkt natürlich entwaffnend, denn niemand denkt gern, dass er einmal windelweich war – oder ein Loser –, und ein windelweicher Loser will man schon gar nicht gewesen sein. Aber in diesem Augenblick ist meine Zeit wirklich um, denn Andy kommt mit zwei Caffè Latte auf uns zu. «Er kommt», sage ich. «Sag mir dein Fazit.»
«Das Fazit ist, dass es eine Sache zwischen dir und Andy ist … nicht zwischen dir und deiner Schwägerin – oder deiner ‹allerbesten Freundin›.» Es klingt sarkastisch, wie sie die beiden Worte ausspuckt. «Aber wenn du das Gefühl hast, du musst die Atmosphäre reinigen, dann mach’s …»
«Okay», sage ich.
«Aber was immer du tust, sei kein Angsthäschen. Du darfst nicht winseln und dich nicht ducken … Kapiert?»
«Kapiert.» Ich nehme Andy meinen Kaffee aus der Hand und lächle ihn dankbar an. Ich weiß nicht, wann ich jemals so dringend einen Schuss Koffein gebraucht habe.
«Weil … Ellie?», sagt Suzanne eindringlich.
«Ja?»
«Wenn du winselst und dich duckst … dann schaffst du dir da unten in Dixieland einen üblen Präzedenzfall.»
Suzannes Rat klingt mir noch in den Ohren, als Andy und ich aus einer letzten, sentimentalen Laune heraus die Schneekugel kaufen und um die Ecke zu unserem Gate gehen.
Nicht winseln und mich nicht ducken , denke ich und frage mich, ob ich gestern Abend in ein solches Verhalten verfallen bin. Ich weiß, ich habe nicht gewinselt, denn es gab ja gar keine verbale Kommunikation, aber habe ich mich geduckt? Bin ich Margot aus dem Weg gegangen, und nicht nur sie mir? Wenn ja, habe ich alles vielleicht nur noch schlimmer gemacht, vielleicht habe ich überreagiert. Ich bin zwar sicher, dass sie Leos Namen gelesen hat, aber vielleicht findet sie es gar nicht so schlimm, und ich habe Gespenster gesehen – wegen meines geplagten Gewissens, weil der Abend, der letzte vor dem Umzug, ohnehin sehr emotional war und weil ich immerhin ein bisschen mehr Bier als nötig
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