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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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sein – oder wenigstens Behagen empfinden in all … dem hier.» Ich werfe einen Blick durch meine geräumige Küche mit marmornen Arbeitsplatten, einem blinkenden Viking-Herd und breiten Bodendielen aus Zedernholz. «Aber mein Gefühl ist einfach nicht richtig hier … Es ist schwer zu erklären.»
    «Versuch’s trotzdem.»
    Eine Litanei meiner üblichen stillen Klagen kommt mir in den Sinn, aber ich begnüge mich mit einer trivialen und doch irgendwie bezeichnenden Anekdote von gestern Abend. Ich erzähle, wie das kleine Mädchen von nebenan herüberkam, um Kekse von den Girl Scouts zu verkaufen, und wie ich gereizt zugesehen habe, als Andy über dem Bestellformular brütete, als handelte es sich um eine Lebensentscheidung. Ich mache ihn nach und übertreibe dabei seinen Akzent: «Nehmen wir jetzt drei Schachteln Tagalongs und zwei Thin Mints oder lieber zwei Tagalongs und drei Thin Mints?»
    «Das ist eine ziemlich schwere Entscheidung», bemerkt Suzanne trocken.
    Ich ignoriere sie. «Und dann unterhält Andy sich zwanzig Minuten lang mit der Mutter der Kleinen darüber, dass sie über zwei Personen hinweg miteinander bekannt sind – was in dieser Stadt anscheinend schon ein ziemlicher Abstand ist – und über alle ihre gemeinsamen Bekannten aus Westminster –»
    «London?», fragt sie.
    «Nein. Bedeutender als diese olle kleine Abtei in England. Dieses Westminster ist die elitärste Privatschule in Atlanta … im gesamten Südosten, meine Liebe.»
    Suzanne kichert, und mir kommt der Gedanke, dass sie irgendwie auch ihre Freude an all dem hat, auch wenn sie möchte, dass ich glücklich bin. Sie hat es mir schließlich von Anfang an gesagt. Du bist eine Außenseiterin. Du bist keine von ihnen. Du wirst nie wirklich dazugehören .
    «Und dann», sage ich, «als ich denke, es ist endlich vorbei und wir können uns endlich wieder besinnungslos vor den Fernseher hocken – übrigens habe ich das Gefühl, dass wir gar nichts anderes mehr tun –, da sagt die Mutter zu ihrer Tochter, sie soll sich bei ‹Mr. und Mrs.   Graham› bedanken, und eine verwirrte Sekunde lang drehe ich mich um und suche Andys Eltern. Bis mir klar wird, dass ich Missus Graham bin.»
    «Möchtest du nicht Missus Graham sein?», fragt Suzanne spitz.
    Ich seufze. «Ich möchte nicht, dass mein Tag sich um Thin Mints dreht.»
    «Aber Thin Mints sind verdammt gut», sagt Suzanne. «Besonders wenn man sie ins Gefrierfach legt.»
    «Hör auf.»
    «Sorry», sagt sie. «Erzähl weiter.»
    «Ich weiß nicht. Ich fühle mich so … eingesperrt … isoliert.»
    «Und was ist mit Margot?»
    Ich denke über die Frage nach, hin und her gerissen zwischen einem grundlegenden Gefühl der Loyalität gegenüber meiner Freundin und dem, was die traurige Wahrheit zu sein scheint: dass ich mich in letzter Zeit ein bisschen entfremdet fühle, obwohl ich mehrmals am Tag mit Margot rede. Angefangen hat es mit ihrem vorwurfsvollen Blick auf unserer Abschiedsparty, und trotz unseres Gesprächs auf dem Flughafen ist dieses Gefühl der Distanz nicht weggegangen.
    Im ersten Augenblick war ich dankbar für ihren Freispruch und dafür, dass sie mich trotz meines Vergehens nicht verstoßen hat. Aber jetzt habe ich das beunruhigende, enervierende Gefühl, dass sie tatsächlich glaubt, ich sei Andy und der ganzen Familie eine Menge schuldig. Ich hätte großes Glück, hier zu sein, mitten in der Graham-Dynastie, ich könne New York unmöglich vermissen, und ich hätte nicht das Recht auf eine Ansicht über irgendetwas oder jemanden, wenn sie von den Ansichten der Familie, von ihren Anstandsvorstellungen und Werten abweicht.
    Was dir am besten gefällt, ist zugleich das, was dich verrückt macht , denke ich – und das ist die Wahrheit. Mir hat die Bilderbuchwelt der Grahams in ihrer Vollkommenheit gefallen. Ich habe ihren Reichtum bewundert, ihren Erfolg, ihre Verbundenheit; sogar der rebellische Jamie (der endlich aus dem Gästehaus seiner Eltern ausgezogen ist) schafft es fast immer, sonntags morgens in der Kirche zu erscheinen, wenn auch mit roten Augen und wahrnehmbarem Zigarettendunst in seinen zerknautschten Khakihosen. Es hat mir gefallen, dass sie sich alle miteinander beraten, ehe sie etwas tun, dass sie glühenden Stolz auf den Namen und die Traditionen ihrer Familie empfinden und dass sie Stella allesamt verehren. Es hat mir gefallen, dass niemand gestorben oder geschieden oder wenigstens enttäuscht war.
    Aber jetzt … Jetzt fühle ich mich eingesperrt.

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