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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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Ich kann Sie so schlecht verstehen.«
    Na dann mach doch endlich auf!
    Langsam, ganz langsam öffnet sich die Tür. Nur einen Spalt weit, Marga Mönchinger hat immer noch die Kette vorgelegt. Aber sie tritt so in den Spalt, dass ich sie sehen kann. Heiliger Strohsack!
    »Sind Sie Frau Mönchinger?«, frage ich fassungslos.
    »Ja. Natürlich. Wer sind Sie? Und was wollen Sie hier um diese Zeit? Ist Hubert etwas geschehen?«
    Sie trägt ein Blümchennachthemd. Baumwollflanell in einem unsäglichen Gelb mit etwa 2000 Streublümchen darauf und mit einer Rüsche rund um den Busen. Leider hat das Nachthemd keinen eingearbeiteten Büstenhalter. Und von roten Haaren kann schon überhaupt nicht die Rede sein. Verschwitzt kleben mausgraue Fäden an ihrem Kopf, der klein ist wie bei einem unterernährten Vögelchen. Wenn ich an die Mähne von der Rothaarigen auf dem Foto denke, wird mir ganz anders. Die Frau, die hier vor mir steht und behauptet, Marga Mönchinger zu sein, hat höchstens im Vergleich mit mir selbst eine Mähne auf dem Kopf. Jetzt zupft sie auch noch nervös an ihren Haaren herum. Ihre Stimme wird ganz zittrig vor Angst.
    »Bitte sagen Sie doch etwas! Sie stehen doch nicht ohne Grund hier. O mein Gott …«
    »Nein, nein, gnädige Frau, beruhigen Sie sich, es ist überhaupt nichts geschehen. Gar nichts. Ich wollte nur …«
    Ach verdammt, ist das peinlich!
    Ich nestele an meinem Jackett, um nicht weiter in dieses Gesicht sehen zu müssen. Natürlich sehen wir alle etwas zerknautscht aus, wenn man uns mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißt. Aber doch nicht so zerknautscht. Diese faltigen Augen, dieser verkniffene Mund.
    »Ist Ihnen nicht gut? Mein Gott, ich stehe hier und rede. Sie sind ja ganz blass! Warten Sie …«
    Die Frau im Blümchennachthemd nestelt an der Türkette.
    »Bitte bemühen Sie sich nicht, Frau Mönchinger, es geht schon besser. Ein kleiner Schwächeanfall, offenbar. Wissen Sie, ich kenne niemanden in Westerland, und in meiner Not kam mir Ihre Adresse in den Sinn. Es war natürlich ganz unverzeihlich von mir, Sie einfach so mitten in der Nacht aus dem Bett zu klingeln. Bitte entschuldigen Sie vielmals, aber ich dachte …«
    Jetzt hat sie die Kette aus dem Schloss gefummelt und winkt mich mit besorgter Miene ins Haus.
    »Wirklich, Frau Mönchinger, es geht mir erheblich besser! Ich bitte Sie inständig: Nur keine Umstände! Es ist mir furchtbar unangenehm, Sie überhaupt gestört zu haben.«
    Irgendwie schaffe ich es, wieder ins Auto zu kommen.
    Mein Kopf ist leer. In einem wahrhaft erschreckenden Ausmaß leer. Ich wende und fahre ziellos durch die Straßen. Nur hin und wieder sehe ich auf die Uhr. Ordne meine Gedanken.
    Bin ich nicht losgezogen, die Angaben Hubert Mönchingers zu überprüfen? Und habe ich sie nicht überprüft?
    Nach und nach liegt es immer klarer vor mir, das Seelengemälde meines Patienten. Hubert Mönchinger ist ein schwer neurotischer Mensch, fast schon ein Psychopath. Was er sich einredet, grenzt an Schizophrenie. Mein Patient ist ein klassisch klinischer Fall, nur verdammt gut getarnt. Oder lügt er absichtlich, um sich wichtig zu machen? Nein. Dass er selbst die Geschichte mit der Rothaarigen glaubt, daran ist nicht zu zweifeln. Fragt sich nur, was er seiner Frau über die Donnerstagnächte erzählt, die er in Flensburg verbringt. Vielleicht bei der Rothaarigen? Im Liebestaumel? Irgendwo muss er das Foto schließlich herhaben. Wenn ich nur an die Pose denke, mit der dieses scharfe Weib an dem Wagen lehnt. Auf dem Foto ist eindeutig Mönchingers Auto zu sehen, ich war clever genug, mir das Kennzeichen zu merken. Und so ohne Weiteres lehnt sich doch keine feuerrote Schönheit an den Kotflügel eines durchschnittlichen Daimler und lässt für den Fotografen auch noch alle Hüllen fallen. Ich werde den guten Mönchinger bei unseren nächsten Sitzungen gehörig in die Zange nehmen müssen. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht herausfinden könnte, wer dieses Götterweib ist und wo sie wohnt.
    Und dann: Ade Marleen! Und: Gnade dir Gott, du rote Teufelin!

Freitag, 17. Juni, 4.23 Uhr,
Kurpromenade Westerland
    Während auf der Wattseite der Insel gerade die Sonne aufgeht und als fetter roter Ball über dem Festland mit seinen Windrädern, Deichen und Feldern hängt, liegt der Westerländer Strand noch im Schatten der Kurpromenade. Schlapp rollen die Ebbewellen übers Wasser, feuchtgrau schimmert der Sand im Zwielicht. Die Strandkörbe stehen in Reih und Glied, genauso

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