Männer sind Helden
Kind.“ Er machte eine kurze Pause und betrachtete mich. „Du hängst wohl doch noch an ihr, was?“
Ich war wie benebelt. Bislang war Isabel für mich noch nicht verloren gewesen, aber was wäre, wenn dieser Grufti sie mir vor meinen Augen wegschnappte? Das durfte nicht wahr sein! Ich ging in eine Kneipe, trank drei Tequila und fünf Bier und ließ mich von einem Taxifahrer nach Hause bringen. Der Alkohol machte alles nur noch schlimmer. Ich tat mir selbst unendlich leid. Womit hatte ich das verdient? Schließlich gab es weitaus schlimmere Männer als mich. Männer, die ständig besoffen nach Hause kamen und ihre Frauen schlugen, zum Beispiel. Erschöpft schlief ich auf dem Rücken ein, Tiffany im rechten und Audrey im linken Arm.
35. Kapitel
Von Udo erfuhr ich, dass Isabel und Doktor tatsächlich im Juni heiraten wollten, was meine Stimmungslage nicht gerade verbesserte. Ich hatte seitdem ständig Ohrensausen, aber der Arzt, der mich daraufhin untersuchte, konnte nichts feststellen. Er tippte auf „Stress oder psychische Probleme.“ Gab es jemanden, mit dem ich mich einmal aussprechen konnte? Ich meldete mich spontan bei der Männergruppe an, die sich einmal in der Woche im Zentrum der Begegnung traf. Ich hatte eine Anzeige in der „Szene“ entdeckt. Der Leiter hieß Jonas, war Sozialpädagoge und freute sich über mein Interesse. „Du, das finde ich unheimlich toll, dass du bei uns mitmachen willst“, sagte er bei unserem ersten Treffen. „Du kannst für Hans-Georg einspringen. Der ist vor ein paar Tagen ausgeschieden, weil er sich nicht in unsere Gruppe einbringen wollte. Deshalb ist ein Platz frei geworden.“
Die Gruppe bestand aus völlig unterschiedlichen Typen, vom jungen Studenten bis zum rüstigen Opa. Zunächst musste ich mich vorstellen und den anderen kurz erzählen, welches Problem ich hatte. „Also, ich heiße Alexander Grühnspahn und bin Rechtsanwalt“, sagte ich. „Meine Freundin hat mich verlassen, weil ich ein Macho bin. Seitdem habe ich Ohrensausen.“ Die Männer nickten mitfühlend. Ein bärtiger Typ mit Brille meldete sich zu Wort: „Ich habe da ähnliche Erfahrungen gemacht. Als die Lotte damals mit einem anderen durchgebrannt ist, bekam ich einen schlimmen Hautausschlag. Kein Arzt konnte mir helfen, bis mir ein Heilpraktiker die Augen öffnete. Er sagte, ich solle die Trauer über die Trennung endlich rauslassen. Ich sei innerlich blockiert, deshalb suche sich meine frustrierte Psyche ein anderes Ventil.“
Ein anderer erzählte, dass er immer Schweißausbrüche bekomme, weil seine Freundin so dominant sei und ihn herumkommandiere. „Ich kann ihr einfach nichts recht machen“, jammerte er. Ein kleiner, stiller Typ mit quäkiger Stimme erzählte, dass er nie auf die Teppichfransen treten dürfe. Wenn es ihm passieren würde, bekäme sein Eheweib regelmäßig Tobsuchtsanfälle. Er wurde aufgrund dessen jede Nacht von dem gleichen Alptraum heimgesucht: Er lag auf dem Fußboden und konnte sich nicht bewegen. Ein Teppich nach dem anderen fiel auf ihn hinab, bis er platt wie eine Briefmarke war.
Ich war sprachlos. In was für eine merkwürdige Gruppe war ich da nur hineingeraten? Solche Typen kannte ich bislang nur aus dem Fernsehen. Dort treten ja alle naselang Männer auf, die das Bedürfnis haben, sich vor Millionen Zuschauern zu outen. Nach dem Motto: Ich schlafe mit meiner Gummimatte – ein Fetischist packt aus.
Jonas bat um Ruhe. „Hat einer von euch noch ein körperliches Problem mit seelischer Ursache, über das er hier in der Gruppe reden möchte?“
Der junge Student hob seinen Arm und grinste: „Also immer wenn meine Tussi nicht mit mir bumsen will, habe ich so einen tierischen Druck auf der Nille. Ist das normal?“
Die anderen lachten: „Das ist wieder typisch Krauti!“ Der Typ war offensichtlich der Witzbold der Gruppe.
Wieder redeten alle durcheinander: „Ruhe! Ruhe!“, schrie Jonas. „So hat das keinen Sinn. Das nächste Mal reden wir wieder über ein ganz bestimmtes Thema. Wer hat einen Vorschlag zu machen?“ Keiner meldete sich. „Ich finde, wir sollten darüber sprechen, wie wir unser sexistisches Verhalten ablegen können.“
Alle Teilnehmer klatschten Beifall: „Superthema, Jonas“, sagte der kleine Typ mit der quäkigen Stimme.
Ich fragte mich, ob diese Männer es überhaupt nötig hatten, sich in dieser Hinsicht zu ändern. Ich meine, Typen, die Schweißausbrüche bekommen, wenn sie eine Frau sehen, können wohl kaum
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