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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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sexistisch sein, oder? Ich teilte Jonas im Flur meine Bedenken mit. Er blickte nachdenklich zur Decke, dann nahm er seine Brille ab und putzte sie mit einem Zipfel seiner Strickweste. Als er sie wieder aufsetzte, war sie schmieriger als vorher. „Du“, sagte er. „Ich finde das ganz toll, dass du dich gleich so einbringst.“ Er blickte auf seine Uhr: „Ich habe jetzt aber überhaupt keine Zeit. Ich muss noch einen Vortrag für morgen vorbereiten. Wir reden bei unserem nächsten Treffen darüber, okay?“
    Ich ging also zum nächsten Meeting, schon aus Neugier. Jonas hängte mehrere Bilder mit nackten Frauen an die Wand. Das war schon mehr nach meinem Geschmack. Drei Bilder stammten vom Format her eindeutig aus einschlägigen Herrenmagazinen. Die abgebildeten Frauen hatten die Parademaße 90-60-90, waren blond und zeigten einen Schmollmund. Zwei Fotos waren schwarzweiß und zeigten Frauen in natürlicher Umgebung, ohne aufreizende Pose. Wir sollten sagen, welche Bilder uns am besten gefielen. „Seid aber bitte ehrlich!“, ermahnte uns Jonas.
    „Also, wenn du mich fragst, sind die Schwarzweißbilder bestimmt künstlerischer“, sagte der Student, „aber die blonden Weiber mit den großen Titten sind einfach geiler.“
    Die anderen kicherten etwas verhalten, weil er das aussprach, was alle dachten, was aber keiner offen zugeben wollte.
    „Danke für deine Ehrlichkeit“, sagte Jonas und blickte in die Runde. „Ich denke, ihr seid seiner Meinung?“ Wir nickten stumm und schuldbewusst. „Ihr braucht euch nicht zu schämen. Ich werde versuchen, euer Bewusstsein zu verändern, das heißt Frauen nicht nur als Sexualobjekte zu sehen. Vielleicht werdet ihr dann irgendwann die Schwarzweißbilder anregender finden als die Wichsvorlagen aus den Herrenmagazinen.“ Wozu sie uns anregen sollten, teilte er uns nicht mit.
    Wir setzten uns alle an einen Tisch, und Jonas teilte große Klumpen Lehm aus. Wir sollten versuchen, die Seele der Frauen von den Fotos einzufangen und in eine Statue umzusetzen. Ich fand das zwar albern, fügte mich aber dem Gruppenzwang. Mich inspirierte besonders die blauäugige Blondine mit dem halbgeöffneten Mund. Ich versuchte, mich in sie hineinzuversetzen, ihre Gedanken und Gefühle zu ergründen. Womit sie sich wohl in ihrer Freizeit beschäftigte? Ob sie lieber schwamm oder Tennis spielte? Was war ihre Lieblingsspeise? Milchreis mit Kirschen, oder bevorzugte sie ein deftiges Steak? Der Klumpen Lehm formte sich unter meinen Händen zu einer Figur, einer Frau.
    Als ich fertig war, trat ich einen Meter zurück, um mein Werk zu betrachten. Ich fand, die Statue war gar nicht schlecht gelungen. Besonders die großen, runden Brüste entsprachen dem Vorbild. Jonas stellte sich neben mich und legte seinen Kopf schief: „Also Alex, ich glaube, du musst noch ganz schön an dir arbeiten.“
    Dafür lobte er meinen Nachbarn, der ein geschlechtsloses Wesen geschaffen hatte. Seine Figur sah aus wie ein runder Batzen Lehm mit zwei Beinen. „Großartig, einfach großartig!“, lobte Jonas und hielt das Werk in die Luft, damit die anderen es betrachten konnten. Als negatives Beispiel präsentierte er danach mein Werk: „Dazu muss ich wohl kein Wort sagen!“
    Beim nächsten Mal hatte Jonas eine ganz besondere Überraschung parat. Er schleppte einen riesigen Koffer in den Raum und schüttelte den Inhalt vor uns aus. Es waren Frauenkleider! Außerdem verteilte er Perücken, Netzstrümpfe und Schminkutensilien auf dem Boden. „Heute werde ich euch zu Frauen machen“, kündigte Jonas stolz an. Als der erste Freiwillige gesucht wurde, verdrückte ich mich unauffällig. Ich ging auf den Flur, um eine zu rauchen. Zuerst überlegte ich, ob ich nicht einfach abhauen sollte. Ich hatte noch nie Männer in Frauenkleidern gesehen, jedenfalls nicht im wirklichen Leben. Jetzt hatte ich die Gelegenheit. Ich schlich zurück zu den anderen. Sie bemerkten mich nicht, weil ihre Blicke wie gebannt an dem kleinen Typen mit der quäkigen Stimme, der übrigens Rolf hieß, hingen. Rolf hatte sich während meiner Abwesenheit in eine Diva auf silbernen Pumps verwandelt. Er trug ein enges, rosafarbenes Kostüm und schwarze Netzstrümpfe. Seine dünnen Haare waren unter einer blonden Perücke verschwunden, und seine kleinen Schweinsaugen sahen dank falscher Wimpern und blauem Lidschatten wie Scheinwerfer aus. Er stolzierte vor den Männern auf und ab und versuchte dabei, den lässigen Hüftschwung der Monroe zu imitieren. Die

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