Männer sind Helden
Männer grölten, pfiffen und machten anzügliche Bemerkungen: „Hi, Süße, willst du mal meinen Prinzen sehen? So wie ich hat es dir noch kein Kerl besorgt ...“
Schließlich brach Jonas das Experiment ab: „Das reicht!“, rief er, „nun kriegt auch wieder ein.“ Rolf musste sich auf einen Stuhl setzen und seine Empfindungen schildern: „Also, zuerst habe ich mich ganz toll gefühlt, weil die ganze Aufmerksamkeit mir galt, aber dann kam ich mir irgendwie ausgeliefert vor, wie ein Objekt ...“
Jonas nickte zufrieden: „Genau so empfinden Frauen, wenn ihr sie auf diese Weise anmacht.“
„Warum ziehen Frauen sich denn auch so provozierend an, ich meine mit kurzem Rock und enger Bluse?“, fragte ein Typ, der Günter hieß.
„Ja genau!“, pflichtete ihm der Student bei. „Die Mädchen tragen doch ihre Sexyklamotten, damit wir sie anmachen, oder etwa nicht?“
Jonas schüttelte den Kopf: „Männer, ihr müsst endlich einmal anfangen, die Welt aus der Sicht der Frauen zu sehen. Ihr wollt doch bestimmt auch nicht ständig in den Po gekniffen werden, nur weil ihr eine enge Jeans anhabt, oder?“
„Kommt auf die Frau an“, sagte einer leise. Die anderen lachten.
Jonas ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: „Frauen haben eine andere Körpersprache als wir Männer. Ich nenne euch ein Beispiel: Eine hübsche Blondine sitzt alleine an der Bar. Sie trägt einen kurzen Rock und streicht sich immer wieder verspielt eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Wenn ein Mann in ihre Richtung schaut, lächelt sie. Was will diese Frau?“ Er blickte aufmunternd in unsere Runde.
„Das ist doch klar“, sagte Günter, „die will einen Kerl kennen lernen.“
Rolf war der gleichen Meinung: „Eine Tussi, die sich so verhält, will einen Typen für die Nacht aufreißen.“
Der Student lehnte sich im Stuhl zurück: „So eine würde es doch sogar gleich im Klo mit dir treiben.“
Jonas verdrehte die Augen: „Mit euch ist es wirklich hoffnungslos.“
Am nächsten Tag ging ich zu Fuß ins Büro, weil das Wetter so schön war. Vor mir lief ein attraktives junges Mädchen, vielleicht sechzehn Jahre alt. Wir kamen an einem Haus vorbei, das gerade neu gestrichen wurde. Zwei Maler standen auf dem Gerüst und gafften das Mädchen ungeniert von oben an. „He, Süße“, rief der eine von ihnen, „soll ich dir mal meinen Pinsel zeigen?“ Die Kleine bekam einen roten Kopf und beeilte sich, schnell an den Männern vorbeizukommen. Ich weiß auch nicht warum, aber plötzlich stieg Wut in mir hoch: „He, Ihr beiden Pinselaffen“, schrie ich nach oben. „Haltet gefälligst die Klappe und lasst das Mädchen in Ruhe, sonst könnt ihr morgen im Krankenhaus frühstücken.“
Die beiden ließen ihre Kinnladen nach unten klappen und guckten wie blöd. Ich hörte noch, wie der eine sagte: „Komm, rege dich nicht auf, der ist bestimmt schwul!“
36. Kapitel
Die nächste Zeit verlief ziemlich ereignislos. Ich traf mich mit dem Ehepaar Grölling, um eine Abfindung für Frau Grölling durchzusetzen – ohne Erfolg. Sie verließ nach einer Stunde Verhandlung das Zimmer, mit der Ankündigung, das nächste Mal bestimmt ihre Anwältin mitzubringen.
Von Heinzi und Alfred hatte ich lange Zeit nichts gehört. Die beiden hatten wenig Zeit, Tennis zu spielen. Ihr Job und ihre Ehefrauen nahmen sie voll in Anspruch. Deshalb traf ich mich mit Rudi, wenn ich nach der Arbeit Lust auf ein Match hatte. Rudi sah in letzter Zeit schlecht aus, er hatte tiefe Ränder unter den Augen. „Warte, bis du einen schreienden Säugling zu Hause hast“, sagte er, „dann wirst du mich verstehen.“ Sein Verhältnis zu Susi war immer noch angespannt. Entweder sie stritten sich, oder sie redeten kein Wort miteinander. Außerdem war ihr Sexleben immer weiter abgeflaut, seit Philip auf der Welt war.
Udo war seit einiger Zeit wieder auf außerehelichen Pfaden zu finden. Er hatte eine Affäre mit einer Sprechstundenhilfe, die in seiner Praxis arbeitete, und brüstete sich damit, sie im Untersuchungszimmer vernascht zu haben. Alle wussten über diese Bettgeschichte Bescheid, nur Irene nicht. Vielleicht wollte sie es auch nicht wahrhaben. Sie arbeitete Tag und Nacht an ihrer Kollektion, die in zwei Monaten fertig sein sollte. Über ihr Liebesleben erfuhr ich nichts, weil ich ja nicht mehr mit Isabel zusammen war.
Isabel. Ich konnte sie einfach nicht vergessen. Nachts wachte ich oft auf, weil ich glaubte, ihren warmen Körper zu spüren. Aber dann waren es
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