Männer sind Helden
gehen, dann drehte sie sich noch einmal nach mir um: „Wie machen wir das denn mit der Bezahlung?“
„Mach dir darüber keine Gedanken, da werden wir uns schon irgendwie einig werden.“
„Was soll das nun wieder heißen?“
„Mein Gott, nicht das, was du schon wieder denkst. Du hast doch kein festes Einkommen, oder?“ Sie nickte.
„Was machst du eigentlich?“
„Ich studiere noch, den Job bei der Zeitung mache ich nur nebenberuflich.“
„Na fein, dann kannst du ja Prozesskostenhilfe beantragen. Ich helfe dir dabei, wenn du willst.“
„Ja, okay. Vielen Dank!“
„Dafür nicht.“
„Tschüß, bis bald.“
„Ja, tschüß.“
Als sie weg war, steckte ich mir noch eine Zigarette an. Ich öffnete das Fenster, um ein wenig frische Luft hereinzulassen und stellte meinen Tischventilator auf Stufe drei. Warum wollte sie nicht, dass dieser Freund seine Schuld auf sich nahm? Ich meine, er muss die CDs ja in ihre Tasche gesteckt haben, ohne dass sie es bemerkt hatte. Er hatte sie benutzt, und sie deckte ihn. Trotzdem wollte ich alles tun, um sie aus der Angelegenheit herauszuboxen. Vielleicht glaubte der Staatsanwalt ja die Geschichte von dem großen Unbekannten, der heimlich CDs in die Taschen anderer Leute steckt, um das Diebesgut auf diese Weise aus dem Laden herauszubekommen.
In der Strafsache gegen Isabel hatte ich großes Glück. Thomas Berling bearbeitete diesen Fall. Ich kenne Thomas schon seit der Studienzeit, damals lief er noch als Punk durch die Gegend und hörte Musik von Gruppen wie „Die vollen Mülltonnen“ und „Die Kinderschänder“. Ein interessanter Fall für den Verfassungsschutz, hatte ich mir damals gedacht.
Aber seitdem war viel Wasser den Fluss runter gelaufen, und der wilde Punk-Thomas hatte sich zu einem gefürchteten Staatsanwalt gemausert.
In Bezug auf die Anzeige wegen Diebstahls gegen meine Mandantin zeigte sich Thomas jedoch sehr kooperativ. Nachdem ich ihm Isabels Version der Geschichte schriftlich zugesandt hatte, rief er mich an. Ob ich mit der Dame ein Verhältnis hätte, war seine Frage. Schließlich würde ich mich in dieser Sache unheimlich ins Zeug legen, und daher würde sich ihm dieser Gedanke geradezu aufdrängen. Nein, leider nicht, hatte ich erwidert. Dann diskutierten wir darüber, ob er das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit der Schuld einstellen sollte, oder aber weil sich der Tatverdacht nicht hinreichend bestätigt habe.
Wenn die Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit der Schuld das Verfahren einstellt, wäre noch ein gewisser Makel an Isabel haften geblieben, und das wollte ich natürlich nicht. Schließlich überzeugte ich Thomas, der zweiten Variante den Vorzug zu geben. „Na gut“, sagte er, „aber du kümmerst dich darum, dass deine verehrte Mandantin nicht noch einmal mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Das nächste Mal werde ich bestimmt nicht noch einmal ein Auge zudrücken.“
Isabel freute sich riesig, als sie das Einstellungsschreiben von der Staatsanwaltschaft erhielt.
„Oh, Alex, ich danke dir!“
Sie war mit dem Brief in mein Büro gestürmt und hatte mir einen Kuss auf die Wange gedrückt.
„Ein Glück“, sagte sie, „die Sache hat mir ganz schön auf dem Magen gelegen. Wie hast du das nur geschafft?“
„Na ja, ich mag zwar ein schlechter Verführer sein, aber ich bin ein wirklich guter Anwalt“, sagte ich schmunzelnd.
Isabel erwiderte nichts, anscheinend störte sie mein chauvinistisches Eigenlob nicht.
„Wollen wir nebenan beim Italiener ein Eiskaffee trinken?“, fragte ich sie mutig.
„Nee du, das geht jetzt leider nicht, ich habe noch einen wichtigen Termin.“
Als sie mein enttäuschtes Gesicht sah, hatte sie Mitleid.
„Nächsten Sonnabend bin ich auf eine Party eingeladen, etwas ganz anderes als diese Nobel-Fete bei Irene und Udo. Wenn du willst, kannst du mich ja abholen, so um neun Uhr.“
Natürlich sagte ich zu.
Als ich am Sonnabend die Wohnung von Isabel betrat, staunte ich nicht schlecht, als ich den Grufti auf ihrem Sofa sitzen sah. Er räkelte sich genüsslich zwischen mehreren Kissen und schaute sich eine Comic-Sendung im Fernsehen an.
„Darf ich vorstellen, das ist mein Rechtsanwalt Alexander Grühnspahn“, sagte Isabel. „Und das ist Doktor, ein guter Freund von mir.“
„Doktor, was?“
„Doktor ist sein Name“, erwiderte Irene. „Doktor ist Künstler, er macht unheimlich tolle Sachen aus Müll, so ganz irre Skulpturen. Und Doktor ist sein Künstlername.“
„Ach so“,
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