Männer sind Helden
Nachbarn an, der schon glasige Augen hatte. Gespräche mit Männern sind so herrlich unkompliziert! Jeder sagt, was er denkt, und keiner nimmt es übel. Natürlich gibt es auch einmal Streit – aber dann wird kurz auf den Tisch gehauen, jeder trägt seine Ansicht vor, und schon ist alles geregelt. Gespräche mit Frauen enden so oft im nichts. Meistens sind sie am Ende beleidigt, verkriechen sich in ihrem Schneckenhaus und geben einem das Gefühl, ein unheimlich schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Die Herrenrunde wurde von Bierchen zu Bierchen lustiger. Die Frauen standen in kleinen Gruppen zusammen und tuschelten, wahrscheinlich machten sie sich über ihre betrunkenen Männer lustig. Irene und Isabel saßen dicht nebeneinander auf dem Sofa in der Ecke. Isabel hatte den Arm um ihre Freundin gelegt und redete still auf sie ein.
Irgendwann ging ich aber auf die Terrasse, um ein wenig Luft zu schnappen. Mittlerweile musste es bereits ein Uhr morgens sein, aber trotzdem war es noch ganz warm. Am Himmel leuchteten die Sterne, im Gras zirpten die Grillen, kein Lüftchen regte sich. Ich breitete meine Arme aus, legte den Kopf in den Nacken und atmete tief durch. Wie schön dieser Sommer doch war! Seit Jahren war das Wetter bei uns im Norden nicht mehr so sonnig gewesen. Plötzlich bemerkte ich, dass ich nicht alleine war. Ein paar Meter von mir entfernt erkannte ich die Umrisse einer Frau: Isabel. Sie stand mit dem Rücken an einen Baum gelehnt und blickte in den Himmel. Langsam ging ich auf sie zu, bis sie den Kopf senkte und in meine Richtung blickte.
„Hallo!“, sagte ich. „Ist das nicht ein herrlicher Abend?“
„Sehr originelle Frage!“
„Warum bist du eigentlich so aggressiv, ich habe dir doch wirklich nichts getan!“
„Weil du dich nur mit Frauen triffst, um sie ins Bett zu bekommen, deshalb. Und geh bitte beiseite, du versperrst mir die Sicht auf die Sterne!“
„Ich weiß gar nicht, was du hast. Schließlich bist du auch nicht gerade die Unschuld vom Lande mit deinen schwarzen Spitzendessous.“
„Willst du etwa damit andeuten, ich hätte es damals darauf angelegt, mit dir ins Bett zu steigen?“
„Auf jeden Fall warst du nicht vollkommen abgeneigt.“
„Aha“, sagte sie. „Dann meinst du wohl auch, dass Frauen, die im Minirock über die Straße laufen, selbst Schuld haben, wenn sie vergewaltigt werden?“
„So drastisch würde ich das nicht formulieren, aber es mag da schon den einen oder anderen Fall gegeben haben.“
„Das habe ich mir gedacht, dass du so denkst, du chauvinistischer Schlappschwanz!“
„Verzickte Emanze!“
„Egomanischer Dünnbrettbohrer!“
„Neurotische Ziege!“
Sie wollte gerade wieder Luft holen, als ich meine Lippen auf ihren Mund presste und sie mit beiden Händen fest an mich zog. Schließlich sieht Mann das immer in amerikanischen Filmen: Der Held will die schöne Heldin erobern, aber die wehrt sich mit Händen und Füßen. Der Held lässt sich aber nicht abwimmeln, küsst die Dame seines Herzens, die natürlich heftig um sich schlägt, bis sie schließlich jede Gegenwehr aufgibt und dann doch noch mit einem Seufzer den Kuss des Helden erwidert. Meine Verführungskünste kamen bei Isabel jedoch nicht an. Sie stieß mich weg und wischte sich mit einer kurzen, ruckartigen Handbewegung den Mund ab, als ob sie von einem Stinktier abgeknutscht worden wäre.
„Was fällt dir ein!“ Sie richtete sich auf wie ein zorniger Kampfhahn: „Wenn du mich noch einmal anfasst, kannst du morgen im Krankenhaus frühstücken.“
Sie drehte sich um und verschwand mit wehendem Röckchen im Haus. Ich stand da wie ein begossener Pudel. Je mehr sich Isabel wehrte, desto größer wurde mein Bedürfnis, sie herumzukriegen. Natürlich wollte ich mit ihr schlafen, ich meine, das ist doch ganz natürlich, oder?
Auf jeden Fall hatte ich es wieder einmal verpatzt, und meine Stimmung sank auf den Nullpunkt. Udo trat aus der Tür und kam auf mich zugeschlendert. Er hielt ein Sektglas in der Hand: „Hier steckst du also, Alex. Ich habe dich schon die ganze Zeit gesucht!“
„Na ja, du hattest ja offensichtlich auch alle Hände voll zu tun, hahaha.“
„Wenn du auf die Sache im Klo anspielst, kann ich nur eines sagen: Da war ich einfach machtlos. Britta hat mich quasi dorthin gezerrt und mich nach allen Regeln der Kunst verführt. Das kannst du mir glauben.“
„So schlecht scheint es dir dabei aber nicht ergangen zu sein.“
„Ja, Mensch, was soll ich machen?
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