Männer sind Helden
auf den Weg zu ihr machen, als mein Konkurrent auf der Bildfläche erschien.
Doktor tauchte aus dem Nichts auf, die glühende Zigarette im Mundwinkel. Er stand mir genau gegenüber an der Tanzfläche und starrte Isabel an, die sich mittlerweile immer mehr in einen ekstatischen Tanz hineingesteigert hatte. Der Rhythmus der Musik klopfte auf mein Trommelfell, die Hitze trieb mir den kalten Schweiß auf die Stirn. Doktor nahm einen Zug von seiner Zigarette, dann warf er sie weg. Ich sah einen glühenden Streifen, der auf dem Boden erlosch. Er ging auf die Tanzfläche und steuerte auf Isabel zu. Ein paar Meter vor ihr stoppte er ab und begann ebenfalls zu tanzen. Er sah sie nicht an, er bewegte sich nur mit geschlossenen Augen zur Musik.
Die Musik steigerte sich, oder kam mir das nur so vor?
Doktor bewegte sich immer mehr auf Isabel zu, bis er nur wenige Zentimeter von ihr entfernt war. Dann, als die Musik fast ihren Höhepunkt erreicht hatte, legte er seinen Arm um ihre Hüfte und zog sie ganz fest an sich heran. Isabel ließ es mit sich geschehen, sie bewegte nur ihre Hüften etwas stärker. Mir stellten sich die Nackenhaare auf, aber was sollte ich tun? Sie abklatschen?
So beschränkte ich mich auf meine Rolle als Zuschauer. Doktor ging immer mehr auf Tuchfühlung. Er legte seine Hände auf Isabels Arsch und drückte seinen Unterleib gegen ihren. Langsam ließ er seine Hände immer tiefer gleiten. Ein Gefühl von Übelkeit stieg in mir auf. Das musste ich mir wirklich nicht antun!
Ich suchte die Toilette, irgendwo musste das stille Örtchen ja sein. Am besten gehe ich dem Geruch nach, dachte ich mir, so dreckig wie das hier ist. Als ich die Tür zum Klo aufmachte, wehte mir auch tatsächlich ein unangenehmer Geruch nach Urin und alten Abflussrohren entgegen. Ich stieß mit einem Typen zusammen, der gerade herauskam. Jedenfalls sah er auf den ersten Blick aus wie ein Mann. „Tschuldigung“, murmelte ich. Der Mann schaute mich mit fragenden Augen an, erwiderte aber nichts. Auf den zweiten Blick wirkte dieser Mann wie eine Frau, und als ich ihn mir näher betrachtete, wusste ich auch warum: Unter seinem dünnen T-Shirt zeichneten sich zwei Brüste ab. War das nun ein Transvestit, heute einmal ohne Frauenkleider, oder ein Transsexueller? Die Klodeckelbrille war jedenfalls hochgeklappt, das heißt, er hatte wohl im Stehen gepinkelt. Merkwürdige Leute waren auf dieser Party, wirklich merkwürdig.
Als ich zurückkam, waren Isabel und Doktor von der Tanzfläche verschwunden. Wahrscheinlich knutschten sie sich bereits in einer dunklen Ecke ab. Eifersucht stieg in mir hoch. Am liebsten hätte ich meinen Konkurrenten zum Duell gefordert. In meiner Phantasie sah ich uns beide im Morgengrauen auf einer Wiese, bewaffnet mit zwei altertümlichen Revolvern. „Kannste mir mal sagen, wie spät es ist?“
Vor mir stand ein ungefähr siebzehn Jahre altes Mädchen mit lila Haaren, grünem Minikleid und kanariengelben Strümpfen. Sie sah aus wie Pumuckl höchstpersönlich.
Ich blickte auf meine Armbanduhr: „Schon Mitternacht, Kleine, musst du nicht schon längst zu Hause sein?“
„Das lass mal meine Sorge sein, Alter. Was tust du eigentlich hier, suchst du deine verloren gegangene Tochter?“
„Eins zu eins, nun sind wir pari“, sagte ich.
„Wie heißt du denn?“
„Sissi, wie die österreichische Kaiserin, meine Mutter liebt diese Schnulze, du weißt schon, diese Verfilmung mit Romy Schneider. Ich erzähle dir das lieber gleich, weil du mich bestimmt gefragt hättest, wie ich zu so einem Namen komme.“
„Stimmt“, sagte ich lachend. „Ich heiße übrigens Alexander.“
Sie grinste: „Aha, Alexander“, erwiderte sie. „Alexander und Sissi, wenn das nicht doch noch ein netter Abend werden könnte.“
„Wieso war der Abend bis jetzt nicht so nett?“
„Nein“, erwiderte sie. Dann hielt sie ihre Hand vor den Mund, beugte sich zu mir hinüber und sagte: „Ich bin nämlich unglücklich verliebt.“ Sissi erzählte mir, dass sie in den absolut coolsten Typen ihrer Clique verliebt sei. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie toll der ist. Er sieht so toll aus, einfach wahnsinnig, wie Brad Pitt, den kennst du doch, oder?“ Ich nickte zustimmend.
„Aber nicht nur, dass er so unheimlich gut aussieht und so cool ist, er ist auch total kreativ. Was der alles aus Müll machen kann.“
Mir schwante was: „Und um das Glück perfekt zu machen, heißt der Junge auch noch Doktor.“
Sissi stutzte: „Woher
Weitere Kostenlose Bücher