Männer sind Helden
weißt du das denn?“
„Ich kenne seine Freundin Isabel.“
„Was, du kennst diese doofe Ziege?“
„Wieso ist sie denn eine doofe Ziege?“
„Na, weil sie mir ihn weggenommen hat, die macht jeden an, und alle fahren auf sie ab, weil sie so einen tollen Body hat.“
„Na ja, du bist doch auch ganz hübsch gebaut“, sagte ich, um sie ein wenig zu trösten.
„Wirklich?“ Sissi strahlte über das ganze Gesicht und rückte ein paar Zentimeter näher. „Aber gegen diese Isabel komme ich einfach nicht an, weißt du. Wenn die einen Raum betritt, dann zieht sie alle Blicke auf sich, und die Männer hängen sich wie die Fliegen an sie ran. Da habe ich keine Chance. Alle Männer wollen eben Frauen mit langen Beinen und großem Busen, und da habe ich eben nicht gerade sehr viel zu bieten.“ Sie seufzte und betrachtete zerknirscht ihre kleinen Knospen und kurzen Beine.
„Aber Sissi, darauf kommt es doch gar nicht an. Viel wichtiger ist es, dass eine Frau Charme hat, intelligent ist und, na ja, dass man mit ihr lachen kann.“ Ich log, dass sich die Balken bogen, aber ich hatte mit der Kleinen Mitleid und wollte sie ein wenig aufmuntern. Schließlich konnte ich ihren Liebeskummer und ihre Eifersuchtsgefühle sehr gut verstehen. Ich fühlte mich auch nicht viel besser.
„Willste tanzen?“ Ehe ich antworten konnte, hatte mich Sissi schon auf die Tanzfläche gezerrt. Aus den Lautsprechen dröhnte Techno-Musik, und das Schwarzlicht ging wieder an. Ich hatte seit Ewigkeiten nicht mehr das Tanzbein geschwungen. Ich versuchte, meine Glieder zum Takt der Musik zu bewegen und sah dabei bestimmt aus wie ein Roboter. Sissi hopste vor mir auf und ab und ruderte wie wild mit den Armen - für sie war offensichtlich dieser Techno-Sound das Größte. Nach zwei, drei Liedern – für mich hörte sich ein Stück an wie das andere – schlug ich vor, in die Küche zu gehen, um etwas zu trinken. Dort diskutierten zwei Typen und eine Frau darüber, wie man am besten den Staat abzocken kann.
„Also, ich kann diese Deppen nicht verstehen, die malochen gehen“, sagte gerade ein dunkelhaariger Lulatsch. „Ich kriege meine Knete vom Amt überwiesen, und dann arbeite ich nebenbei auf dem Bau, natürlich schwarz, da verdiene ich insgesamt mehr als die Bekloppten, die den ganzen Tag schuften.“ Der andere Typ, dem die Dummheit ins Gesicht geschrieben war, und eine Spätemanze mit ausgetretenen Entenlatschen nickten beifällig. „Ich schaffe das gar nicht nicht, nebenbei zu arbeiten“, sagte die Tussi. „Ich habe ja jetzt die Laura zu versorgen, also da bin ich als Alleinerziehende doch ganz schön beschäftigt. Aber mit Hartz-IV komme ich auch ganz gut über die Runden. Zum Glück zahlt das Wohnungsamt meine Miete.“
„Und was kostet deine Wohnung?“, fragte ich.
„Achthundert Euro“, erwiderte sie und sah mich ganz stolz an.
„Und da wohnst du wohl allein?“
„Nee du, der Günther, also Lauras Vater, wohnt da natürlich auch noch. Aber den habe ich beim Amt nicht angegeben. Nachdem Laura geboren war, bin ich zum Amt hin und habe gesagt, dass mich der Vater meines Kindes verlassen hat, und dass ich nun meine Wohnung nicht mehr bezahlen kann. Die Tante vom Wohnungsamt war auch ganz verständnisvoll, und alles hat reibungslos geklappt. Ich muss mich natürlich ab und zu bemühen, eine neue Wohnung zu finden, aber es gibt ja keine billigen.“ Sie seufzte, offensichtlich glaubte sie fest an den Müll, den sie erzählte.
„Und wer, glaubst du, zahlt das alles eigentlich?“
„Na der Staat, wer sonst?“
„Und wer ist der Staat?“
„Was meinst du mit dieser Frage?“ Die Arme war jetzt doch ein wenig irritiert, wahrscheinlich hatte sie in der Schule nicht aufgepasst und die Prinzipien unserer Gesellschaft einfach nicht mitbekommen.
„Der Staat, das sind wir alle“, erklärte ich ihr. „Unser Gemeinwesen wird durch die Steuern finanziert, die die arbeitende Bevölkerung jeden Monat an das Finanzamt zahlt. Wusstest du das gar nicht?“
Sie blickte mich mit großen Augen an: „Natürlich weiß ich das“, sagte sie schnippisch. „Aber das eine hat ja wohl nichts mit dem anderen zu tun.“ Sie war wirklich blöd wie ein Stück Toast. „Natürlich hat das eine mit dem anderen zu tun. Ich sage es einmal ganz einfach, damit auch du das verstehst: Von meinen Steuergeldern wird deine Wohnung bezahlt.“
Sie lief knallrot an, wusste aber nichts zu entgegnen. Nun meldete sich aber der lange Lulatsch zu Wort: „Sag
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