Männer sind Helden
der Besserung.“
„Das kann gar nicht sein, mir ist unheimlich heiß!“
„Vielleicht hast du ja eine Krankheit, die der Wissenschaft bis heute verborgen geblieben ist“, sagte sie und es klang, als ob sie es ernst meinte.
„O Gott“, stöhnte ich, „meinst du wirklich? Unter Umständen etwas Unheilbares?“
Isabel antwortete nicht, aber ich merkte, dass sie sich bemühte, nicht laut loszuprusten. Dann sagte sie: „Nimm ein Aspirin und versuche zu schlafen. Schon meine Mutter hat gesagt: Schlafen ist die beste Medizin.“
Zwei Tage später ging es mir wieder gut, und ich konnte ins Büro gehen. Leider hatte sich Isabel bei mir angesteckt und musste im Bett liegen bleiben. Allerdings war ihre Erkältung lange nicht so schlimm wie meine gewesen war, sie hatte nur Husten, und ihre Stimmbänder waren geschwollen, so dass sie kaum reden konnte. „Du siehst schon viel besser aus als gestern“, sagte ich zu ihr, bevor ich zur Arbeit ging. „Du wirst sehen, in zwei Tagen ist alles vorbei. Bei mir hat es ja auch nur drei Tage mit der Erkältung gedauert, und ich hatte immerhin fast eine Lungenentzündung.“
Sie keuchte: „Ja, ja Schatz, deine Erkältung kann man mit meiner wirklich nicht vergleichen. Die war natürlich viel schlimmer!“ Das letzte Wort brachte sie nur mühsam heraus, dann bekam sie einen heftigen Hustenanfall. Ich klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter, wünschte ihr bis zum Abend gute Besserung und versprach, ihr auf dem Nachhauseweg einen Döner mitzubringen. Leider hatte ich an diesem Tag einen Termin nach dem anderen, und ich verließ das Büro erst um zehn Uhr. Als ich schon fast zu Hause war, erinnerte ich mich daran, dass ich versprochen hatte, Isabel etwas zu essen mitzubringen. Ich fuhr runter zum Döner-Imbiss beim Hauptbahnhof, aber der hatte bereits geschlossen. Ich kam also mit leeren Händen in meine Wohnung. Als ich nach Isabel rief, antwortete sie nicht. Ich ging ins Schlafzimmer und sah sie dort im schwachen gelben Schein der Nachttischlampe liegen. Vorsichtig, auf Zehenspitzen, schlich ich an das Bett, um sie nicht zu wecken. Ich muss zugeben, sie sah wirklich erbärmlich aus: Sie atmete ganz schwer, es klang mehr wie ein ständiges Keuchen, und sie hatte geschwollene Augen. Ihre Wangen waren gerötet, mit kleinen, unregelmäßigen weißen Flecken, und als ich meine Hand auf ihre Stirn legte, merkte ich, dass sie fast glühte. Auf ihrem Nachttisch lagen mindestens zwanzig zusammengeknüllte Taschentücher, mehrere Packungen mit Tabletten und eine Flasche mit Hustensaft. Daneben lag eine angebrochene Packung mit Butterkeksen, die sie sich wohl aus der Küche geholt haben musste, und daneben stand eine halbleere Flasche Mineralwasser. Ganz plötzlich bekam ich ein schlechtes Gewissen, vor allem deshalb, weil ich in diesem Augenblick daran dachte, wie aufopferungsvoll sie mich während meiner Krankheit gepflegt hatte. Ich nahm die Packung mit Keksen sowie die Flasche und schlich leise aus dem Zimmer. Ich ging in die Küche, machte das Licht an und öffnete den Kühlschrank. Außer einer Flasche Essig, einer Tomate und einer kleinen Kanne Dosenmilch befand sich dort nichts Essbares. Noch einmal zuckte das schlechte Gewissen in mir, hatte ich doch meine kranke Freundin über zwölf Stunden bei Wasser und Keksen alleine gelassen. Im Stillen gelobte ich Besserung und besiegelte das Ganze mit einem kräftigen Schluck Cognac aus der Flasche, die ich im hintersten Winkel eines Regals aufgestöbert hatte.
Am nächsten Morgen stand ich leise auf, um Isabel nicht zu wecken, ging zum Bäcker um die Ecke und holte Brötchen. Beim Supermarkt kaufte ich Orangen, Pampelmusen, Käse, Wurst, Butter und Milch und vergaß auch nicht, eine Packung Kräuterbonbons in den Einkaufswagen zu legen. Zuhause brühte ich den Kaffee frisch auf, beschmierte die Brötchen mit frischer Butter und legte vier Hälften dekorativ nebeneinander auf den Teller. Dann presste ich zwei Orangen und eine Pampelmuse aus und schüttete den Saft in ein hohes Glas. Der Kaffee war mittlerweile fertig. Ich füllte ihn in eine große Keramiktasse und gab etwas Milch dazu – so wie Isabel es am liebsten hat. Dann stellte ich den Teller mit den Brötchen, den Becher mit Kaffee und das Glas mit Saft auf ein Tablett und brachte das Frühstück zu Isabel.
Sie war schon wach, als ich hereinkam, und hatte sich im Bett aufgerichtet. Sie sah noch immer ganz schön krank aus, aber die fiebrigen weißen Flecke waren von ihren
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