Männer sind Helden
Wangen verschwunden, und als sie mich mit meinem Tablett die Tür hineinkommen sah, lächelte sie. Dabei schob sie allerdings etwas schmollend die Unterlippe nach vorne und sagte: „Du hast mich gestern ja ganz schön hängen lassen.“
Ihre Stimme klang wieder normal, sie war nur ein wenig belegt.
„Ja, Liebling, ich weiß“, erwiderte ich und platzierte das Tablett auf ihren Knien. „Es tut mir auch unheimlich leid. Als ich dich gestern hier liegen sah, hatte ich ein ganz schlechtes Gewissen. Ich hoffe, du freust dich über das Frühstück, ja?“
Sie biss in eine Brötchenhälfte und sagte kauend: „Ja, das ist sehr lieb von dir, vielen Dank!“
14. Kapitel
Heinzi, Rudi, Alfred und ich freuten uns auf einen netten DVD-Abend. Auf dem Couchtisch standen die obligatorischen Schälchen mit Salzgebäck, und die Flaschen mit gekühltem Bier lagen griffbereit in einer Wanne mit Eiswasser unter dem Tisch.
Plötzlich klingelte es an der Haustür.
„Wer kann das denn nun sein?“, fragte Alfred.
Heinzi und ich zuckten mit den Achseln, während Rudi aufstand, um sich noch ein Bier zu holen.
„Das kann nur eine Frau sein“, sagte ich und ging zur Tür und öffnete sie. Vor mir stand Susi!
Einen Moment lang war ich sprachlos.
„Hallo“, sagte sie und lächelte mich freundlich an.
Einerseits war mir die Situation unangenehm, andererseits fühlte ich mich geschmeichelt. Wahrscheinlich konnte sie mich einfach nicht vergessen und wollte nun versuchen, mich zurück zu gewinnen, dachte ich. Ihre äußere Erscheinung deutete jedenfalls auf eine solche Absicht hin. Sie trug ein eng anliegendes dunkelblaues Kostüm, matt glänzende Strümpfe und hohe blaue Wildlederpumps. Trotz der Hitze hatte sie sich ein cremefarbenes Cape um die Schulter gelegt. Ihr schulterlanges blondes Haar war zu großen Locken aufgedreht, die ihr hübsches Gesicht umrahmten. Sie sah aus wie ein Engel.
Meine Exfreundin hielt mir ihre Hand entgegen, sagte „Hallo“ und küsste mich kurz und unverbindlich auf die Wange. Ich überlegte mir gerade, wie ich der Situation Herr werden sollte, als etwas für mich völlig Unerwartetes geschah.
Susi ging auf Rudi zu, der wieder in seinem Sessel Platz genommen hatte, beugte sich zu ihm hinunter, küsste ihn auf den Mund und sagte: „Hallo, Liebling“. Dann setzte sie sich zu ihm auf die Sessellehne, begrüßte die anderen und legte den Arm um Rudis Schultern. Keiner sagte etwas. Alfred, Heinzi und vor allem ich blickten nur völlig entgeistert auf das glückliche Liebespaar. Rudi hatte derweil seine Hand auf Susis Knie gelegt und streichelte es ungeniert. Rudi und Susi! Rudi und Susi! Ich konnte es einfach nicht fassen. Einer meiner besten Freunde schnappt sich meine Exgeliebte und verabredet sich noch dazu in meinem Wohnzimmer! Kalte Wut stieg in mir hoch. Sollte ich ihn hier vor den anderen zur Rede stellen? Oder beiseite nehmen und ihn fragen, was das soll? Oder sollte ich ihm einfach ein paar aufs Maul hauen?
„Will mir denn gar keiner was zu trinken anbieten?“ Susi wusste anscheinend überhaupt nicht, was sie mit ihrem Auftritt bewirkt hatte. Aber das wunderte mich nicht, schließlich hatte sie das Gemüt eines Backsteins.
Ich entschied mich, ironisch zu sein.
„Aber gerne doch, meine Liebe. Darf es vielleicht ein Glas Sekt sein? Oder vielleicht doch lieber ein Likörchen?“
„Nein, ein Glas Sekt wäre perfekt“, sagte sie und schlug ihre langen schlanken Beine übereinander. Plötzlich drehte sich Rudi zu uns um, nahm die Fernbedienung vom Tisch und stellte den Ton aus. Einen Moment war es ganz still in meinem Zimmer.
Dann räusperte sich Rudi, blickte lächelnd in die Runde, nahm Susis Hand und sagte: „Übrigens, falls ihr es noch nicht wisst: Susi und ich werden demnächst heiraten! Ihr seid jetzt schon alle herzlich eingeladen!“ Ehe wir uns von diesem Schock erholen konnten, hatte Rudi weitere Neuigkeiten:
„Außerdem sollt ihr noch etwas wissen. Ich habe es noch gar keinem erzählt, nicht einmal meiner Mutter.“ Das soll wirklich etwas bedeuten, dachte ich. Rudi richtete sich auf, legte seine Hand wieder auf Susis Knie und pumpte seinen Oberkörper auf – wie ein Hahn vor dem ersten Schrei. Dann holte er tief Luft: „Susi ist nämlich schwanger! Ja, ob ihr es glaubt oder nicht, wir werden Eltern!“ Das war nun wirklich zuviel für mich. Mehr als ein trockenes Schlucken bekam ich nicht heraus. „Ich gehe mal Sekt holen“, stammelte ich schließlich, aber
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