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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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sich zu mir hinunter und sagte: „Das hätte ich wirklich nicht von ihnen gedacht, Herr Grühnspahn!“ Ihre Stimme hatte einen weinerlichen Klang, und ihre Hand, die sie auf die Tischkante gelegt hatte, zitterte leicht. „Ein junges Mädchen so zu beschimpfen!“ Sie stellte sich wieder gerade hin, rückte die Brille auf ihrer leicht gebogenen Nase zurecht, zog ein blütenweißes Taschentuch hervor und tupfte sich damit die Schweißperlen von der Stirn. „Sie müssen sich entschuldigen, Herr Grühnspahn!“, sagte sie und steckte das Taschentuch in die Manschette ihrer weiß-rosa-gestreiften Stehkragenbluse.
    „Ich muss überhaupt nichts, Frau Rohrbein. Und jetzt schließen Sie bitte die Tür von außen zu, ich will nämlich auch einmal arbeiten!“
    Frau Rohrbein sagte schnippisch „phh“ und rauschte davon.
    Endlich war wieder Ruhe. Ich spürte auf einmal, wie ich Kopfschmerzen bekam. Das auch noch, dachte ich und zog die unterste Schublade meines Schreibtisches hervor, denn dort bewahrte ich immer eine Packung mit Aspirin und ein Päckchen Kondome auf. Ich fand die Schachtel mit den Schmerztabletten, riss sie hektisch auf, denn mein Kopf dröhnte jede Sekunde mehr, aber ich fand nur noch zwei leere Aluminiumhülsen. „Mist“, stöhnte ich und warf die Packung wütend zurück in die Schublade. Da kein weiterer Termin im Kalender stand, und ich heute nicht hoffen konnte, dass mir Frau Rohrbein eine neue Schachtel besorgen würde, machte ich mich auf den Weg zur nächsten Apotheke.
    Es war mittlerweile zwölf Uhr und unerträglich heiß. Ich überquerte die Straße und ging an der Baustelle vorbei, über der die Luft flimmerte wie in der Wüste. Die heiße, trockene Luft nahm mir den Atem, und der Schweiß rann mir am Körper hinunter. Endlich kam ich bei der Apotheke an, kaufte eine Schachtel Aspirin und war nach zwei Minuten wieder draußen. Ich überquerte die Hauptstraße und ging an einer Eisdiele vorbei. Ich dachte an Frau Freudenthal und Frau Rohrbein und beschloss, für uns alle ein Eis zu kaufen. Schließlich will man kein Unmensch sein. Ich bestellte drei Becher mit je fünf Kugeln, Sahne und Früchten, bezahlte und ging mit schnellen Schritten zurück zum Büro. Die beiden Frauen saßen stumm vor ihren Computern und blickten noch nicht einmal auf, als ich zur Tür hineinkam.
    „Ich habe uns ein Eis mitgebracht“, sagte ich und stellte das Paket bei Frau Rohrbein auf den Tisch. Sie schaute zu mir hoch und kniff beide Augen zusammen. So leicht wollte sie mir nicht verzeihen.
    „Nun seien Sie mal nicht so, Frau Rohrbein. Ich habe das vorhin nicht so gemeint.“ Dabei blickte ich auch Frau Freudenthal an, deren Augen vom Weinen immer noch leicht gerötet waren. Ich packte das Eis aus und stellte die Becher den beiden Frauen auf den Tisch. Als ich hinausging, hörte ich, wie Frau Rohrbein zu ihre Kollegin sagte: „Er ist doch gar nicht so übel. Hinter seiner rauen Fassade steckt eben ein weicher Kern.“

16. Kapitel
     

     
    Mein Ärger über Rudi war noch nicht verflogen, als er mich nach unserem DVD-Abend anrief. Er wollte sich unbedingt mit mir in der „Wunderbar“ treffen, weil er das Gefühl hätte, dass ich sauer auf ihn sei.
    Als ich die „Wunderbar“ betrat, war Rudi noch nicht da, obwohl es schon fünf Minuten nach der vereinbarten Zeit war. Ich setzte mich auf einen leeren Hocker vor den Tresen, bestellte bei der attraktiven, dunkelhaarigen Bedienung ein Bier und zündete mir eine Zigarette an. In der „Wunderbar“ war es noch ziemlich leer, denn die meisten kamen erst gegen zehn. Neben mir saßen zwei Männer in Businessklamotten, die anscheinend in Geschäftsgespräche vertieft waren, denn der eine von ihnen, ein großer, hagerer Typ mit riesiger Nase und stahlblauen Augen, notierte sich hin und wieder etwas in sein Notizbuch. Außerdem schaute er immer wieder hektisch auf sein Handy, das neben ihm auf dem Tresen lag. Am rechten Ende des Tresens saß Jonas, Schauspieler am hiesigen Theater und stadtbekannter Trinker. Die nette Bedienung stellte mein Bier auf den Tresen, als Rudi zur Tür hereinkam. Er sah irgendwie verändert aus, modischer gekleidet und selbstsicherer. Oder bildete ich mir das ein? Jedenfalls trug er einen lässigen Trenchcoat, darunter einen nagelneuen Anzug in Dunkelblau, ein elegantes hellblaues Hemd und eine rotblaugestreifte Krawatte.
    „Wer hat dich denn neu eingekleidet?“, fragte ich, als sich Rudi neben mich auf einen Hocker gesetzt hatte.
    „Ach,

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