Männer sind Helden
weißt du, ich war am Wochenende mit Susi in Hamburg einkaufen. Sie brauchte unbedingt ein paar neue Klamotten, du kennst doch die Frauen.“ Er knuffte mir freundschaftlich in die Seite und zwinkerte mir zu. Dann fuhr er fort: „Na, und bei der Gelegenheit hat Susi mir ein wenig geholfen, meine Garderobe aufzumöbeln.“
Natürlich interessierte es mich brennend, ob der alte Geizkragen die neuen Klamotten für Susi bezahlt hatte, aber ich traute mich nicht, ihn danach zu fragen. Rudi bestellte sich ebenfalls ein Bier, und als es kam, saßen wir einen Moment schweigend nebeneinander. Die Tür ging auf, und ein junger, sympathisch aussehender Mann, der zwei etwas ältere blonde Damen in eleganten Kostümen im Schlepptau hatte, betrat die Szene. Er steuerte zielstrebig einen kleinen Tisch an, der schräg gegenüber von Rudi und mir stand. Er schob den Damen den Stuhl hin, bevor er sich selber hinsetzte und nach der Kellnerin rief. Während er seine Bestellung aufgab, tuschelten die beiden Damen hinter vorgehaltener Hand. Die beiden Geschäftsleute neben uns waren immer noch in wichtige Gespräche vertieft.
Rudi nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen. „Sag mal, Alex, bist du eigentlich sauer auf mich? Ich meine, weil ich jetzt mit Susi ...“
„Nein, wieso denn?“ erwiderte ich. „Ich freue mich für dich, dass du endlich die Frau fürs Leben gefunden hast.“ Für einen Moment dachte ich an das ganze Geld, das ich für Susi ausgegeben hatte. Allein die Unterwäsche hatte mich ein Vermögen gekostet. Eigentlich müsste ich einen Abstand verlangen.
„Dann ist ja alles klar“, sagte Rudi erleichtert, „ich wäre nämlich sehr traurig, wenn unsere Freundschaft unter dieser Sache zu leiden hätte.“
„Da mach dir mal keine Gedanken, Alter“, sagte ich und klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. „Natürlich war es komisch, als ich euch beide das erste Mal so zusammen sah. Damit hatte ich nicht gerechnet, dass Susi ausgerechnet mit dir.“
„Was willst du denn damit sagen?“ Rudi richtete sich auf, um größer zu erscheinen, und blickte mich forschend an.
„Ach, nichts“, sagte ich und bestellte für uns beide noch ein Bier.
„Wie lange geht das denn schon mit euch?“
Rudi dachte einen Moment nach und legte dabei seine Stirn in Falten. „Lass mich überlegen. Das muss so gegen Ende April gewesen sein, kurz nachdem du Susi verlassen hast.“
„Waaas, schon so lange!“, schrie ich so laut, dass die beiden Geschäftsleute neben uns ihr Gespräch unterbrachen und zu uns hinüberschielten.
„Nicht so laut, Alex, was sollen denn die Leute denken?“
Ich konnte es nicht fassen. Rudi hatte sich wie ein Geier auf meine Exfreundin gestürzt, wir hatten uns sozusagen die Klinke in die Hand gegeben. Da unser zweites Bier und Rudis Essen kam, war unser Gespräch für einen Moment unterbrochen. Rudi stürzte sich derweil mit großem Appetit auf eine riesige Portion Bratkartoffeln mit Sauerfleisch. Er liebte diese Art von Hausmannskost über alles.
„Ich bin unheimlich in Susi verliebt“, sagte Rudi schließlich. „Ich war noch nie mit so einer schönen Frau zusammen. Du hättest uns sehen müssen, als wir in Hamburg einkaufen waren. Alle Männer haben sich neidisch nach uns umgeguckt. Es war einfach phantastisch!“
Ich erkannte meinen Freund Rudi überhaupt nicht wieder. Worte wie „phantastisch“ benutzte er normalerweise nur, wenn eine Bilanz aufging. „Ich will in großem Stil heiraten, das bin ich einer Frau wie Susi einfach schuldig.“ Und dann begann er, mir den ganzen Schmus von den Hochzeitsvorbereitungen zu erzählen, von der Feier auf dem Gutshof seines Freundes, der Kutsche mit den vier weißen Pferden und dem „phantastischen“ Brautkleid.
Danach hielt er einen Moment inne, holte tief Luft und sah mich bedeutungsschwanger an. Er sagte: „Außerdem möchte ich dich um etwas bitten“, als ein Handy mit einem lauten „piep, piep, piep“ dazwischenfunkte. Rudi unterbrach seinen Satz irritiert und blickte, genau wie ich, in Richtung der beiden Geschäftsleute. Auf einmal war es ganz still in der Bar, nur in der hintersten Ecke kicherte ein Liebespärchen. Der hagere Businesstyp griff zu dem Handy, und alle Anwesenden in seiner Reichweite stellten ihre Ohren auf Empfang. Wer war wohl am anderen Ende der Leitung?
„Ach, du bist es Mutter“, sagte der Businessmann leise und drehte seinen Rücken zu
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