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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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Händen hielt, und deutete auf eine Abbildung. „Hier, siehst du, das Sofa können wir auch mit einem andersfarbigen Stoff beziehen lassen. Wie wäre es mit zitronengelb?“ Das „Goldstück“ war entsetzt: „Du weißt doch genau, dass ich Hautausschlag bekomme, wenn ich mit dieser Farbe in Berührung komme!“ Nun liefen tatsächlich einige Krokodilstränen seine rosige Wange hinunter, und er setzte sich in die Ecke eines himmelblauen Sofas, um die beleidigte Leberwurst zu spielen.
    Eine halbe Stunde später saßen Isabel und ich im Restaurant und verspeisten ein zweites Frühstück, schwedische Lachsbrötchen mit Meerrettich und dampfendem, frischem Kaffee. Ich erzählte ihr von meinen Beobachtungen, und sie lachte herzlich, obwohl sie es „echt fies“ fand, dass ich mich über zwei Schwule lustig machte.
    „Was machen wir nun?“, fragte Isabel, als wir beide im Auto saßen. Ich schlug vor, zu einem nahe gelegenem Restaurant zu fahren. Dort angekommen setzten uns auf die Terrasse und erhielten von einem Kellner in einem schneeweißen Jackett die Speisekarte. Die Terrasse lag gut geschützt an der Rückseite des Hauses, und war durch hohe Buchsbaumhecken umsäumt. Zehn Tische standen um uns herum, aber nur einer war besetzt. Dort saß ein junges Paar, das sich anschwieg. Die Mittagssonne stand mittlerweile ganz hoch am blauen Himmel, nur hier und da war ein Schönwetterwölkchen zu sehen. Ich ließ meinen Blick über den Garten schweifen, in dem Sommerblumen in Gelb, Rot, Orange und Blau wuchsen und knorrige Apfel- und Birnbäume standen, deren Äste sich im lauen Wind sanft wiegten.
    Isabel hatte ihre Speisekarte zugeschlagen und rauchte eine Zigarette. Die friedliche Atmosphäre schien ihr Gemüt zu beruhigen. Der Kellner kam, und wir gaben unsere Bestellung auf. Isabel hatte sich für die Seezunge in Weißweinsoße entschieden, ich nahm den Lammrücken mit Kartoffelgratin. Vorweg bestellten wir beide eine Büsumer Krabbensuppe und wählten eine Flasche französischen Chardonnay. Nach dem Hauptgang machten wir eine kleine Pause und rauchten eine Zigarette. Als Nachtisch bestellten wir uns frische Erdbeeren mit Vanilleeis und Schlagsahne, dazu tranken wir einen Espresso. Als wir fertig waren, meinte Isabel, dass sie sich nach diesem opulenten Mahl ein bisschen bewegen müsse. Wir gingen runter zum See, der nur knapp einen Kilometer vom Restaurant entfernt war. Wir spazierten auf einem kleinen Trampelpfad, der sich direkt am See entlang schlängelte. Die Wasseroberfläche sah aus wie glänzendes Cellophan. Einige schläfrige Enten saßen am Ufer, die Köpfe unter den Federn versteckt. Kein Laut war zu hören, nur das leise Rascheln des Laubes im Wind.
    Eine Weile gingen Isabel und ich schweigend nebeneinander her, bis wir einen kleinen Steg fanden. Ich breitete mein Jackett auf dem morschen Holz aus. Wir legten uns darauf, die Gesichter in die Sonne gerichtet. Nach zehn Minuten waren wir eingeschlafen. Ich wachte auf, weil meine Nase wie Feuer brannte. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und entdeckte Isabel, die ihren Kopf unter meinen Achselhöhlen vergraben hatte.
    „Isabel, wach auf!“, schrie ich, während ich sie sanft an den Schultern rüttelte.
    Sie kräuselte ihre Nase, dann öffnete sie ihre Augen: „Was ist denn, Alex?“
    „Ist etwas mit meinem Gesicht los?“
    Sie richtete sich halb auf und blickte mich an: „Oje, du siehst ja furchtbar aus wie eine Bratkartoffel.“
    „So fühle ich mich auch“, erwiderte ich und betastete vorsichtig meine Nase. Ich schaute auf meine Uhr, sie zeigte viertel nach sechs. Wir mussten über zwei Stunden in der Sonne gelegen haben. Isabel hatte nichts abbekommen, da sie die ganze Zeit in meinem Arm gelegen hatte. Sie fand in ihrer Handtasche eine Tube Kamillencreme und einen alten Nimm-2-Bonbon. Sie wickelte den Bonbon aus und steckte ihn mir in den Mund, während sie vorsichtig meine Nase mit der Creme betupfte. „Aua!“, schrie ich.
    „Nun stell dich nicht wie ein kleines Kind an, Alex. Du kennst doch bestimmt den alten Spruch: Ein Indianer kennt keinen Schmerz? Also halte dich bitte daran.“
    Als sie fertig war, steckte sie die Tube zurück in ihre Handtasche.
    „Meinst du, dass du gehen kannst?“, fragte sie und bemühte sich, ein Grinsen zu unterdrücken.
    „Verarschen kann ich mich auch alleine“, erwiderte ich, stand auf und merkte, wie mir schwarz vor den Augen wurde. Ich ließ mir aber nichts anmerken. Wir gingen langsam zurück zum Restaurant.

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