Männer sind Helden
Isabel, während sie mit der rechten Hand ihren Sicherheitsgurt überprüfte.
„Typisch Mercedesfahrer!“, raunte ich, „die denken, dass sie die Überholspur für sich gepachtet haben.“ Der Schiebermützentyp ließ nicht locker. Er blieb an meiner Stoßstange kleben, blendete auf und blinkte immer im Wechsel. Schließlich gab ich mich geschlagen und fuhr rüber auf die rechte Fahrbahn. Als der Wagen an uns vorbeisauste, sah ich, wie die blonde Frau wild gestikulierend auf ihren Mann einredete. Der reagierte aber überhaupt nicht, sondern blickte nur stur geradeaus. Den Rest der Fahrt weigerte sich Isabel, mit mir zu reden.
„Bist du sauer, weil ich den Mercedesfahrer vorbeigelassen habe?“, fragte ich sie. Statt einer Antwort verdrehte sie nur die Augen. Bei Ikea war die Hölle los. Ganz Norddeutschland schien unterwegs zu sein, um sich mit bunten Sofas, Kieferregalen und Korbstühlen einzudecken. Ich bog auf den Parkplatz ein und sah mich nach einer Lücke um. Soweit ich sehen konnte, waren alle Plätze besetzt. Ich fuhr langsam in eine Querstraße und sah plötzlich zu meiner Linken einen freien Parkplatz. Ich setzte den Blinker, als ich bemerkte, dass ein Kombi-Fahrer, der mir entgegenkam, ebenfalls dort hinein wollte. Ich war aber schneller: Blitzschnell zog ich vor der Nase des Kombi-Fahrers in die Parklücke. Im Rückspiegel beobachtete ich noch, wie er mir seine erhobene Faust entgegenhielt.
„Pech gehabt“, sagte ich und zog die Bremse an. „Wer zuerst drin ist, mahlt zuerst.“ Isabel seufzte, öffnete die Tür und stieg aus dem Auto. Während wir in Richtung Eingang marschierten, erklärte ich ihr die neue Rechtsprechung zum Thema Parkplatzsuche: „Früher gaben die Richter dem Autofahrer recht, der als erster einen Parkplatz gesehen hatte. Das heißt, der hatten auch das Anrecht, dort hinein zu fahren, verstehst du?“
„Ja, Ja, Alex, erzähle nur weiter, ich kann dir gerade mal so folgen.“
„Heute entscheiden die Gerichte ganz anders. Derjenige, der zuerst in der Parklücke drin ist, darf dort auch bleiben. Egal, ob ein anderer Autofahrer den Parkplatz zuerst gesehen hat.“
„Ach, was!“
„Ja, das ist doch toll, nicht? Endlich können sich die Ehefrauen nicht mehr einfach auf den Parkplatz stellen, um den für ihren Gatten im Auto zu besetzen.“
„Aha!“
Mittlerweile waren wir vor der Eingangstür angekommen. Wir ergatterten am Informationsstand einen Katalog und stiegen die Treppe zu den Ausstellungsräumen hoch. Dort herrschte ein Gedränge wie beim Schlussverkauf. Eine riesige Karawane schlängelte sich durch die Gänge, und auf den Ausstellungsflächen drängelten sich die Menschen in Trauben um die Regale, Tische und Betten. Man musste Schlange stehen, um das Bett „Ønsbrø“ auszuprobieren. Uns blieb nichts anders übrig, als uns dem Strom anzuschließen. Wir erreichten die Sofaabteilung. „Sieh mal da!“ Isabel zog mich zu einem Sofa, das mit gelbblau gestreiftem Stoff überzogen war. „Wie findest du das?“
„Ich weiß nicht“, sagte ich und prüfte mit der flachen Hand die Elastizität des Sitzpolsters. „Die Farben gefallen mir nicht. Man muss immer an die schwedische Nationalfahne denken.“ Auch ein grünblau getupftes Sofa, ein geblümtes und ein kariertes Sofa begeisterten uns nicht. Dann steuerte Isabel auf ein schwarzes Zweier-Ledersofa zu, das schon eher meinem Geschmack entsprach. Wir setzten uns beide nebeneinander auf das gute Stück. „Sehr bequem, findest du nicht?“ fragte Isabel.
„Da kann ich dir nur uneingeschränkt zustimmen.“
„Gut, dann gehe ich mal kurz zur Information und frage, wann sie uns das Sofa liefern können.“
Ich blieb sitzen und beobachtete zwei junge Männer, die ein Modell in Pastelltönen betrachteten. Ich erkannte auf den ersten Blick: Die beiden waren vom anderen Ufer. Der eine, ein zartes Bürschchen in enger Schlaghose, lachsfarbener Lederjacke und mit langen Kotletten, war den Tränen nahe. „Robert!“, schluchzte er und hielt sich theatralisch die Hand vor die Augen. „Du weißt doch ganz genau, dass ich die Farbe Lila nicht ertragen kann. Wie kannst du es nur in Erwägung ziehen, mir so etwas anzutun?“ Robert, ein wahres Mannsbild mit Muskeln wie Baumstämme und einem silbrig glänzenden Schnurrbart, dessen Enden nach oben gezwirbelt waren, blieb ungerührt: „Das ist doch kein Grund, gleich einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, mein Goldstück.“ Er blätterte in dem Katalog, den er in den
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