Männer sind Helden
hier!“, brüllte ich und packte Isabel am Arm. Im Eiltempo zog ich sie über den Platz, die anderen rannten ebenfalls zur Abzäunung. Ein Bauer war so geistesgegenwärtig, die Schranke runterzulassen.
Der Bulle blähte die Nüstern und fixierte das einzige Ziel, das übrig geblieben war: das Stativ des schläfrigen Kamerateams, das einsam und funkelnd in der Sonne stand. Der Bulle galoppierte los und rannte das Ding um. „Unser Stativ“, heulte der Kameramann, der neben mir am Zaun stand. „Das wird teuer!“
„Wenn Sie einen Anwalt brauchen“, sagte ich und schob ihm meine Visitenkarte hin.
Isabel schüttelte den Kopf: „Du hast vielleicht Nerven!“
Drei kräftige Bauernburschen schafften es dann, den Bullen und die beiden Kühe wieder einzufangen. Die übrigen fünf Rinder, die freigelassen worden waren, kehrten freiwillig in ihre Ställe zurück. Als wir den Platz verließen, sah ich Frau Wolgast, die mit ausgestreckter Hand ihrem soeben erworbenen Rindvieh an der Stirn kraulte.
21. Kapitel
Drei Tage vor Rudis Hochzeit trafen wir Männer uns bei Alfred.
„Zieh dir bitte die Schuhe aus!“, befahl Hilde, als ich die Wohnung betrat. Ich stellte meine Schuhe zu den anderen Paaren, die in der Diele standen. Heinzi, Alfred und Udo saßen am Tisch im Esszimmer und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen.
Ich setzte mich auf den Stuhl, der noch frei war.
„Wir müssen Rudi da rausholen“, sagte Alfred gerade.
„Was ist denn los?“, fragte ich.
Alfred horchte für einen Moment in Richtung Küche. Hilde klapperte dort mit dem Geschirr. Dann sagte er leise: „Ich versuche seit drei Tagen, Rudi zu überreden, mit uns seinen Junggesellenabschied zu feiern. Aber immer wieder hat er eine Ausrede parat. Angeblich muss er unheimlich viel für die Hochzeit vorbereiten.“ Alfred räusperte sich und sprach dann noch leiser weiter: „Ich habe das Gefühl, dass seine angehende Gattin ihn nicht raus lässt. Und seit gestern sind seine Schwiegereltern in spe eingetroffen, und nun sieht es noch schlechter aus.“
„So, hier kommen die Schnittchen!“ Hilde betrat das Esszimmer, ein riesiges Tablett auf den Händen balancierend. Nachdem sie das Tablett abgestellt hatte, gab sie jedem von uns eine Servierte. „Nicht auf den Teppich krümeln!“, ermahnte sie uns. Ich betrachtete Hilde aus den Augenwinkeln, während ich in ein leckeres Schinkenschnittchen biss. Hilde sieht aus wie die typische deutsche Durchschnittshausfrau. Sie ist ungefähr ein Meter siebenundsechzig groß und ziemlich dick. Sie hat graue Augen, und ihre Mundwinkel sind immer leicht nach unten gezogen. Ihre Haare sind kurz, braun und dauergewellt. Für ihr Alter, sie ist erst Anfang dreißig, zieht sie sich viel zu spießig und altdamenhaft an. An diesem Tag trug sie einen steingrauen Faltenrock, eine hochgeschlossene, rosa Bluse und flache schwarze Schuhe, die mit dunkelgrauen Samtschleifen verziert waren.
Als Hilde außer Hörweite war, fuhr Alfred fort: „Habt ihr eine Idee, wie wir Rudi aus dem Haus locken können?“ Ich schlug vor, noch einmal bei Rudi anzurufen. Die anderen waren damit einverstanden. Ich ging zum Telefon in der Diele und wählte Rudis Nummer.
Eine Frau war am Apparat: „Bei Rembrandt.“ Das musste Frau Sandmann sein, die zukünftige Schwiegermutter von Rudi und Mutter meiner Ex-Freundin.
„Hier ist Alex Grühnspahn. Ich würde gerne Rudi sprechen.“
„Ach, Herr Grühnspahn“, sagte sie und machte eine Pause. „Ich glaube nicht, dass er jetzt Zeit hat.“
„Es ist aber wichtig. Ich bin sein bester Freund und Trauzeuge. Ich muss ihn unbedingt sprechen. Es hat mit der Hochzeit zu tun.“
„Ach so, es hat mit der Hochzeit zu tun?“, echote sie, und ihre Stimme bekam gleich einen viel freundlicheren Klang.
Ich hörte, wie sie Rudis Namen rief, dann legte sie den Hörer neben das Telefon. Drei Minuten passierte überhaupt nichts. Als ich schon wieder auflegen wollte, erreichte Rudi endlich das Telefon.
„Was gibt es?“, fragte er atemlos.
„Rudi, ich muss dich unbedingt sprechen“, sagte ich. „Es geht um deine geplante Eheschließung.“
„Wieso? Ich habe doch bereits alles geregelt“, sagte Rudi, „Susi hat den Ehevertrag schon unterschrieben. Sie hat auf alles verzichtet, auf den Zugewinnausgleich und auch auf ihren Unterhalt. Sie kann nur nicht auf den Unterhalt für unsere Kinder verzichten; das geht laut Gesetz nicht, aber das weißt du doch alles.“
„Ja, aber darum geht es
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