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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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Nordfriesland stattfand.
    „Wir machen eine Reportage über den Trend, aufs Land zu ziehen“, hatte sie gesagt und gefragt, ob ich nicht mitkommen wolle. Da es nicht schaden kann, sich ab und zu für den Beruf seiner Freundin zu interessieren, hatte ich zugesagt. Tobias Hohlbein, den Redakteur, trafen wir am Eingang.
    „Ihr kennt euch ja bereits“, sagte Isabel.
    Hohlbein drückte uns beiden ein kleines Plastikkärtchen mit der Aufschrift „Presse“ in die Hand. „Den müsst ihr euch anstecken und bitte immer für jedermann sichtbar tragen“, sagte er und machte ein wichtiges Gesicht. „Ich will keinen Ärger haben.“
    Als der Ordner unsere Kärtchen erblickte, ließ er uns mit einem kurzen Kopfnicken passieren. Wir gingen zu einem großen Sandplatz, der säuberlich geharkt und mit weiß lackierten Holzlatten umzäunt war. „Dort wird die Versteigerung stattfinden“, wisperte mir Isabel zu. Hohlbein suchte den Pressesprecher, während Isabel ihren Fotoapparat aus der Tasche holte und ein langes Objektiv anschraubte. „Ich glaube, ich brauche hier eine lange Brennweite.“ Sie trug enge Jeans, weiße Turnschuhe und eine Weste mit vielen Taschen, in denen Filme, ein Notizblock und Reservebatterien steckten.
    „Die Veranstaltung beginnt in einer halben Stunde“, tönte es aus den Lautsprechern. Ich zündete mir eine Zigarette an und ließ meinen Blick über den Rasenplatz schweifen, auf dem verschiedene Buden standen, wo es Bratwürste, Bier und Schnaps zu kaufen gab. Dort hatten sich die Bauern aus der Umgebung versammelt, in Fachgespräche vertieft. Fast alle trugen dunkle Kordhosen, Gummistiefel und Schirmmützen aus Tweed. Schräg hinter dem Sandplatz, nur einige Meter von den V.I.P.-Sitz-Plätzen entfernt, erkannte ich ein weißes Zelt, in dem Sekt, Lachsbrötchen und Scampi Spieße angeboten wurden. Dort standen mehrere modisch gekleidete Leute und nippten an langstieligen Sektgläsern. Neben dem Zelt war eine kleine umzäunte Rasenfläche, auf der mehrere Range-Rover und Geländewagen mit Viehstangen parkten.
    „Das sind die Leute, über die wir eine Reportage machen sollen“, sagte Isabel, als sie bemerkte, wohin ich schaute. „Das sind wohlhabende Städter, die sich den Luxus leisten, aufs Land zu ziehen, um dort ihre Ruhe zu haben.“
    „Und was ist daran so neu?“, fragte ich.
    „Neu ist, dass diese Leute nicht aufs Land ziehen, um dort ihr eigenes Gemüse anzubauen, sondern um dort in luxuriös umgebauten Resthöfen übers Leben zu philosophieren. Aussteiger, die ihren Kaviar und Champagner mit ins Exil nehmen, wenn du so willst.“
    Hohlbein kam auf uns zugerannt: „Herr und Frau Wolgast sind auch da“, schrie er und japste nach Luft. „Von denen musst du nachher unbedingt ein Foto machen.“
    „Welcher Herr Wolgast denn?“, fragte ich.
    „Na, der Landtagsabgeordnete, wer denn sonst!“
    Ich hatte noch nie etwas von einem Landtagsabgeordneten Wolgast gehört. Ich fragte aber nicht weiter nach, denn ich wollte mir keine Blöße geben. In zehn Minuten sollte die Versteigerung beginnen. Langsam füllten sich die Sitzreihen um den Sandplatz. Zwei Bauern führten zwei riesige Rinder in den Eingangsbereich. In der Ferne wieherte ein Pferd. Wir gingen zu den V.I.P.-Sitzplätzen, und Hohlbein stellte uns dem Ehepaar Wolgast vor. Herr Wolgast war klein, dick und trug einen Sommeranzug, der eine Nummer zu klein war. Seine Gattin war groß und dünn und hatte eine schrille Stimme. Sie trug ein leichtes Sommerkleid, das im Wind auf und ab wippte. Die ganze Zeit war sie damit beschäftigt, den Stoff mit ihrer rechten Hand nach unten zu drücken. Mit der anderen Hand hielt sie ihren Strohhut fest, der mit bunten Bändern und Plastikfrüchten verziert war. Der Auktionator bat um Ruhe und begrüßte die Anwesenden und die Gäste. Er stand auf einem Podest aus Holz inmitten eines Meeres von Sommerblumen, die um ihn herum drapiert waren. Isabel ging runter zum Holzzaun, um ein paar Fotos zu machen.
    „Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um die Grüße der benachbarten Zuchtvereine zu überbringen“, sprach der Auktionator ins Mikrophon. Dann war nur noch ein ohrenbetäubendes Pfeifen zu hören. Kein Wunder: Schräg gegenüber seinem Pult war ein Lautsprecher angebracht, und der Ton wurde rückgekoppelt. Nach fünf Minuten kam endlich ein älterer Herr im Blaumann und schob den Lautsprecher zur Seite. Der Auktionator fuhr dort fort, wo er aufgehört hatte: „Und zwar der Zuchtvereine

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