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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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ich will gar nicht dabei sein“, protestierte er. „Wer A sagt, muss auch B sagen“, erwiderte die Hebamme und reichte ihm einen Mundschutz. Die Kreissaaltür fiel mit einem lauten Knall hinter den beiden zu. Ich stand einige Zeit unschlüssig im Gang und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte Rudi versprochen, mit ihm vor dem Kreissaal ein paar Bierchen zu zischen und schachtelweise Zigaretten zu rauchen. Nun war alles ganz anders gekommen.
    Nach einer Stunde kam Rudi aus dem Kreissaal und zog sich seine Schutzmaske vom Gesicht. „Es war wahnsinnig!“ schrie er, „das werde ich nie im Leben vergessen!“
    „Wahnsinnig schön oder wahnsinnig schrecklich?“
    „Das kann ich jetzt noch gar nicht sagen, auf jeden Fall bin ich froh, doch dabei gewesen zu sein. Susi war sehr tapfer, obwohl es eine schwere Geburt war. Frauen müssen eine ganz schöne Leistung vollbringen. So habe ich mir das überhaupt nicht vorgestellt. Ich dachte, die Frauen legen sich hin und schwups ist das Kind draußen!“ Rudi war vollkommen aufgekratzt.
    Ich schlug vor, in den Park zu gehen, um ein wenig frische Luft zu tanken. Wir gingen zum Kiosk, und ich kaufte eine Flasche Sekt. Der Verkäufer, ein mürrischer Mann mit Hängebacken, gab mit wortlos zwei Plastikbecher. Mittlerweile kannte er mich ja schon. Draußen schien die Sonne milde vom Himmel, und die Vögel zwitscherten in den immer noch kahlen Bäumen. Wir setzten uns auf eine Bank, und Rudi streckte beide Beine von sich. „Mein Gott, was für ein Tag!“
    Ich ließ den Sektkorken knallen. „Mensch, jetzt habe ich ganz vergessen zu fragen, ob es eine Junge oder ein Mädchen ist.“
    Rudi trank einen Schluck aus dem Plastikbecher: „Ein Junge, na klar. Wie heißt es doch: Männer zeugen Mädchen, und Kerle zeugen Jungens.“
    „Wie soll er denn heißen, der Junior?“
    „Philip.“
    „Philip Rembrandt - klingt hübsch!“
    Eine Weile saßen wir dort und schwiegen, bis uns zu kalt wurde. Wir gingen zurück auf die Entbindungsstation. Susi lag in ihrem Zimmer, erschöpft, aber glücklich. Philip nuckelte an ihrer Brust. Das Baby sah aus wie ein schrumpeliger, roter Apfel.
    Ich spürte, dass die beiden nun alleine sein wollten, und verabschiedete mich. Ich fuhr nach Hause, um mich zu duschen und umzuziehen. Tiffany kam mir vorwurfsvoll miauend entgegen. Ich hatte sie wegen der Zehnstundengeburt fast vergessen. Ich gab ihr zwei Schälchen „Katzenglück“, um mein Gewissen zu beruhigen. Unter der Dusche dachte ich an Rudi und Susi. Die beiden hatten auf der Entbindungsstation ein Bild vollkommenen Glücks abgegeben. Was wäre, wenn ich Isabel heiraten und mit ihr ebenfalls Kinder bekommen würde? Nein, das würde mir überhaupt nicht in den Kram passen. Jetzt hatte ich mir gerade eine gute Klientel aufgebaut, da konnte ich keine Familie gebrauchen. Andererseits konnte ich mir auch keinen anderen Zeitpunkt vorstellen, der passend wäre. Wie heißt es doch so schön: Ein Kind passt nie – es kommt immer eine Waschmaschine dazwischen!
    Im Büro wartete ein Scheidungsfall auf mich – die Kehrseite der Medaille vom ewigen Eheglück. Heinrich Grölling sah blass, aber gefasst aus. Das Trennungsjahr war vorüber, und nun ging es darum, die Scheidungsklage einzureichen. „Haben Sie sich mit Ihrer Frau über alles geeinigt?“
    „Wir wollen gemeinsames Sorgerecht für unsere Kinder, und ich bin bereit, Unterhalt für sie zu zahlen. Nur in Bezug auf den Zugewinnausgleich haben wir keinen Kompromiss gefunden. Sie besteht darauf, das zu bekommen, was ihr gesetzlich zusteht, also die Hälfte.“ Er seufzte: „Ich werde wohl das Haus und meine Firma verkaufen müssen.“
    „Soweit muss es nun wirklich nicht kommen. Ich werde einmal mit ihrer Frau reden. Vielleicht ist sie bereit, mit uns einen Vergleich abzuschließen. Außerdem haben Sie doch bestimmt, wie ich Ihnen geraten habe, Geld beiseite geschafft, oder?“
    „Ja, ja, aber soviel ist das nun auch wieder nicht, gerade einmal einhunderttausend Euro, die ich auf einem Schweizer Nummernkonto deponiert habe.“
    „Wie steht es denn mit dem Haus? Sind Sie beide im Grundbuch als Eigentümer eingetragen?“
    Er nickte und stöhnte leise: „Eigentlich will ich mich überhaupt nicht scheiden lassen. Meine Frau hat einen neuen Liebhaber, und ich bin nur noch der Zahlesel.“
    „Ich habe Ihnen das ja schon vor einem Jahr erklärt. Im Scheidungsrecht gilt das Schuldprinzip nicht mehr. Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie

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