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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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Das ist jetzt topaktuell.“
    „Nein, ein Stoppelschnitt kommt überhaupt nicht in Frage. Ich bin schließlich keine sechzehn mehr. Ich möchte einfach, dass mein Haar, wie soll ich es sagen, ich möchte einfach, dass es fülliger aussieht.“
    „Dann kommt eigentlich nur eine Dauerwelle in Frage. Dadurch würde ihr Haar mehr Volumen bekommen.“
    „Eine Dauerwelle? Dann würde ich ja wie ein Autoverkäufer aussehen. Gibt es nicht noch irgendeine andere Möglichkeit?“
    Sie ließ ihre Hände mehrmals durch mein Haar gleiten. „Ich könnte alles durchstufen, und dann vielleicht eine Tönung ins Haar geben. Dadurch würden ihre grauen Strähnen verschwinden.“
    „In Ordnung!“ Sie atmete sichtlich erleichtert auf und machte sich ans Werk. Während sie meine Haare wusch und schnitt, redeten wir kein Wort. Mir war das recht, denn ich hatte keine Lust auf eine Unterhaltung. Die Farbe brannte wie Feuer auf meiner Kopfhaut, aber ich sagte nichts. Auch Männer müssen leiden, wenn sie attraktiv bleiben wollen. Schließlich wusch die Friseuse die Farbe wieder raus und föhnte mein Haar aufwendig trocken. Ich war mit dem Ergebnis überaus zufrieden. Ich zahlte achtzig Euro, soviel hatte ich noch nie bei einem Friseur ausgegeben, und ließ mir noch ein Haarwässerchen andrehen.
    Bei der Kosmetikerin musste ich mich auf eine Liege legen, die hinter einem Vorhang stand. Eine braungebrannte, stark geschminkte Frau, die laut Namenskärtchen an ihrem Kittel Frau Schäfer hieß, betrachtete meine Haut durch ein bullaugengroßes Vergrößerungsglas. „Sie haben eine großporige, schlecht durchblutete Haut, mit der Neigung zur frühen Fältchenbildung.“
    „Kann man da denn noch etwas machen?“, fragte ich zaghaft. Sie lachte grell: „Aber natürlich, nur Mut Herr Grühnspahn. Es gibt es ja uns und die Kosmetikindustrie. Das werden wir schon alles wieder hinkriegen. Nach meiner Behandlung erkennen Sie ihr Spiegelbild nicht wieder.“
    Frau Schäfer klatschte frohgemut in die Hände und rollte ein Gerät an meine Liege, aus dem Dampf strömte. „Damit wird Ihre Haut aufgeweicht und auf die weiteren Anwendungen vorbereitet. Bitte entspannen Sie sich!“ Frau Schäfer erwies sich als eine überaus gründliche Frau. Nachdem sie meine Haut mittels Dampf aufgeweicht hatte, wurde sie mit einer grünen, körnigen Masse glatt gerubbelt. Dann drückte mir Frau Schäfer Mitesser aus, was höllisch wehtat, aber ich biss die Zähne zusammen. Anschließend klatschte sie mir eine nach Kamille duftende Maske aufs Gesicht, die eine halbe Stunde einwirken sollte. Nachdem Frau Schäfer diese Maske vorsichtig abgetupft hatte, pinselte sie mir eine zweite Masse auf die Haut. „Damit wird alles gestrafft, und Sie werden um Jahre jünger aussehen.“ Als die Prozedur beendet war, blickte ich in einen Spiegel. Tatsächlich: Ich sah anders aus. Nicht jünger, aber gepflegter. Für die Behandlung wurde ich nochmals achtzig Euro los. Als ich gerade zur Tür hinausging, traf ich auf einen Mandanten von mir, Herrn Eckstein. Er blieb stehen und reichte mir seine Hand: „Guten Tag, Herr Grühnspahn. Wohl bei der Kosmetikerin gewesen, was?“ fragte er augenzwinkernd.
    „Nein, nein“, wehrte ich ab. „Ich habe nur eine Freundin dorthin begleitet. Sie wissen ja, wie die Frauen sind. Haben den ganzen Tag nichts anderes als ihre Schönheit im Kopf.“
    „Wem sagen Sie das, Herr Grühnspahn, wem sagen Sie das.“ Er lüftete seinen Hut: „Ich muss leider weiter, auf Wiedersehen!“
    Bei einem Herrenausstatter kaufte ich mir zwei lässige, modische Jacketts und zwei Leinenhemden. Am Ende dieses Vormittags hatte ich schlappe eintausendfünfhundert Euro ausgegeben. Kein Wunder, dass Frauen nie mit ihrem Geld auskommen, dachte ich. Als Frau Rohrbein mich im Büro erblickte, ließ sie sich zu einem Begeisterungsausbruch hinreißen. „Also, Herr Doktor! Sie sehen phantastisch aus! Viel jünger als vorher.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: „Das wurde aber auch Zeit.“
    Mein Outfit brachte mir neues Selbstbewusstsein. Ich fühlte mich vitaler, jünger und begehrenswerter. Wenn ich durch die Straßen ging, hatte ich den Eindruck, als ob mich die Frauen wieder mit anderen Augen anblickten. Ich ging jetzt wieder öfter auf die Piste, wenn auch nicht mehr ins „Weiße Lämmchen“. Manchmal kamen Rudi und Udo mit, oft war ich aber auch alleine unterwegs. Ich baggerte keine Frauen an, irgendwie gefiel ich mir in der Rolle des einsamen Wolfs.

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