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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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und Mo fügte hinzu: »Und in bester Verfassung.«
    »Komm, Sylvia, wir gehen«, meckerte die Kiebig hinter uns her und zog den königlichen Brathund mürrisch in ihre Wohnung, »nichts ist mehr, wie es sein sollte.«
    Sie wusste ja gar nicht, wie recht sie hatte.
    Auf dem Speicher begann Mo kommentarlos gemäß meinen Anweisungen zu sägen und zu bohren. Bald waren wir in eine Wolke von Holzstaub eingehüllt. Zum Glück fiel mir rechtzeitig ein, dass die Schulter und die Hüftachse ja noch jeweils ein dickes Loch in der Mitte benötigten, durch das ich das Verbindungsseil ziehen musste.
    »Könntest du vielleicht noch mal vierzig Löcher ...?« bat ich zaghaft, als Mo fertig war.
    Mo warf mir einen seltsamen Blick zu, fragte aber: »Wie groß, wie tief?« und drillte mit dem dicksten Bohrer anstandslos vierzig Löcher in die Holzachsen.
    Während er bohrte, setzte ich in Gedanken meine Marionettenkörper zusammen und stellte mir vor, wie sie an den Fäden tanzten.
    Fäden! Die mussten ja auch noch befestigt werden. Noch mal Haken am Kopf, am Rücken ... und dann das Fadenkreuz! Schnell überschlug ich im Kopf noch einmal die Menge der Rundhölzer und Bohrlöcher, die für ein Fadenkreuz nötig waren, und der Löcher, die noch in die Körper gebohrt werden mussten. Es waren zu viele.
    »Mo?«, fragte ich.
    Mo wischte sich das Sägemehl aus den Haaren und drehte sich um.
    »Wem gehören die Säge und die Bohrmaschine?«
    »Steffen.«
    »Meinst du, er leiht sie mir für ein paar Tage?«
    Mo sagte gar nichts. Er sah mich nur an. Ich sah zurück. Als Kinder hatten wir uns oft stundenlang angestarrt. Wer zuerst wegschaute, hatte verloren. Mo hatte immer verloren. So war es auch diesmal.
    Er fragte ziemlich laut: »Wozu brauchst du alle diese Holzstückchen? Warum hast du immer noch nicht genug? Wenn du es mir nicht sofort sagst, mache ich Sägemehl aus allen!«
    Dabei warf er die Bohrmaschine wieder an und fuchtelte drohend damit in der Luft herum.
    Ich lief in meine Wohnung und holte Baba Jaga, Rapunzel, Merlin und Hotzenplotz herauf. Die Köpfe legte ich vor Mo ins Sägemehl und wartete gespannt auf sein Urteil.
    »Hey, das ist ja unser Hotzenplotz«, sagte er. »Der hat ja richtig echte Ohren.«
    Das klang schon mal gut.
    »Hey, die alte Hexe sieht genauso aus wie die Kiebig. Wie hast du das gemacht?«
    »Ich kann es einfach«, sagte ich glücklich.
    Mo nahm den Merlin in die Hand.
    »Die sind wirklich richtig gut«, sagte er beeindruckt. »Und ich mache dir wirklich richtig gute Fadenkreuze, wenn ich dafür den Hotzenplotz bekomme, sobald er fertig ist.«
    Ich war so glücklich, dass ich leichten Herzens auf die Kiwi verzichten konnte, die ich mir sonst zum Abendessen erlaubt hätte. Vor dem Zubettgehen hatte ich bereits zwei Päckchen Butter weniger auf der Waage.

Freitag
    Als ich am Mittag nach Hause kam - ich durfte rechtzeitig zum Wochenende meine Überstunden abfeiern -, fuhr gerade ein Möbelwagen vor dem Haus davon. Rebecca stand in der Ladentür und schaute dem Wagen nach. Sie hatte gerötete Wangen und sah irgendwie seltsam aus. »Was ist passiert?«, fragte ich misstrauisch.
    »Du wirst es nicht glauben«, antwortete Rebecca und kicherte eigenartig.
    »Was?«
    »Rate, wessen Möbel gerade abtransportiert wurden?«
    »Von hier?« Ich hatte keine Ahnung. »Sag mal, hast du was getrunken, Becky?«
    »Ich gebe dir einen Tipp«, half mir Rebecca und kicherte heftig. »Es waren lauter barocke Möbel aus Gelsenkirchen, kein Stück unter einer Tonne schwer, und sie rochen nach Hund.«
    »Die Kiebig etwa?«, fragte ich ungläubig. »Aber die kann doch nicht einfach von heute auf morgen ausziehen!«
    »Das hab' ich ihr auch gesagt.« Rebecca kicherte. »Aber die Alte meinte, sie könne es keine Minute länger aushalten, drückte mir die Schlüssel in die Hand und stieg in ein Taxi ein.«
    »Aber das geht doch nicht«, rief ich. »Hast du wenigstens ihre neue Adresse?«
    »Ich habe sie sogar am Arm gepackt und geschüttelt«, erzählte Rebecca, »ihr ›Kündigungsgrund‹ und ›Monatsmiete‹ ins Gesicht gebrüllt, aber der Taxifahrer hat einfach Gas gegeben. Und die Möbelpacker haben in aller Seelenruhe einen Karton nach dem anderen aus der Wohnung getragen.«
    Warum, zum Teufel, kicherte sie darüber? Das war eindeutig kriminell von der Alten.
    »Wir hetzen ihr die Polizei auf den Hals«, ereiferte ich mich. »Dann kann sie ihre alten Tage im Kittchen verbringen.«
    Rebecca kicherte. Da fiel mir etwas

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