Männer und der ganz normale Wahnsinn
Vergangenheit zu haben. Davon abgesehen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemanden auf diese Weise sitzen lassen würdest.“
Ich schaue ebenso bedeutungsvoll zurück. „Ich habe Nick sitzen lassen.“
„Aber nicht an eurem Hochzeitstag.“
„Gut, okay, das stimmt. Aber ich habe ihm trotzdem wehgetan. Oder ihn zumindest verärgert.“
„Und du kannst dir nicht vorstellen, dass dieser Mann, der nach deiner eigenen Aussage vermutlich Dutzende Frauen flachgelegt hat, gelegentlich eine von denen verärgert hat?“
„Du solltest nicht vom Thema ablenken“, entgegne ich, obwohl ich mir inzwischen nicht mehr sicher bin, um welches Thema es eigentlich geht. „Ich will doch nur sagen, dass ich mir durchaus bewusst bin, wie furchtbar Greg sich verhalten hat. Das hat sich auch nicht geändert, nur weil er mich mit diesen traurigen Hundeaugen angesehen hat. Es ist nur …“
„Verdammt noch mal, würdet ihr beide einfach mal die Klappe halten!“
Terrie und ich – und auch die Gäste an den Tischen neben uns – starren Shelby an, deren Gesicht ziemlich rot geworden ist.
Sie blickt von Terrie zu mir und wieder zurück, die Hände neben dem Teller zu Fäusten geballt. „Habt ihr euch eigentlich mal selbst zugehört? Gott! Ich meine, ihr beide habt drei wirklich tolle Männer, die hinter euch her sind. Kapiert ihr’s denn nicht? Ihr könnt verdammt noch mal tun, was ihr wollt! Ihr seid so frei wie ein Vogel, ihr habt alle Möglichkeiten, die Männer fressen euch aus der Hand, behandeln euch wie Gold, und … und …“
Shelby springt auf. Terrie und ich packen schnell die Tischkante, damit der Tisch nicht umfällt. Sie schnappt ihre Tasche, schmeißt ihre Serviette hin und ruft: „Ihr zwei seid die selbstbezogensten, verblödetsten Frauen, die ich jemals im Leben kennen gelernt habe!“ Damit stürmt sie aus dem Restaurant.
„Ich zahle“, sagt Terrie und fischt das Portemonnaie aus der Tasche. „Und du gehst ihr nach.“
Ich renne aus dem Lokal und bleibe mitten auf dem Gehsteig stehen, in der Hoffnung, dass Shelby noch kein Taxi bekommen hat. Natürlich ist der Gehsteig voll gestopft mit Fußgängern, und ich habe keine Ahnung, welche Richtung sie eingeschlagen hat, aber zufällig erhasche ich einen Blick auf blaue Laura-Ashley-Blumen etwa einen halben Block rechts von mir. Nicht einmal meine zehn Zentimeter hohen Absätze können mich davon abhalten, durch die Menschenmenge zu rennen und sie gerade am Arm zu erwischen, als sie ohne sich umzusehen auf die Straße laufen will.
Überrascht wirbelt Shelby herum. Ihr Gesicht ist tränenüberströmt.
„Lass mich los!“ kreischt sie und versucht sich loszureißen.
„Vergiss es, Shel. Himmel, Süße – was ist nur los?“
„Das geht dich nichts an!“ Sie zerrt ihren Arm frei und rennt über die Straße, obwohl noch immer Rot ist. Reifenquietschen. Hupen. Shelby rast weiter.
„Verdammt, Shelby!“ Ich weiche drei Fahrrädern und einem Taxi aus, um zu ihr zu gelangen. Sie legt an Geschwindigkeit zu, ihre flachen Schuhe geben ihr einen entscheidenden Vorteil. Wer hätte gedacht, dass sie so rennen kann? Zum Glück sind meine Beine ungefähr doppelt so lang wie ihre. Ich hole auf und umklammere ihr Handgelenk so fest, dass sie sich nicht mehr losmachen kann. Die Leute sehen uns nach und denken vermutlich, es handelt sich um einen Streit unter Liebenden. Mir doch egal.
Schnaufend kommt Terrie – die Shorts und Adidas trägt, die Kuh – zu uns und schnappt sich Shelbys anderes Handgelenk. „Okay“, sagt sie, „wirst du nun erzählen, was los ist, oder müssen wir es aus dir herausprügeln? Und glaube mir, ich kann’s mit dir aufnehmen, ohne mir auch nur einen Fingernagel abzubrechen.“
Aber Shelby lächelt nicht. Im Gegenteil, ihr Gesicht ist ganz verzerrt. „Warum sollte ich mir die Mühe machen, euch irgendwas zu erzählen? Ihr würdet es ja sowieso nicht verstehen.“
„Hör mal, du Doofkopf“, entgegnet Terrie. „Wenn du nicht gleich damit rausrückst, was zum Teufel los ist, kriegst du richtig Ärger.“
„Genau“, sage ich.
Sie schaut uns nacheinander an und ruft dann: „Ich bin wieder schwanger.“
Nach ihrem verzerrten Gesichtsausdruck zu urteilen ist das wohl keine frohe Neuigkeit. Das ist nicht fair – warum soll sie drei haben und ich kein einziges? Ich spüre einen neidischen Stich.
Aber, hallo? Kann es vielleicht sein, dass es hier nicht um mich geht?
„Aber …“, sage ich und bin mir im Klaren, dass ich mich
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