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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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starke Frauen. Dickköpfige Frauen. Deine Mutter, sie ist dickköpfig und kämpft um das, woran sie glaubt, si? Aber du, du bist dickköpfig und kämpfst gegen das, was du wirklich bist.“
    „Wie in aller Welt kommst du darauf?“
    „All die Jahre, die ich deine Mama kenne, sogar nachdem dein Papa gestorben ist, war sie glücklich. Sie ist zufrieden. Sie sitzt nicht wie eine Maus in der Ecke und wartet, dass das Leben sie findet, sie geht raus und sucht danach. Ich glaube, sie fühlt sich wohl mit sich. Aber du?“ Sie pustet Luft durch die Lippen. „Du sorgst dafür, dass du beschäftigt bist, si, mit deiner Arbeit und deinen Freunden, aber ich sehe nicht, dass du glücklich bist. Du suchst nicht nach dem Leben. Du rennst davor weg.“
    Ich bin offenbar zu geschockt, um wütend zu werden. Trotzdem antworte ich: „Ich renne weg? Nach allem, was ich in den letzten Wochen getan habe, um den ganzen Mist zu überwinden, der mir passiert ist? Es ist ja nicht so, als ob ich mich die ganze Zeit in eine Ecke verkrochen hätte.“
    Ihre dunklen Augen scheinen direkt in mich hineinsehen zu können. „Aber nur, weil das Leben dich immer wieder dazu zwingt. Und anstatt mal die Arme auszubreiten und die Freiheit zu spüren, versuchst du nur, in die Ecke zurück zu kommen, dich an Wände anzulehnen, die du kennst, wo du dich sicher fühlst.“ Sie verzieht den Mund. „Und jetzt bist du böse auf mich.“
    „Nein“, sage ich, aber meine Hände sind neben meinem Teller zu Fäusten geballt.
    „Ginger, cara …“ Nonna beugt sich nach vorne, packt meine Fäuste und streichelt sie so lange, bis ich sie öffne. „Ich beobachte dich seit vielen Jahren. Ich sehe, wie sehr du versuchst, nicht wie deine Mutter zu sein, schon als kleines Mädchen. Aber du versuchst es zu sehr, verstehst du? Es ist so, als hättest du beschlossen, wie du sein solltest, anstatt einfach rauszufinden, wer du bist.“
    Sie lässt meine Hand los, setzt sich in ihrem Stuhl zurück und isst weiter. „Als du diesen Greg mitgebracht hast, dachte ich, das ist kein Mann für dich. Er ist nett, aber nicht nett genug für dich. Und ich habe Recht, si? Von einer Hochzeit davonzulaufen – pah! Ich weiß nicht, was er jetzt will, warum er zurückkommt, aber das ist nicht gut. Glaub mir.“ Sie schlägt sich mit den Händen auf die Schenkel und steht auf. „Willst du Cannelloni?“
    Mann. Nie zuvor hat meine Großmutter so viel am Stück zu mir gesagt. Neben ihrer Schwerhörigkeit ist es auch nicht so leicht für sie, Englisch zu sprechen, deswegen hält sie normalerweise keine langen Vorträge. Die Tatsache, dass sie sich überwunden hat, so viel zu sagen, zeigt nur, wie wichtig ihr das Thema ist. Deswegen sitze ich jetzt auch hier und ringe um Atem.
    Dass mir nach allem, was ich durchgemacht habe, jetzt auch noch meine Großmutter erzählt, wie ähnlich ich meiner Mutter bin, ist das Letzte, was ich brauchen kann. Ich meine, haben Sie jemals so etwas Groteskes gehört? Okay, vielleicht habe ich ja freiwillig einen Weg gewählt, der sich so weit wie möglich von dem meiner Mutter unterscheidet. Dafür gibt es schließlich auch einen Grund. Aber jede Entscheidung über meine Karriere, meinen Lebensstil, selbst über Greg habe ich ausschließlich getroffen, weil ich es wirklich so wollte. Niemals handle ich impulsiv, verdammt noch mal. Anders als Nedra, die erst handelt und dann nachdenkt.
    Und ich zähle die Nick-Episode nicht mit, also können Sie das auch nicht.
    Allerdings zähle ich Nonnas Beobachtung mit, dass ich unglücklich bin. Wobei das ein zu starkes Wort für das ist, was ich fühle. Gefühlt habe. Ich glaube aber nicht, dass mein Unwohlsein etwas damit zu tun hat, dass … wie hat sie das noch mal ausgedrückt? Dass ich mich dagegen wehre, wie meine Mutter zu sein? Was soll das überhaupt heißen? Dass ich meine latent sozialistischen Tendenzen unterdrücke? Würde ich bei einem Streikposten meinen Frieden finden, Plakate tragend und grauhaarigen Männern in Brooks-Brothers-Anzügen Obszönitäten zurufend?
    Das glaube ich kaum.
    Frisch gemachte Cannelloni landet vor mir auf dem Teller. Ich murmle „Danke schön“ und beginne, sie in mich hinein zu schaufeln, lasse die Sahne im Mund zergehen. Als ich Nonnas Hand auf meinem Haar spüre, blicke ich auf. „Deine Mutter, sie liebt dich sehr. Und sie macht sich Sorgen. Si, das tut sie, also mach nicht so ein Gesicht. Sieh ihr in die Augen, und du wirst es erkennen.“
    Nach dem Abendessen drohe ich

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