Männer und der ganz normale Wahnsinn
gleich damit herausgerückt bin, was mir fehlt. Warum haben Frauen immer so viel Angst davor, das zu tun?“
Gute Frage. Auf jeden Fall kann ich Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin, dass sich doch nicht die komplette Landschaft um mich herum verändern wird.
„Die Menschen sind sehr seltsame Geschöpfe“, erkläre ich Geoff, als wir kurz darauf wieder zurück ins Haus gehen. Meine Stimme hallt in der leeren Marmorhalle, in der es immer kühl ist, ganz egal, was draußen für Temperaturen herrschen. Als wir im Aufzug angekommen sind, setzt sich Geoff ganz krumm auf eine Hüfte und hechelt, als habe auch er einen harten Tag hinter sich.
„Mein Herz blutet“, sage ich.
Er lässt die Zunge wieder ins Maul zurückschnalzen und wirft mir einen beleidigten Blick zu.
Ich versuche noch immer, die Schlösser zu entriegeln, als ich hinter der Tür ganz leise mein Telefon klingeln höre. Wer in aller Welt ruft mich um diese Uhrzeit an?
Ich stürze in die Wohnung und reiße mein Handy vom Tisch.
„Hey, bist du eben erst nach Hause gekommen?“ fragt Nick.
Ich zwinge mein Herz, nicht so laut zu klopfen. „Ich war mit dem Hund draußen …“
„Und wie war es?“
Das hier kommt mir ausgesprochen surreal vor.
„Wie war was?“
„Paula hat mir erzählt, dass du mit diesem wie heißt er noch gleich ein Date hattest.“
Ich schleiche auf Zehenspitzen an den Schlafzimmern vorbei, in denen inzwischen alle eingeschlafen sind, in die Küche. Ich brauche ein Häagen-Dasz. Jetzt.
„Und inwiefern geht dich das was an?“
„Ich bin neugierig.“
Gnadenlos reiße ich das Papier vom Eisriegel. „Es war schön“, murmle ich und nehme den ersten, herrlichen Bissen. „Zufrieden?“
„Du klingst aber nicht wirklich glücklich.“
„Worüber ich im Augenblick nicht glücklich bin, ist, dass mich ein Mann über mein Date mit einem anderen Mann ausfragt.“
„Das ist kein Ausfragen, glaub mir. Du hast keine Ahnung, wie ich sein kann, wenn ich jemandem die Daumenschrauben angesetzt habe.“
Ich verdrehe die Augen, nehme noch einen Bissen vom Eis. Lecker.
„Wie auch immer“, fährt Nick fort. „Ich wette, du würdest deinen Freundinnen jedes aufregende Detail erzählen, oder?“
Ich schlucke und sage mit gesenkter Stimme: „Nun, immerhin schlafe ich nicht mit ihnen.“
„Schön das zu hören … warte mal … ‚schläfst‘ in der Gegenwartsform?“
„Gegenwart, Vergangenheit, was auch immer – Himmel, du bringst mich ganz durcheinander. Bist du immer so, oder hattest du heute einfach einen schlechten Tag?“
„Was soll ich sagen? Es macht mir Spaß, dich nervös zu machen.“
„Das habe ich bemerkt.“
„Macht es dir genauso viel Spaß wie mir?“
„Du kannst mich mal.“
„Versprochen?“
„Mann, du bist ja so kindisch heute.“
Er lacht und bringt mich dann damit total aus dem Gleichgewicht: „Ich habe für Rocky ein gutes Heim gefunden.“
„Wie?“ Ich lehne mich gegen den Tresen, pule die Schokoladenstücke aus dem rapide dahinschmelzenden Eis und stopfe sie in den Mund, bevor sie in Geoffs Maul fallen. „Hast du? Wo?“
„Was isst du da?“
„Eis.“
„Was für eines?“
„Dulce de leche. Willst du eins?“
„Ich esse nur Eis, dessen Namen ich auch aussprechen kann. Jedenfalls hat der Bruder eines Kollegen gesagt, er könnte für seinen Hof einen neuen Hahn brauchen, weil seiner vor ein paar Wochen gestorben ist.“
Auf gar keinen Fall werde ich diese Geschichte hinterfragen.
„Also … ich habe am Samstag frei. Hast du Lust, dir mit mir zusammen das neue Heim des Vogels anzusehen?“
Surrealer und surrealer.
Ich lecke den Rest des Eises von dem Holzstäbchen und antworte: „Ach je, ich weiß nicht. Ich muss vielleicht arbeiten.“
Schweigen.
„Na gut, ich dachte nur, ich frage einfach mal. Aber ich fahre so gegen zehn los, schließlich ist es eine gut zweistündige Fahrt. Wenn du also deine Meinung noch änderst …“
Ich spüre den Sog, selbst durchs Telefon. Doch dieser Sog zieht mich … wohin? Zu einem weiteren hormonellen Ping-Pong-Spiel? Die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen ganzen Tag mit Nick Wojowodski heil überstehe, tendiert gegen null.
„Nick … ich treffe Greg am Freitag wieder.“
Schweigen. Dann: „Hab’s kapiert. Paula lässt dich grüßen.“
Er legt auf, bevor ich noch etwas erwidern kann.
Mist, Mist, Mist.
18. KAPITEL
E s hat fast den ganzen Dienstag und Mittwoch über geregnet, und das hat saubere Straßen, eine
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