Männer und der ganz normale Wahnsinn
hierfür bekomme ich mildernde Umstände. Erstens ist es eine allgemein bekannte Tatsache, dass zu viel Free Cell Hirnerweichung nach sich zieht. Und zweitens sind diese beiden wie eine Verlängerung meiner eigenen Psyche. Sie hätten mich sowieso so lange genervt, bis ich mit allem rausgerückt wäre. Übrigens ein Gefallen, den ich ihnen auch immer wieder tue.
Sehr merkwürdig, dass wir uns so nahe stehen, obwohl wir doch so unterschiedlich sind. Aber wir sind schon furchtbar lange befreundet – Shelby und ich kennen uns praktisch von Geburt an, da wir Cousinen sind und nur drei Monate Altersunterschied zwischen uns liegen, Terrie ist im Kindergarten dazugekommen. Ich glaube, ursprünglich hatten wir Terrie in unseren Bund aufgenommen, weil sie alle Kinder vertrimmte, die Shelby schikanierten, die man damals hervorragend schikanieren konnte. Und damit nahm Terrie den Druck von mir, etwas zu tun, wozu ich einfach nicht neige, nämlich Blut zu vergießen. Vor allem nicht mein eigenes. Und Terrie hielt sich dafür ziemlich clever an uns zwei weißen Feiglingen schädlich – wir versorgten sie mindestens sechs Jahre lang mit Cola und Schokolade.
Wie auch immer, selbst nachdem wir ihren Schutz nicht mehr nötig hatten – aus Shelby wurde ein hübsches kleines Ding, das in eine der beliebtesten Cliquen aufgenommen wurde, während ich die hohe Kunst der schneidenden Bemerkungen verfeinerte –, blieben wir Freunde. Die Art Freunde, die alles zueinander sagen und alles tun dürfen, weshalb wir uns auch regelmäßig zerstreiten und wieder versöhnen. Terrie war bei allem immer die Erste, und diese Rolle übernahm sie liebend gern. In Ehrfurcht erstarrt oder angeekelt, lauschten wir damals ihren Berichten. (Die arme Shelby brauchte ein halbes Jahr, bis sie sich von Terries detaillierten Beschreibungen ihres ersten Zungenkusses erholte. Wir waren erst zwölf und konnten uns zu dieser Zeit nicht einmal vorstellen, dass die Lippen eines Jungen unsere berühren, ganz zu schweigen von seiner Zunge. Wir haben das inzwischen überwunden.) Jedenfalls … Terrie bekam als Erste ihre Tage, wurde als Erste geküsst, hatte als Erste Petting, wurde als Erste entjungfert, heiratete als Erste und wurde als Erste geschieden. Zwei Mal. Shelby hat uns nur in einer Hinsicht übertroffen – sie wurde schwanger. Vom Tod abgesehen oder einem Ermittlungsverfahren des Finanzamtes schätze ich mal, sind keine vielen ersten Male mehr übrig.
Also begnügen wir uns heutzutage damit, uns in unserem Leben durchzuwursteln, mit unserer Weiblichkeit zurechtzukommen und dem ganzen Mist, der damit zusammenhängt. Shelby verkörperte seit dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr die Ehegattin. Ich hatte in den Jahren immer die Rolle der Single-Frau, während Terrie mal dies, mal das war und sich als Expertin für beides betrachtete.
Diese Zicken-Treffen und unsere Leidenschaft für alle essbaren Dinge des Lebens verbinden uns. Wobei diese Treffen nicht nur dem Zweck dienen, die Luft rauszulassen und zu trinken, zumindest nicht was mich betrifft. Ich kann einfach immer darauf zählen, dass Shelby lieb und Terrie höhnisch ist, wodurch ich immer zwei Ansichten höre, auf die ich selbst gar nicht gekommen wäre. Außerdem weiß ich, dass sie nur das Beste für mich wollen, so wie ich für sie. Ehemänner, Freunde, Jobs kommen und gehen, aber diese Freundinnen bleiben mir für immer.
Freundinnen, die in diesem Moment atemlos lauschen, als ich das Gespräch zwischen Phyllis und mir wiedergebe. Ich habe mich bei ihnen bereits über meine Mutter beklagt, von Gregs Anruf und Bills Flirtversuch erzählt – jedes Zicken-Treffen braucht auch ein wenig Komik –, wobei ich allerdings beschlossen habe, Nick zunächst mal außen vor zu lassen. Schließlich war Nick bereits das Thema bei einem besonders heißen Zicken-Treffen vor etwa zehn Jahren. Wenn ich jetzt den armen Kerl wieder ins Gespräch bringen würde, würden zu viele Augenbrauen in die Höhe gehen und die wildesten Spekulationen beginnen.
Egal. Terrie mit ihren Tausenden glänzenden kleinen Zöpfen schenkt mir ihren besten Erzähl-Weiter-Blick. Da ich mich nicht gerne drängen lasse, beschäftige ich mich erst einmal mit dem Käsekuchen. Der ist schon vorgeschnitten. Also nehme ich ein Stück und beiße hinein. Sosehr ich Nonnas Ravioli schätze, heute will ich so richtig sündigen.
„Nun“, sage ich schließlich, „nachdem meine Mutter mit Concetta verschwunden ist, führt mich Phyllis in ihr
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