Männer und der ganz normale Wahnsinn
sich in den letzten Tagen in meinem Kopf angestaut hat, sich langsam verflüchtigt. Wir fahren los. Ich sehe, wie der Mann Richtung Amsterdam Avenue schlurft, mein Magen krampft sich zusammen.
So schrecklich ich mich auch fühle, so unglücklich ich auch bin, ich habe zumindest noch einen Job. Ich habe eine Wohnung. Ich habe meine Freunde und meine Schuhkollektion und sogar, das muss ich auch einräumen, meine Familie. Das Leben mag im Augenblick ein wenig bizarr sein, aber auf gar keinen Fall unerträglich.
Ich ziehe mein Buch aus der Tasche und vertiefe mich in Gunther und Abigayles Strapazen und Nöte, was leider nur dazu führt, dass meine Gedanken wieder zu der Diskussion über Männer und Frauen zurückkehren. Im Augenblick muss ich gestehen, dass ich versucht bin, Terrie in einem Punkt zuzustimmen: Männer sind entbehrlich. Vielleicht nicht ihr Samen, aber sie selbst. Ich persönlich brauche keinen zum Überleben oder um erfolgreich zu sein. Ich glaube, wenn es zum Schlimmsten käme, könnte ich sogar ohne Sex leben. Nonnen können das doch auch. Es ist ja nicht so, als ob ich nicht schon einige Durststrecken gehabt hätte. Und da gibt es ja auch noch meine Mutter, die ohne Sex auskommt, und zwar seit, meine Güte, wie lange ist das jetzt her? Fünfzehn Jahre?
Ich meine, also wirklich – sind Männer diesen Ärger wert? Doch so sehr ich Terries Theorie zustimmen möchte, wenn es darum geht, wie es zwischen Männern und Frauen laufen sollte, so sehr glaube ich, dass Shelby einfach realistischer ist. Vielleicht gibt es ja wirklich gleichberechtigte Beziehungen, aber im Großen und Ganzen müssen sich Frauen den Männern schon unterordnen, damit ihr Leben harmonisch verläuft, oder nicht? Im Augenblick weiß ich nicht, ob ich das gut oder schlecht finde, ich weiß nur, dass es so ist. Und ich habe momentan auch gar nicht die Kraft, eine Feministin zu sein. Ich habe genug Probleme damit, eine Frau zu sein.
Ich gebe es auf zu lesen und packe das Buch wieder in meine Tasche. Die Asiatin steigt am Central Park West aus. Ich mache mich für die kurze Fahrt durch den Park bereit, so, wie ich mich für die nächste Phase in meinem Leben bereit mache. Morgen werde ich wieder arbeiten gehen. Morgen werde ich mein normales, vorhersehbares Leben, wie es vor Greg war, wieder aufnehmen. Ich bin gut darin, Wandfarben auszuwählen. Gut darin, Vorhänge auszusuchen. Gut darin, neue Kunden um den Finger zu wickeln. Zwar bin ich nicht gerade scharf darauf, Brice Fanning, meinen egomanischen Chef der letzten sieben Jahre wiederzusehen, aber zumindest ist der Job etwas in meinem Leben, worauf ich mich verlassen kann. Ich habe verdammt viele Kunden an Land gezogen, und wir beide wissen, dass ich nicht einfach kündigen werde und er mich nie rausschmeißen wird. So. Mein Plan ist, mich mit Arbeit zuzuschütten, was zwar nicht gerade furchtbar aufregend, aber zeitfüllend und anregend ist. Oder zumindest immer war.
Und auch wieder sein wird, das gelobe ich mir, und noch mehr Spannung weicht aus meinem Körper. Warum sollte ich schließlich etwas vermissen, was ich nie gehabt habe, nicht wahr? Ich habe doch keine Ahnung, wie es ist, verheiratet zu sein. Oder gar in Westchester zu leben. Ich bin nicht nur daran gewöhnt, Single zu sein, ich glaube, ich bin auch verdammt gut darin.
Und von dem Moment an (behaupte ich, ohne rot zu werden) vergrabe ich mich so tief in diese tröstlichen Gedanken, dass nichts auf der Welt mich umhauen kann.
Nicht einmal die Erinnerung an ein kurzes, hoffnungsvolles Lächeln in mutlosen Augen.
5. KAPITEL
A m nächsten Morgen laufe ich mit klappernden Absätzen in meinen neuen Anne Klein-Pumps die Straße entlang. Ich trage ein tabakfarbenes Etuikleid (kurz genug um chic, aber nicht billig auszusehen), mein Lieblingsschal von Hermès weht sanft im Wind. Plötzlich fallen mir ein paar Polizeiautos auf, die die Straße etwas weiter unten blockieren. Also zufälligerweise genau vor dem Gebäude, in dem sich die Büros von Fanning Interiors Ltd. befinden. Aber erst als ich das gelbe Absperrband sehe, das von einer Seite des Eingangs um das Parkverbotsschild gebunden ist und dann wieder zurück zu den Stufen führt, breitet sich in meinem Magen ein ungutes Gefühl aus. Mir ist sofort klar, dass das alles nichts Gutes für meine nähere Zukunft bedeutet.
Schlimmer wird es noch, als ich die mit Kreide gemalte Silhouette auf dem Bürgersteig sehe. Irgendjemand schreit – und zwar ich, wie sich herausstellt
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