Männer und der ganz normale Wahnsinn
hör auf mich so anzusehen.“
„Wie denn? Vielleicht so, dass es mir völlig egal ist?“
Ich habe ein Gefühl in der Brust, als ob mein Herz jeden Moment explodiert.
„Ich kann das nicht“, sage ich und fliehe aus dem Apartment.
Inzwischen fragen Sie sich wahrscheinlich, ob diese Frau völlig durchgedreht ist. Ich meine, Sie müssen sich das fragen, denn bei Gott, ich frage mich das selbst. Ja, ich vermute, ich könnte einfach eine Affäre mit ihm beginnen, ist es das nicht, was die angesagte Single-Frau heutzutage tut? Sex um des Sex willen? Nun, ich kann es nicht. Ich meine, ich könnte, aber ich kann nicht. Nicht mit Nick. Er will mehr, das weiß ich, aber … Nick und ich, das kann nicht funktionieren.
Er macht mir Angst, okay? Nicht weil ich glaube, er würde mir jemals wehtun, das ist es nicht, es ist … es ist nicht nur so, dass Nick Wojowodski das Leben ziemlich unkompliziert betrachtet, sondern dass er unkompliziert ist. Er ist ganz offen, solide und vorhersehbar. Und ich? Pah! Einunddreißig Jahre alt und im Grunde nicht viel mehr als eine amorphe Masse von Östrogen gespicktem Protoplasma.
Zu dieser tollen Einsicht bin ich in etwa gekommen, als ich die Wohnung meiner Mutter betrete. Es ist fast ein Uhr, ich schließe die Tür mit dem Schlüssel auf, den ich noch immer habe, schlüpfe aus den Sandaletten und vermeide die knarrenden Holzdielen, während ich auf Zehenspitzen in die Küche schleiche, um nach der langen Bahnfahrt einen Schluck Wasser zu trinken. Als ich aber am Wohnzimmer vorbeikomme … spüre ich, dass jemand dort ist. Als ob mich jemand beobachtet.
Mein Herz setzt einen Moment aus, der Schrei bleibt in meinem Hals stecken. Ich drehe mich um, versuche in dem dunklen Zimmer etwas zu erkennen, aber dort steht so viel Zeug rum, dass es mir nicht gelingt.
Dann höre ich es. Ein raschelndes Geräusch, so schwach, dass es kaum zu hören ist.
Oh Gott. Das kann ich so was von gar nicht gebrauchen.
Es ist schließlich passiert. Nachdem meine Mutter sich nun fünfundzwanzig Jahre lang geweigert hat, ein Gitter vor den kleinen Notausgang bauen zu lassen, ist schließlich jemand eingebrochen und versteckt sich in der Dunkelheit und wartet nur darauf, mich totzuschlagen, weil ich ihn erwischt habe. Oder sie. Aber wenn ich vielleicht schnell … zum Lichtschalter schleiche, genau … hier …
Nach ein paar Fehlversuchen findet meine Hand den Schalter an der Wand hinter mir. Was ich da tue, ist total verrückt. Aber jetzt heißt es nur, er oder ich, und auch wenn mein Leben im Augenblick keinen Pfifferling wert ist, so ist es doch das Einzige, das ich habe, und ich kann den Gedanken nicht ertragen, es in einem solchen Chaos zu hinterlassen.
Ich kippe den Schalter um und kreische mir die Seele aus dem Leib.
12. KAPITEL
M eine Mutter kommt in T-Shirt und Slip aus ihrem Zimmer geschossen, polternd und mit wippenden Brüsten. Meine Großmutter, gesegnet sei sie, schläft wie eine Tote.
„Ginger! Um Himmels willen, was ist denn nur …“
Ich drehe mich zu meiner Mutter um, kaum in der Lage, die Worte durch meine zusammengebissenen Zähne hindurch zu pressen. „Was … zum … Teufel … hat … das hier zu suchen?“
Mein Arm schießt in die Höhe und deutet auf einen Hahn in seinem Käfig. Der Vogel reißt den Kopf herum, spießt mich mit seinem scharfen Blick auf und stößt ein hässliches, beleidigtes Krächzen aus.
„Die Familie Ortiz konnte ihn dort, wo sie gerade sind, nicht unterbringen“, erklärt meine Mutter seelenruhig. „Ich hatte ihnen doch angeboten, mich anzurufen, wenn sie Hilfe brauchen, und das haben sie getan.“ Sie beendet den Satz mit einem Achselzucken, als ob das alles erklären würde.
Ich kann sie nur anstarren. „Und das hat für dich bedeutet, einem Hahn Asyl zu gewähren?“
„Nur für ein paar Tage. Bis sie woanders wohnen können, vielleicht bei anderen Verwandten.“
„Und sie sind nicht auf die Idee gekommen, in einem Tierheim anzurufen? Oder nein, warte, du bist nicht auf die Idee gekommen, in einem Tierheim anzurufen?“
„Das habe ich nicht fertig gebracht! Sie hätten Rocky getötet.“
„Rocky?“
„Chicken Run ist der Lieblingsfilm ihres kleinen Sohnes.“
„Nedra. Hör mir mal zu. Es ist gegen das Gesetz, Nutztiere in Manhattan zu halten.“
„Im Ernst, Ginger.“ Sie verschränkt die Arme, entrüstet. „Du tust ja so, als ob ich eine Kuh oder so was Ähnliches nach Hause gebracht hätte.“
Verstehen Sie jetzt, was ich all
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