Männer und der ganz normale Wahnsinn
entschuldigen soll, dass ich meinen Slip vor ihm anziehe. Doch das wäre zu blöd.
„Danke“, murmle ich.
„Ich bringe dich nach Hause“, sagt er mit dunkler, angestrengter Stimme.
„Nein“, entgegne ich und schlüpfe so schnell und diskret es geht in mein Höschen. „Ich nehme den Zug …“
„Den Teufel wirst du tun, Ginger! Auf keinen Fall lasse ich dich um diese Uhrzeit mit der U-Bahn fahren.“
„Mach dich nicht lächerlich. Ich fahre alleine U-Bahn, seit ich dreizehn bin. Und nachts, seit ich siebzehn bin. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen.“
„Ja, das kannst du, nicht wahr?“
Seine Stimme klingt so eisig, dass ich innehalte. „Was soll das heißen?“
„Vergiss es.“
„Nein. Nein, ich will wissen, was du damit gemeint hast.“
„Nein, willst du nicht. Du willst überhaupt nicht wissen, was andere denken. Zumindest so lange nicht, wie es nicht zufällig sowieso zu dem passt, was du schon entschieden hast, so, wie du immer dein ganzes Leben vorausgeplant hast. Mensch, Ginger – warum kämpfst du so sehr gegen alles an?“
„Ich kämpfe nicht …“
„Doch, das tust du. Du hast wirklich ein Problem damit, einfach mal loszulassen und den Augenblick zu genießen, nicht wahr? Warst du denn jemals in der Lage, einfach abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln, anstatt sie sofort in die Bahnen zu lenken, die du dir vorstellst?“
Wissen Sie, das alles wäre viel leichter, wenn der Sex mies gewesen wäre. Wenn ich ihn einfach vergessen könnte. Aber nein, der musste auch noch eins plus sein. Gott, mein ganzer Körper kribbelt noch. Ohne große Anstrengung kann ich ihn noch immer in mir spüren. Und Gott helfe mir, ich will ihn wieder dort haben. Aber nicht so. Nicht als ob …
„Nick, bitte, das ist dir gegenüber einfach nicht fair. Wir beide haben gerade eine Beziehung hinter uns, wir sind noch nicht bereit. Ich weiß nicht, wie ich es zulassen konnte. Ich meine …“
Toll. Ich kann nicht einmal meinen verdammten Satz zu Ende bringen.
Nick wirft mir einen dieser stoischen Blicke zu, die die Männer so gut drauf haben, geht zum Waschbecken und spült ein Glas aus, das dort stand. Das sollte eigentlich ein Signal für mich sein, zu verschwinden, aber als ich den Mund öffne, um etwas zu sagen, beginnt er zu sprechen.
„Weißt du, meine Mutter hat einmal etwas zu mir gesagt, was ich nie vergessen werde. Manchmal wollen wir etwas so sehr, dass wir etwas viel Besseres verpassen. Und wenn uns das, was wir unbedingt wollten, weggenommen wird, dann versucht uns damit vielleicht jemand etwas zu sagen. Genau das ist doch hier das Problem, nicht wahr? Was heute Nacht geschehen ist, passt nicht in deine Pläne.“
„Sei doch nicht lächerlich, Nick. Ich wäre nicht mit dir ins Bett gegangen, wenn ich es nicht gewollt hätte.“
„Warum bist du dann panisch weggerannt, Ginger? Habe ich irgendetwas gesagt, woraus du entnehmen konntest, dass ich die Spielregeln geändert habe?“
„N-nein.“
„Eben. Das habe ich nicht. Ich habe nichts getan oder gesagt, was dich bedroht oder in die Ecke gedrängt hätte.“ Er verschränkt die Arme über der Brust. Seine Stimme ist ruhig, seine Haltung lässig, aber Anspannung und Ärger gehen in heißen, gewaltigen Wellen von ihm aus. „Was? Hat der Sex nicht deinen Erwartungen entsprochen?“
„Oh Gott, Nick, nein … der Sex war großartig …“
„Was, verflucht noch mal, ist dann das Problem?“
Ich denke an diesen Blick in seinen Augen. „Es ist … kompliziert.“
Er seufzt verärgert. „Oh ja, darauf würde ich wetten. Jesus. Selbst wenn ich hundertvierzig Jahre alt werde, werde ich nie verstehen, warum Frauen alles immerzu so verdammt kompliziert machen müssen.“
Verwirrt trete ich einen Schritt zurück. „Das ist immer noch besser als die Friss-oder-Stirb-Mentalität der Männer, die denken, alle Probleme können entweder mit Sport, Gewalt oder Sex gelöst werden!“
Er lächelt fast. „Und das von einer Frau, die vorhin noch was von ‚ich benutze dich, wenn du mich benutzt‘ erzählt hat. Oder spielt mir da meine Erinnerung einen Streich?“
Tränen brennen in meinen Augen. „Nein, Nick, deine Erinnerung spielt dir keinen Streich.“
„Na, da bin ich aber beruhigt. Also, sag mir, Ginger, warum ist plötzlich alles so kompliziert?“
Gott, ich komme mir wie ein Vollidiot vor. Ein dummer, hirnloser, egoistischer Vollidiot. „Ich kann es nicht erklären. Okay? Tut mir Leid, ich kann es nicht. Verdammt, Nick –
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