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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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können uns so lange zusammenreißen, bis wir die Kirschen bezahlt haben – jede von uns hat etwa eineinhalb Kilo gekauft, viel mehr, als wir jemals essen können. Wir haben sie in dem Plastikeimer verstaut, um sie die sechs Blocks nach Hause zu tragen. Kichernd packt jede von uns einen Henkel, und wir beginnen loszulaufen, und noch bevor wir die 111. Straße erreichen, brechen wir in prustendes Gelächter aus. Die Leute schauen uns an. Manche lächeln. Manche runzeln die Stirn. Mir ist es egal. Wir gehen nebeneinander grinsend weiter – den Plastikeimer zwischen uns.
    Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit meiner Mutter so gelacht habe.
    Himmel, ich kann mich nicht daran erinnern, mit irgendjemandem so gelacht zu haben, zumindest nicht in der letzten Zeit.
    Als wir die 112. Straße überqueren, schauen wir beide automatisch zur Amsterdam Avenue. Am Ende des langen, schmalen Häuserblocks kann man die Cathedral of St. John the Divine stolz in den Himmel ragen sehen. Nedra fragt: „Erinnerst du dich noch, wie ich immer mit dir in den Park gegangen bin, als du klein warst?“
    Ob ich mich daran erinnere? Aber ja! Wir gingen so oft dahin, zu jeder Jahreszeit. Sie setzte sich ins Gras oder auf eine Parkbank und plauderte mit anderen Müttern, während ich mit Kindern aller möglichen Hautfarben Fangen spielte …
    „Weißt du noch, wie einmal plötzlich ein Pfau vor dir stand, das Rad voll ausgefahren?“ fragt Nedra lachend. „Ich dachte, du würdest dir jeden Moment in die Hosen machen.“
    Mein eigenes Gelächter mischt sich mit ihrem. „Das habe ich auch.“ Ich werfe ihr einen Blick zu. „Vielleicht ist durch dieses frühkindliche Trauma meine Aversion gegen Geflügel entstanden.“
    „Oh, hör auf“, sagt sie, lächelt aber auch. „Gut, vielleicht war das mit dem Hahn keine gute Idee.“
    „Meinst du?“ frage ich und lasse den Eimer zwischen uns schwingen.
    Schweigend laufen wir einen weiteren Block, bis sie fragt: „Hast du Greg überwunden?“
    Ich antworte nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich weiß überhaupt nichts.
    Sie wirft einen warmen Blick in meine Richtung. „Und, Ginger, hast du?“
    Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ja, ich glaube schon. Aber … letzte Nacht hat damit nichts zu tun.“
    „Ach?“
    „Nein.“
    „Ach“, sagt sie. Ein paar Schritte später: „Wir sprechen von Nick, oder?“
    Ich sehe sie an, aber es ist schon zu dunkel, um viel zu erkennen. „Du erinnerst dich an Nick?“
    Sie lächelt. „Aber ja.“
    „Schön. Es war Nick. Jetzt bist du dran.“
    Sie lächelt leise. „Guter Versuch.“
    „Gott. Du bist so gemein.“
    Ich glaube, das bedeutet, dass ich den Mann kenne. Toll. Ab jetzt werde ich exzessiv herauszufinden versuchen, um wen es sich handelt. Wie dieser Typ, der Rumpelstilzchens Namen erraten muss.
    „Na gut“, sagt sie. „Bevor du vor Neugier platzt, frag dich selbst – ist es wirklich wichtig? Wer er ist, meine ich?“
    „Höre ich da Schuldgefühle aus deinen Worten heraus?“
    „Wohl kaum. Nur das Bedürfnis … es für mich zu behalten. Zumindest bis ich für mich selbst ein paar Dinge herausgefunden habe.“
    Ich bleibe mitten auf dem Gehweg stehen. Nedra ist unsicher? Nedra, die sonst nicht die geringsten Zweifel kennt?
    „Also ist es nicht eine Geschichte nach dem Motto: Ich habe jemanden kennen gelernt und sofort die Hochzeitsglocken läuten hören?“
    Sie beginnt laut zu lachen. „Gott nein. Es ist eher eine Geschichte nach dem Motto: Ich habe jemanden kennen gelernt, und der Sex ist toll, aber das Ganze ist verrückt.“
    Jetzt bin ich wirklich fasziniert. Fasziniert genug, dass ich es nicht einmal komisch finde, mit meiner Mutter über Sex zu sprechen.
    Sie bleibt plötzlich stehen und reißt mir fast den Arm ab. Ich wirble herum. „Wenn es um Männer geht, bin ich ziemlich ahnungslos, weißt du?“ Sie sieht weg, streicht sich mit der freien Hand das Haar aus dem Gesicht und schaut mich dann wieder an. „Ich kenne die Regeln nicht. Himmel, ich bin mir nicht einmal sicher, ob es überhaupt Regeln gibt. Oh Gott. Ich war kaum achtzehn, als ich deinen Vater getroffen habe. Ich habe mich verliebt, wurde schwanger, habe geheiratet und nie zurückgeschaut. Leo war der einzige Mann, mit dem ich jemals geschlafen habe, ob du’s glaubst oder nicht. Und als er starb …“
    Sie zögert erneut und atmet dann seufzend aus. „Ich war erst zweiunddreißig“, sagt sie, es klingt, als könne sie es

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