Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
konservativ-reaktionären alten Knacker. Und er mich eine naive linkslinke Weltverbesserin. Es sind freundliche Scharmützel. Wir mögen einander. Wir nehmen das, was wir sagen und tun, nicht todernst. Und die Wichtigtuer rund um uns schon gar nicht. Lange ist es her, dass aus unserer Beziehung fast mehr als eine Freundschaft geworden wäre. Lange vor Oskars Zeit. Besser, dass alles so gekommen ist.
Ich hätte beinahe überhört, was der Geschäftsführer sagt. „Natürlich möchte der Verlag unseren Artikel gerne vorab sehen. Nur um Ungenauigkeiten zu vermeiden. Keinesfalls, um sich in redaktionelle Belange einzumischen, wie versichert wurde.“
Mein Lächeln friert ein. „Natürlich?“ Ich sage es ziemlich laut.
„Interviews erscheinen doch häufig erst, nachdem sie vom Interviewten genehmigt worden sind.“
„Interviews schon. Aber keine Reportagen. Und umschreiben lasse ich mir auch ein Interview nicht. Das mit dem Gewinnspiel halte ich übrigens für pure Werbung“, ergänze ich.
„Sie haben es uns exklusiv in Österreich angeboten. Wenn wir es nicht nehmen, dann bekommt es ein anderes Medium.“
„Ist doch interessant, wenn Leser erzählen, wie ein Mann für sie sein sollte“, hakt der Chronikchef nach.
Ich sehe den Chefredakteur an. Das Ganze gefällt ihm nicht. Aber er will mich den Kampf führen lassen. Ich sehe Droch an. Der hebt auf seine unnachahmlich ironische Art eine Augenbraue. Er hat ein markantes Gesicht, sexy, obwohl er deutlich über sechzig ist. Vor einigen Jahren wollte ihn eine Filmfirma anheuern. Der große unbestechliche Droch, vor dem unsere, zugegebenermaßen kleinen, österreichischen Politiker erzittern, war eindeutig geschmeichelt. Erst als sie ihm gesagt haben, dass sie ohnehin nur seinen Kopf brauchen, weil sich mit einem Menschen im Rollstuhl leider nichts verkaufen lässt, hat er abgewunken. Ich starre Droch an. Zeige, dass du ein Mann bist. Hm. Fragt sich nur, was ein Mann ist. Und wie er sein soll.
Droch räuspert sich. Er schafft es, dass das übliche Getuschel sofort verstummt. Aber er sagt ja auch selten etwas. „Die Genehmigung einer Reportage ist für ein unabhängiges Magazin inakzeptabel. Wo kommen wir hin, wenn sich alle Storys bestellen, nur weil sie etwas Geld haben? Die Idee, Leute danach zu fragen, wie ein richtiger Mann für sie sein soll, finde ich witzig. Ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommt.“ Er grinst mich an.
„Wir müssen es ja nicht als Genehmigung begreifen“, versucht es der Geschäftsführer. „Natürlich bin ich mit Ihnen voll und ganz einer Meinung, dass unsere Unabhängigkeit ein hohes Gut ist. Wir werden das entsprechend interpretieren.“
Droch lehnt sich vor. „Sie haben bereits zugesagt, was?“
Alle Augenpaare richten sich auf den Geschäftsführer. Er hebt die Hände, lässt sie wieder sinken.
„Sie haben sicher schon von redaktioneller Unabhängigkeit gehört?“, macht Droch weiter. „Und Sie wissen sicher auch, dass in unserem Statut steht, dass Berichterstattung und Verkauf strikt zu trennen sind.“
„Ja“, ergänzt der Chefredakteur. „Ich kann mich dem nur vollinhaltlich anschließen.“
Der Chronikchef sieht in die Runde. „Geht es da nicht um etwas ganz anderes? Dass ein Buch niedergemacht werden soll, das endlich die für manche unpassenden Wahrheiten erzählt? Weil das die scheinheilige Political Correctness nicht zulässt? Dabei sind wir ja wirklich nahezu überkorrekt: eine weibliche Chefreporterin im fortgeschrittenen Alter mit … nicht eben Traummaßen und ein Leiter der Politik-Redaktion, der im Rollstuhl sitzt. Gar nicht zu reden davon, dass für den heurigen Sommer fast nur Praktikantinnen aufgenommen wurden.“
Lächerlicher Schleimer. Nur weil seine neueste Freundin keine fünfzig Kilo wiegt und ich ihn vor versammelter Mannschaft gefragt habe, ob das seine Nichte sei.
„Das ist jetzt aber wirklich …“, fährt der Chefredakteur hoch. „Sie entschuldigen sich sofort bei Mira Valensky und bei Dr. Droch. Sie ist nicht im fortgeschrittenen Alter und über ihre Figur … während unser Politikchef zu den angesehensten Redakteuren des Landes, und der Umstand, dass er im Rollstuhl … “
Bevor er sich noch total verheddert, stehe ich auf und lächle. „Also jünger als unser geschätzter Chronikchef bin ich allemal und heiraten, sorry, will ich ihn sowieso nicht. Mir ist es ziemlich wurscht, was er für figurmäßige Vorlieben hat und ob das dürre Kind, das ihn ab und zu abholt,
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