Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
möglich wäre: Das werde ich nicht.“
Droch lächelt. „Das ist gut so. Und ich werde für dich klären, ob du ihre echte E-Mail dem gegenüberstellen kannst, was heute im ‚Blatt‘ steht. Wäre mir eine große Freude, dieser Art von Journalismus eins auszuwischen.“
Ich sitze und starre auf den Laptop. Natürlich zerre ich Nicole mit dem Interview weiter vor den Vorhang. Aber ich bin mir fast sicher, dass ich es nicht wegen der Sensation mache, nicht, weil ich dann die Nase vorn habe unter den vielen, die mit ihr reden wollen. Es geht darum, die Sachen ins richtige Licht zu rücken. – Weiß ich, was genau das richtige Licht ist? Das vielleicht nicht, aber ich weiß, dass es viele gibt, die ganz andere Interessen haben als auch bloß eine Annäherung an die Wahrheit.
Telefon. Ich sehe aufs Display. Maggy Körmer. Ich habe immer wieder versucht, sie zu erreichen. Sie ist nie drangegangen.
Morgen werde es am Heldenplatz, den man für diesen Tag in „Heldinnenplatz“ umtaufen werde, eine große Frauendemonstration geben, erfahre ich.
„Wir müssen ein klares Zeichen gegen diesen Gewaltausbruch des Maskulismus setzen“, macht die Aktivistin klar. „Ich nehme an, Sie finden es genauso unerträglich, wie momentan berichtet wird.“
Finde ich. Aber warum bringt mich diese Frau immer dazu, meine Position infrage zu stellen, wenn sie sich mit ihrer deckt?
„Ich habe sehr wohl wahrgenommen, dass Sie versucht haben zu differenzieren, soweit das eben in einem strikt quotenorientierten Medium möglich ist.“
Und Zensuren möchte ich von ihr schon gar keine. – Sei nicht ungerecht. Sie nimmt wenigstens wahr, dass du dich bemühst. Zu sagen brauche ich ohnehin nichts, Maggy Körmer redet weiter:
„Es wird eine groß angelegte basisdemokratisch organisierte Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen sein, von Einzelfrauen, Frauengruppen und auch gewissen parteipolitischen Frauenorganisationen. Wir möchten niemanden ausschließen. Wir müssen unsere Stärke zeigen. Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass ein Opfer auf das Abscheulichste vorgeführt, missinterpretiert, verspottet wird. Außerdem sind wir dafür, dass die Strafen für Vergewaltigung deutlich angehoben werden. Momentan bekommt jeder Möchtegern-Bankräuber ein paar Jahre, während Vergewaltiger einige Monate mit einer Fußfessel herumlaufen dürfen. Ich nehme an, Sie werden berichten.“
„Natürlich wird von unserer Redaktion jemand dabei sein. Die Demo ist knapp vor Redaktionsschluss. – Haben Sie eigentlich Kontakt mit Nicole Moser?“
Zur Abwechslung Schweigen in der Leitung. „Nein“, kommt es dann. „Das ist auch nicht notwendig. Ich muss sie nicht kennen, um ihr zu glauben.“
„Sie haben Sie bei ‚frauen.com‘ getroffen.“
„Tatsächlich? Ich bin dort nicht eben häufig.“
„Schon ein Glück, dass Sie an besagtem Abend im Nouvel Grand Hotel waren.“
„Da haben Sie recht. Sonst hätte die Sache von Anfang an vertuscht werden können.“
„Haben Sie eigentlich die Polizei verständigt?“
„Das hatte ich vor. Aber gerade als ich mit meinen Telefonaten fertig war, haben vor der Tür zwei Einsatzfahrzeuge gehalten. Es war also nicht mehr notwendig. Mir war es wichtiger, die Öffentlichkeit in Form von Medien zu aktivieren. Das bietet bei solchen Dingen die beste Garantie dafür, dass nicht alles unter den Teppich gekehrt wird.“
„Nicole Moser hat es nicht gerade mit einer durchgehend wohlwollenden Öffentlichkeit zu tun.“
„Das sind eben die Auswüchse unserer Mediengesellschaft. Die ihrerseits nur ein Indiz für die immer brutalere Maskulistenbewegung sind. Männer sammeln sich, um alles in Richtung Selbstbestimmung der Frauen zu unterbinden.“
„Warum konnte ich Sie in den letzten Tagen nicht erreichen?“
„Weil ich mich zurückgezogen habe, um die morgige Demonstration vorzubereiten. Und weil ich es – Stichwort Macho-Presse – für klüger hielt, aus der Schusslinie zu gehen. Eine radikale Feministin, als solche verstehe ich mich, und darauf bin ich stolz, sollte unter den gegebenen Umständen nicht die erste Verteidigerin des Vergewaltigungsopfers von einem der Anführer dieser Brutalo-Männer sein. Ich weiß über Medienmechanismen einigermaßen Bescheid, Frau Valensky.“
„Sie sind also eine radikale Feministin. Was ist das?“
Stille in der Leitung. „Sie wollen das veröffentlichen?“
„Ich weiß noch nicht. Vielleicht. Natürlich nur mit Ihrer Zustimmung.“
„Gut. Also dann:
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