Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
„Haben Sie Lust, am Abend zum Essen zu kommen? Keine Ahnung, was es geben wird, Jana und ihre Mutter Vesna werden auch da sein. Und wenn Ihr Mann Zeit hat, freue ich mich natürlich. Ich habe mich ohnehin schon gefragt, was an diesem Abend im Hotel los war …“
„Eine Art von … Recherche-Essen?“, fragt die Leiterin von „frauen. com“ offenbar ein wenig amüsiert.
„Ich will Sie nicht aushorchen, ich schwöre es. Das ist sowieso der Abend nach Redaktionsschluss. Wir könnten über alles Mögliche plaudern, auch übers Veneto.“
„Klingt nicht schlecht. Und ich mag Jana sehr. Ich muss allerdings noch meinen Mann fragen, am Abend kann er selten weg. Auch wenn er eigentlich so etwas wie der Ober-Chef über die verschiedenen Küchen des ‚Nouvel Grand‘ ist. – Und über das, was im Hotel los war, weiß er wenig. In der Küche merkt man nicht, was vorne in der Halle passiert.“
„Ist schon in Ordnung.“
„Ich schicke Ihnen heute noch eine SMS mit Zusage oder Absage, passt das?“
„Wunderbar. – Nur eine Frage noch: Wie gut kennen Sie Nicole Moser?“
„Gar nicht gut. Ich hab sie einmal bei uns gesehen, und das ist mir auch erst nachher klar geworden. Sie ist gekommen, weil sie an einer Arbeit über ‚Frauenrollen in den Medien‘ oder so schreibt.“
„Sie haben mit ihr darüber gesprochen?“
„Nein, ich glaube, sie hat mit Maggy Körmer darüber geredet.“
„Seltsam, die sagt, dass sie Nicole nicht kennt. Oder zumindest nicht bewusst wahrgenommen hat.“
„Kann sein, dass ich mich täusche. Wir hatten an diesem Abend parallel zwei Kurse. Und unser offenes Diskussionsforum. Ich kann nicht überall sein. Vielleicht hab ich etwas verwechselt. – Ist das wichtig?“
„Wohl nicht, ich versuche einfach, das Umfeld zu klären.“
„Jana ist eine großartige junge Frau, aber lassen Sie sich nicht von ihrer Abneigung gegen Maggy anstecken. Es hat eben jede ihren besonderen Stil. Und Maggy hat große Verdienste um die Frauenbewegung. Sie kann nur einfach nicht besonders gut mit jüngeren Frauen.“
„Hat sie eigentlich auch einen Job?“
Sandra Alman lacht. „Sozusagen einen Brotberuf? Ja. Sie ist momentan bei der Gemeinde Wien und leitet das Referat für Internationalen Studentenaustausch. Ausgerechnet.“
„Momentan?“
„Sie ist nicht sehr anpassungsbereit, das haben Sie vielleicht schon gemerkt. Die Leute von der Gemeinde Wien haben es gut gemeint, aber … – oh, mein Bruder, ich muss los. Ich melde mich! Und: Danke für die Einladung!“
Ich sitze da, spiele mit meinem Mobiltelefon und überlege. Warum habe ich Sandra Alman spontan zu unserem Abendessen eingeladen? Ich wollte einen Abend abseits der ganzen Debatte. Sie ist sympathisch. Und ich will einige Sachen klären. Auch für mich selbst. Reicht es, dafür zu sein, dass Frauen nach ihren eigenen Vorstellungen leben dürfen? Oder müsste man auch etwas tun? Müsste ich mehr tun? Kämpfen? Wie? Du liebe Güte. Wörter wie „Kampf“ gehen mir immer auf die Nerven, egal wofür oder wogegen gekämpft wird. Hat für mich etwas mit Schusswaffen zu tun. Und ich kann Waffen nicht ausstehen. Um genau zu sein, ich fürchte mich vor ihnen. In meinen Anfangstagen im „Magazin“ wollte ein Abgeordneter bei mir Eindruck schinden und hat behauptet, ich würde unbedingt eine Pistole brauchen, er würde dafür sorgen, dass ich eine kriege, samt den notwendigen Papieren. Er hat gedacht, ich finde das toll. Nein danke. – Und wie ist es mit dem „Kampf für Freiheit?“ Ich bin dafür, aber nur, wenn dadurch für andere keine neue Unfreiheit entsteht. Ach was, wahrscheinlich werden die beiden ohnehin absagen. Und wenn nicht: Es wäre spannend, mit ihrem Mann zu reden. Klar, auch übers Hotel und wie die Dinge dort laufen. Vielleicht kennt er ja jemanden, der am Abend an der Rezeption Dienst gehabt hat. Aber vor allem übers Kochen. Übers Essen. – Bist du verrückt, Mira? Weiß du eigentlich, dass du soeben einen der bekanntesten Köche Österreichs zum Abendessen eingeladen hast?
Eben. Er ist Koch. Und kein Gourmetkritiker. Ganz abgesehen davon, dass ich mich weder um einen Job bewerbe noch eine Privat-Haube anstrebe. Und außerdem: Vielleicht brauche ich einfach wieder einmal eine ganz andere Herausforderung?
Von den üblichen Herausforderungen bekomme ich an diesem Tag noch genügend. Jana und Vesna sind weiter verschollen, dafür will man in der Chefredaktion dringend wissen, wie weit ich mit meiner Reportage bin. Und
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