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Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi

Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Meine Schritte hallen. In der Gasse niemand zu sehen. Ich habe sie verloren. Nur Lachen aus einem der offenen Fenster. – Moment einmal, ich bin da schon gegangen. Wenn ich die Steintreppe nehme, könnte ich ihr den Weg abschneiden. Ich keuche, ich hetze die Stufen nach unten, schlecht beleuchtet, ich stolpere, fange mich am Geländer. Da vorne! Sie ist nicht mehr als zehn Meter vor mir. „Nicole!“, schreie ich. „Bleib stehen!“ Sie rennt weiter, hat sich nicht umgesehen. – Weil ich schon spinne und sie gar nicht Nicole ist? Warum rennt sie dann vor mir davon? Ich laufe, was das Zeug hält. Zwei Männer starren mich neugierig an. Immer mehr Menschen, der Kopf da vorne, auf den muss ich mich konzentrieren, blaues Kopftuch, ich darf mich nicht abschütteln lassen, ich möchte wissen … und dann die größere Straße, Heurigentische, Bänke. Und das Mädchen: endgültig verschwunden.
    Ich atme schwer und gehe auf und ab, sehe allen ins Gesicht. Aber wenn sie von mir nicht gefunden werden will, wird sie sich kaum hierher setzen und ein Panino essen. Sie hat mich gesehen und ist davongelaufen. Das heißt: Sie hat mich erkannt. Das heißt: Es war wirklich Nicole Moser. Sie wollte ins Ausland. – Aber ausgerechnet nach Gavoi? Um Pauer zu treffen? Zu welchem Zweck? Außerdem kommt der doch erst heute Nacht. Wenn der Hagere nicht gelogen hat. Oder hat man sie verschleppt? Sardinien war doch berühmt für seine Kidnapping-Fälle. In den sardischen Bergen gibt es Verstecke genug. Konnte sie fliehen? Vor wem? Farah Seifried, die als Ziegenhirtin verkleidet in den Bergen hockt? Und warum rennt sie dann vor mir davon? Mira, mit dir geht wieder einmal die Fantasie durch. Du hast Nicole nicht wirklich erkannt. Es war eine Gestalt, die ihrer ähnlich ist. Blaues Kopftuch, dunkle Locken. Es kann eine junge Italienerin gewesen sein. Du hast ihr nicht wirklich ins Gesicht gesehen. Sie hat sich zu schnell umgedreht. Wahrscheinlich ist das Mädchen auch gar nicht vor mir geflohen. Keine Ahnung, wer hinter mir gegangen ist. Vielleicht ein Mann, vor dem sie sich fürchtet? Vielleicht ihre Mutter? Vielleicht hat sie mich auch mit jemandem verwechselt?
    Ich habe keine Ruhe mehr für „Unzulänglichkeiten“, ich fühle mich selbst so: zu wenig klug. Zu wenig schnell. Zu durcheinander. Von weitem höre ich, wie ein Autor auf Deutsch sagt: „Aber was bedeutet das alles gegen die Unzulänglichkeiten der Dialoge zwischen Frau und Mann?“ Lachen. Kann so ein Dialog tatsächlich nicht gelingen? Und wenn, dann bloß unzureichend? Ich will es nicht glauben. Ich halte auch das für ein Klischee.
    Ich lehne mich an eine Hauswand. Warm ist sie, hat die Sonne gespeichert. Mein Atem geht wieder annähernd normal. Wo könnte ich nach Nicole suchen? Nirgendwo. Ich sollte Jana eine SMS schicken. Die Polizei hat mich nach dem Aufenthaltsort von Nicole gefragt. Was, wenn sie mein Mobiltelefon überprüfen? Auszuschließen ist das nicht. Außerdem will ich Jana nicht mit hineinziehen. Warum versteckt sich Nicole? Um dem Medienrummel zu entgehen. Und den vielen bösartigen Untergriffen. Es reicht doch schon, was ich in den letzten Tagen in meinem E-Mail-Posteingang gefunden habe. Gewisse Leute haben einen richtigen Hass auf Frauen. Zumindest auf solche, die ihre Meinung sagen. Und leben, wie sie wollen.
    Ich bin müde, habe das Gefühl, zu viel Wein getrunken zu haben, suche die Stelle, an der der Shuttlebus hält, und fahre zurück ins Hotel.

[ 12. ]
    Am nächsten Morgen beschließe ich, hinunter zum See zu gehen. Vielleicht hilft das beim Denken. Oder es entspannt zumindest. Die Nacht hat Abkühlung gebracht, jetzt spürt man, dass wir in einem Hochtal sind. Tautropfen auf Grashalmen und auf winzigen gelben Blumen. Zum Schwimmen ist es mir zu frisch, einfach ein bisschen spazieren … meine Laufsachen habe ich ja nicht mit. Ruhig liegt das Wasser da. Es sieht nicht so aus, als gäbe es hier irgendeinen besonderen Badeplatz, einfach Wasser und Ufer und einige Enten. Ich finde einen Weg am See entlang, gehe auf Sand und Schotter, hinein in einen Wald. – Was, wenn mich hier jemand überfällt? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr hoch, zumindest nicht höher als bei uns. Wie heißt es so schön? Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Ein Wasserlauf quert den Weg, ich werde übermütig und springe drüber. Und komme auf einem Stein auf und strauchle, stürze, kauere auf dem Boden. Mein Knie. Ich zittere. So schnell geht das. Es brennt. Ich

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