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Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi

Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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offen. Winziger Balkon, Blick auf einige der Häuser der Anlage. Gras, das gerade beregnet wird, zerzauste Büsche, Wege aus roten Ziegeln. Ob Pauer schon da ist? Wohnt er wirklich auch hier?
    Vom Badezimmerfenster aus kann ich durch hohe Bäume bis zum See sehen. Ich sollte mein Badezeug nehmen und hinuntergehen. Auf dem Schreibtisch finde ich eine Mappe mit Informationen für akkreditierte Medienleute. Ich komme mir vor, als hätte ich mich unter falschem Vorwand eingeschlichen. Ich schicke Oskar eine SMS.
„Da ist es wunderbar, wir müssen dringend gemeinsam nach Sardinien. Nur schade, dass auch Pauer da ist. Ti amo, Mira“
. „Ti amo“ ist irgendwie viel leichter zu schreiben als „Ich liebe dich“. Weniger abgenützt, weniger oft missbraucht. Zumindest im deutschsprachigen Raum.
    Dann schicke ich auch Vesna eine Nachricht.
„Medienrummel um Pauer offenbar auch hier. Urlaubmachen wäre viel schöner, ciao aus bella Sardegna, Mira“
.
    Ich gehe über den verlassenen gepflasterten Weg vor zum Haupthaus, finde die Rezeption unbesetzt, gehe hinüber zur Bar.
    „Brauchen Sie etwas?“, werde ich von dem Hageren auf Englisch gefragt.
    Ob Pauer schon angekommen sei? Oh, das hätten schon viele von ihm wissen wollen. Nein, er komme angeblich erst in der Nacht. – Ob er etwas über das Buch von Pauer wisse? Natürlich. Man lebe hier ja nicht hinter dem Mond. In Italien seien viele Frauen stark, vor allem in der Familie. Was „Mama“ sage, geschehe. Aber in der Wirtschaft und der Politik, da hätten die Männer das Sagen. „Ich glaube nicht, dass es Berlusconi noch gäbe, wenn die Frauen mehr mitreden könnten“, meint er. Ich frage ihn nicht, ob er das gut oder schlecht fände.
    Ich gehe auf die Terrasse und sehe mich um. Wunderbare Wärme. Wälder, Felder, grüne Berge. Das Hotel liegt mehr als siebenhundert Meter über dem Meeresspiegel, habe ich gelesen. Kaum zu glauben. Drei Männer sitzen unter einem Sonnenschirm und trinken Bier. Ich komme unauffällig etwas näher. Ich kenne keinen von ihnen und bin froh darüber. Ein Kleinbus hält. Ob das der Shuttle ist? Der Fahrer steigt aus, bleibt neben dem Auto stehen. Was heißt: Geht dieser Bus nach Gavoi? „A Gavoi?“, versuche ich es. Er nickt und lässt mich einsteigen.
    Inzwischen ist es später Nachmittag geworden, in den Gassen stehen Heurigentische und Bänke, viele Türen zu den Häusern sind offen, neben jeder ein handgeschriebenes Schild, was es hier zu essen und zu trinken gibt, in der Tür oder davor eine provisorische Verkaufstheke. Die meisten der Tische sind noch leer, aber ein verführerischer Duft zieht durch die Gassen. Viele Menschen. In großen und in kleinen Gruppen. Literaturfestival in Gavoi: Das scheint auch zu einem gewissen Teil ein Volksfest zu sein. Mein Magen knurrt. Nein, zuerst sollte ich mir etwas Kultur gönnen, dann Panini, Pasta, Pancetta und Vino.
    Laut Programm ist die nächste Veranstaltung auf der Piazza Mesubidda, zwei italienische Autorinnen, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Macht es nur noch interessanter. Sie sollen mit einer italienischen Journalistin reden. Italienisch. Das wird ein wenig das Problem sein, Mira. Ich wandere trotzdem wieder einmal bergauf, bewundere die überwältigende Aussicht über einen Garten mit Blumen und Kräutern hinweg ins Hochtal hinunter, mache ein paar Fotos. Vorbei an einer Bar, aus der Jazzmusik klingt. Vorbei an einer alten steinernen Kirche.
    Auf der Piazza Mesubidda hat man die Höhenunterschiede geschickt genutzt. Oben das Podium, darunter, auf einem erstaunlicherweise beinahe ebenen Platz, zwei- oder dreihundert Leute, dicht an dicht auf weißen Plastikstühlen. Ich bin offenbar schon zu spät dran, auch wenn hinter mir weitere Menschen auf den Platz strömen. Ich bekomme von einem jungen Mädchen im Festival-T-Shirt eine Zählkarte in die Hand gedrückt und suche mir einen Stehplatz am Rand, lehne mich an die sonnenwarme Steinmauer. Der Mann auf der Bühne deklamiert ein Gedicht. Auch wenn ich es nicht verstehe, da bin ich mir ganz sicher. Die Sprache klingt, es ist fast wie Gesang, große Gefühle ohne Peinlichkeit unter die Leute, in die Bergstadt, übers Land hinaus. Ich lausche, fange einzelne Wörter auf und bin fasziniert.
    Es dürfte sich bloß um das Vorprogramm gehandelt haben, tosender Applaus, drei Frauen nehmen auf der Bühne Platz. Ich blättere nach:
„Omaggio ad Andrea Zanzotto“
– Kann wohl nur Hommage bedeuten, ein Gedicht des großen

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