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Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi

Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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italienischen Lyrikers zum Auftakt. Dann: viele schnelle Wörter auf Italienisch, Lachen im Publikum, manchmal auch Murmeln, ob es Zustimmung oder Ablehnung ist, kann ich nicht deuten. Nur ganz kurz wird aus den Büchern gelesen, es geht vor allem ums Gespräch. Die Moderatorin ist mehr als temperamentvoll, fordert die eine und die andere heraus, und zwischendurch schaue ich über die Dächer ins Tal, das eigentlich eine Hochebene ist.
    Dann wird es dämmrig und ich gehe wieder durch die Gassen, allein, aber mit vielen Menschen um mich, also doch nicht allein. Ich suche einen Platz, um zu essen. Eine üppige Frau in Jeans und einer roten Bluse röstet eine Art von grobem Faschiertem in einer großen schmiedeeisernen Pfanne. Riecht hinreißend. Ich deute darauf und versuche es mit einigen italienischen Wörtern, die sie wohlwollend zu dem zusammensetzt, was ich sagen wollte. Hoffe ich.
    „Vino?“
    Ich nicke. „Vino bianco, per favore.“ Dafür reicht es noch.
    Sie schüttelt den Kopf, weist mir aber einen Platz an. Am anderen Ende des langen Tisches sitzen einige Italienerinnen in meinem Alter, wir nicken einander fröhlich zu. Ich freue mich aufs Essen.
    Ich blättere im Festivalprogramm, überlege, was ich für die Kulturseiten machen werde. Natürlich geht es hier auch um Themen, um Texte, um Autorinnen und Autoren. Aber das alles zusammen mit dieser Bergstadt aus Stein und Sonne und den offenen Türen und dem Essen in den Gassen und der Fotoausstellung ergibt eine ganz eigene Stimmung. Und von der will ich erzählen. Mal schauen, ob ich es hinbekomme. Größere Herausforderung als das, was ich üblicherweise mache.
    Die Gastgeberin bringt mir einen Pappteller, auf dem ein Panino liegt. Ich sehe sie enttäuscht an. Ich wollte etwas von dem gebratenen Faschierten. Dazu kommt eine Flasche Rotwein. Liebe Güte, ich kann doch keine ganze Flasche trinken. Zumindest nicht jetzt und hier und wenn ich noch weitermuss und danach wieder zurück ins Hotel. Wäre schon gut, sich besser verständigen zu können. Die Frau muss meinen Blick gesehen haben. „Only red wine here. Better“, sagt sie dann. Und ich solle so viel trinken, wie ich wolle. Dann klappt sie das Panino auf und ich sehe, dass im Inneren des Brotes neben ein paar Scheiben vollreifer Paradeiser und etwas Rucola jede Menge von diesem duftenden gebratenen Faschierten ist. Ich nicke und strahle. Sie nickt und strahlt zurück. Es schmeckt großartig und ich frage sie, wie das heißt, und erfahre den Namen: Purpuzza. Unterstützt durch anschauliche Gesten beschreibt sie mir, wie man es zubereitet. Es sei ganz einfach: Das Fleisch hacken, mit Salz, Pfeffer und Weinessig mischen und stundenlang ziehen lassen. Dann in etwas Olivenöl in einer Pfanne braten und fertig. Das Ganze lebt offenbar von der Qualität seiner wenigen Zutaten. Wäre auch was für unser großes Menü gewesen. – Habe ich es wirklich erst vor zwei Tagen gekocht?
    Ich schlendere durch die Gassen. Inzwischen ist es längst finster geworden, trotzdem steht noch eine Veranstaltung auf dem Programm. Die, deren Titel mir schon von Anfang an gut gefallen hat: „Sull’inadeguatezza“ – Über die Unzulänglichkeit. Bei all den Wichtigtuern auf dieser Welt besonders schön, einmal darüber zu reden.
    Ich suche die Piazza Sant’Antiocru, diesmal bin ich eine halbe Stunde vor Beginn da. Großer Platz bei einer niedrigen alten Kirche, mit einem riesigen weißen Zeltdach überspannt, sicher vierhundert weiße Plastikstühle, gut die Hälfte ist schon besetzt. Trotzdem noch Zeit genug. Ich steige eine steile Treppe hinauf, gehe eine beinahe verlassene Straße entlang. Offenbar strömen deutlich mehr Menschen von den unteren Gassen her zum Platz. Ich genieße die laue Nacht und die vielen Stimmen, die von weit weg zu mir dringen. Wenn ich noch einen freien Stuhl ergattern will, sollte ich da aber nicht zu lange herumträumen. Ich suche einen Weg nach unten, ein winziges Gässchen, durch das sich eine Gruppe Italiener schiebt. Ein junges Mädchen mit einem blauen Kopftuch, das wie ein Piratentuch im Nacken verknotet ist, kommt mir entgegen, stutzt dann, dreht plötzlich um, stolpert in die Italienergruppe, drängelt sich durch. Die lachen. Ich laufe ihr nach, jetzt sind die Kommentare schon weniger freundlich.
    Das kann nicht sein. Ich bilde mir ein … Ich schreie „Scusi!“, zwänge mich an zwei Frauen vorbei, sehe einen Schatten gerade noch um die Ecke huschen. Ich renne. Kopfsteinpflaster, Nacht.

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