Männerfrei: Roman (German Edition)
Rick würde doch sicher nicht ohne mich gehen, oder doch? Vielleicht ist er ja im Eingangs… oh, hier…
Oh Gott, oh Gott, oh Gott, oh Gott.
Rick hockt auf einem Bett, splitternackt bis auf seine Richterperücke, und auf ihm sitzt eine halbnackte Pink Lady. Es ist Frenchy. Das weiß ich, weil sie noch ihre rosafarbene Satinjacke anhat, auf die hinten » Frenchy« gestickt ist.
Die haben Sex, um Gottes willen, die haben Sex. Es dauert ein paar Sekunden, bis sie überhaupt merken, dass ich in der Tür stehe. Plötzlich drehen sie gleichzeitig die Köpfe zu mir. (Menschen sehen so seltsam aus beim Sex. Kein Wunder, dass ich dieser ganzen Pornografie nichts abgewinnen kann.)
» Verdammt!«, zischt Rick, lässt sich nach hinten plumpsen und schubst die Pink Lady von sich herunter. Sie kichert und fällt fast vom Bett.
Ich muss hier raus. Ich muss hier raus, sofort.
Ich mache rasch ein paar Schritte rückwärts, meinen Bücherstapel und den Zwicker in der linken Hand, meine langweilige Bibliothekarinnen-Handtasche über der rechten Schulter, und stürme zum Ausgang.
Mir ist schlecht. Ich bekomme keine Luft. Wie konnte er nur? Wie konnte er mir so etwas antun? Ich muss sofort raus hier. Als ich die Wohnungstür aufreiße, höre ich hinter mir lautes Gejohle. Anscheinend haben die anderen Gäste Rick und Frenchy auch gesehen. Alle lachen. Ich hasse diese Leute. Ich hasse sie.
Wie konnte er das tun? Wird er mir nachlaufen? Wird er überhaupt jemals ein Wort darüber verlieren? Wie konnte er nur? In meiner Anwesenheit, auf ein und derselben beschissenen Party? Und wie konnte Frenchy das tun? Sie war immer meine Lieblings-Pink-Lady.
Was für ein bescheuerter Gedanke. Sei vernünftig, verdammt. Reiß dich zusammen.
Wo zur Hölle ist hier der Ausgang in diesem verkackten Altbaupalast?
Mir ist übel. Ich habe das Gefühl, ich muss mich übergeben. Ich muss mich tatsächlich übergeben. Wo kann ich…? Ah, dort, der große Pflanzentopf. Prima.
Ich beuge mich über den Topf, drücke die Blätter der Pflanze zur Seite und beginne zu würgen. Meine drei Wodkas und das Erdnussbuttersandwich, das ich gegessen habe, bevor ich zu Hause aufbrach, kommen hoch. Ich kann die Abdrücke meiner Zähne in den Sandwichresten erkennen. Krass. Ich muss mein Essen besser kauen.
Ich richte mich auf und wische mir über den Mund. Meine Hände zittern, und Tränen laufen über mein Gesicht. Wie konnte er nur, wie konnte er nur? Warum kommt er mir nicht nach? Ob er versucht hat, mich zu erreichen? Ich checke mein Handy… Nein, nichts. Was ist zwischen unserer Ankunft auf der Feier und seiner flotten Nummer mit der anderen passiert? Habe ich etwas falsch gemacht? Wer macht so was überhaupt, auf einer Party eine flotte Nummer schieben? Bestimmt hat sie ihn verführt. Ich hasse sie.
Ich werde ihn anrufen. Vielleicht ist alles nur ein großes Missverständnis und er ist dermaßen betrunken, dass er sie mit mir verwechselt hat. Das wäre… Nein, das wäre auch nicht gut. Bitte, bitte, lass es nicht passiert sein.
Beim ersten Mal reagiert er nicht auf meinen Anruf, also versuche ich es erneut. Nach dem siebten Klingeln geht er dran.
» Ja?«
» Ich bin’s… Ich… Wie konntest du nur, Rick?«
» Das war ganz easy«, antwortet er und beginnt zu lachen. Seine Stimme klingt plötzlich gedämpft. Was gibt es da zu lachen? Spricht er gerade mit jemand anderem?
» Wer war das?«
» Kennst du nicht.«
Fällt dem gar nicht ein, sich zu entschuldigen? » Ich bin fix und fertig…«, sage ich. Er bleibt stumm. » Hast du das geplant? Warum hast du dann überhaupt…« (Ich beginne zu weinen, bemühe mich aber, es zu verbergen.) » …mich zu der Party mitgenommen?«
» Ich habe dich nicht eingeladen. Komm mir jetzt nicht mit so einem Scheiß. Du hast mich gefragt, was ich mache, und dann hast du dich selbst eingeladen.«
Ich weine noch immer lautlos und versuche, meinen zitternden Atem unter Kontrolle zu bekommen. Typisch Anwalt, verdreht die Fakten, um jede Schuld von sich zu weisen.
» Ich… Ich…« Mir fällt das Sprechen schwer. » Wie konntest d-d-du mir das antun? Das ist echt m-mies von dir…«
Ich höre ihn ungeduldig stöhnen. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll, und da mein Stammeln immer schlimmer wird, sage ich gar nichts mehr. Bitte, bitte, mach, dass er sich entschuldigt. Am liebsten würde ich die Zeit zurückdrehen und alles ungeschehen machen. Lieber Gott, wenn es irgendwie möglich ist, dann spule bitte die Zeit
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