Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt
Vergangenheit anspielt. Das sieht ehrlich aus.‹ So gab ich also den Schmuck zurück und schenkte Sibylle stattdessen diese CD von Leonard Cohen.«
»Und sie hatte den Ring kurz vor der Rückgabe in Ihrem Mantel entdeckt.«
»Offensichtlich.«
Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinanderher, bis das Café wieder in Sichtweite kam.
»Ich weiß, was Sie mir sagen wollen: Wechseln Sie Ihre Therapeutin.«
»Wieso? Ohne sie hätte ich Ihre Frau nicht kennengelernt.«
Als sie am Cuba Livres ankamen, konnten sie Sibylle durchs Fenster am Tisch sitzen sehen. Sie blickte die beiden Männer an.
»Ich muss Sie jetzt noch um einen Gefallen bitten.« Franks Stimme klang belegt.
»Ich weiß. Das sind die Riten.«
Und dann sah Sibylle, wie Frank Arno eine Ohrfeige verpasste. Männer!
Später saß Arno alleine an dem Tisch und wehrte sich dagegen, einen weiteren Cynar mit Eis bestellen zu wollen. Er tat es trotzdem. Wirkte schmerzstillend. Die alte Wunde am Backenknochen war durch die Ohrfeige wieder aufgeplatzt. Clara hatte ihm ein Pflaster gebracht. Und Joni Mitchell aufgelegt.
Oh but now old friends they’re acting strange
They shake their heads, they say I’ve changed
Well something’s lost, but something’s gained
In living every day
I’ve looked at life from both sides now
From win and lose and still somehow
It’s life’s illusions I recall
I really don’t know life at all.
Clara hatte sich schon Sorgen gemacht. Doch dann sah sie, wie Arno plötzlich in sich hineinlächelte. Bevor er und Sibylle gingen, hatte Frank Arno noch zur Seite genommen.
»Letzte Frage: War es denn wenigstens schön mit meiner Frau?«
»Nein, überhaupt nicht. Aber wem erzähl’ ich das.«
Einmal wenigstens wollte auch Arno lügen.
»Ich habe Frank geraten, Sibylle nicht die Wahrheit zu sagen«, erklärt mir Jenny, »die Arme hätte Arno dann ja glatt umsonst gevögelt. Sinnlos begangene Sünden sind der Nährboden für Moralisten. Und davon gibt es schon viel zu viele.«
»Und zu viel Misstrauen.«
»Nein, zu viel Vertrauen. Vertrauen ist Humus für die Lüge. Der oder die Betrogene sagt ja meistens ›Gott, ich war viel zu vertrauensselig‹. Da ist meistens was dran.«
Was also tun?
»Die Liebe nicht mehr mit der Vertrauensfrage verbinden«, meint Jenny. »Was in der Politik häufig danebengeht – siehe Barzel/Brandt damals –, klappt in der Liebe erst recht nicht. Liebe, die sich vom Vertrauen abhängig macht, hat schon verloren. Ihre wahre Bedrohung ist ja nicht die Lüge, sondern das, was die Lüge zu verdecken versucht. Die Frauen wollen die Wahrheit wissen, WEIL sie Angst vor ihr haben. Deshalb verlangen sie ja immer wieder: ›SAG DIE WAHRHEIT‹, wobei ihnen die Wahrheit als Wahrheit ziemlich egal ist. Eigentlich wollen sie nämlich sagen: ›TU BITTE NICHTS, WAS DU MIT EINER LÜGE ABSTREITEN MÜSSTEST.‹«
»Und die Männer lügen, weil sie Angst vor den Frauen haben?«
»Manche, ja. Aber ich frage mich, ob Männer nicht ganz grundsätzlich so was wie eine Hassliebe zur Lüge entwickelt haben.«
»Das ist jetzt wieder Emanzenperspektive à la Schweinsein oder Nichtsein.«
»Ist es nicht. Pass auf: Männer wachsen mit Legosteinen auf, was man schlechten Architekten leider anmerkt. Legosteine gehorchen nicht den Gesetzen der Statik wie lose Bauklötze, die zusammenfallen, wenn man sie zu weit versetzt aufeinanderstellt. Weil man Legosteine mit diesen typischen Noppen zusammenklickt, lassen sich mit ihnen Dinge bauen, die mit losen Klötzen nicht möglich wären.«
»Ah, die Wahrheiten sind die losen Klötze und die Lügen haben Noppen, mit denen man Lügensteinchen für Lügensteinchen gegen die Statik der Wahrheit zu grotesken Gebilden zusammenstecken kann.«
»Ja. Männer bauen und baggern gern, verstehst du? Die Wahrheit ist schon da, an der gibt’s nichts zu rütteln. Die Lüge muss erst noch erfunden werden.«
»Umso besser, wenn sie dann auch noch meinen Absichten dient.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel der Vertuschung eines Seitensprungs.«
»Das geht auch offensiver«, sagt Jenny, »Sexualdarwinismus. Der neueste Trend.« Und damit wirft sie mir einen Stoß Papiere hin. »Dein Stullenpaar schon wieder?« Sie nickt.
P: Nimmt man das Wort wörtlich, dann gehe ich mit meiner Frau fremd. Die anderen sind mir nicht fremd und gehen tu ich auch nicht mit ihnen. Außerdem: Monogamie ist nicht natürlich.
C: Na und? Deshalb wähle ich ja auch die Grünen.
P: Du gibst also zu, dass du mich
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