Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt
nicht so stark an Gott wie ein Gierlappen an ein Geschäft. Kaufmanns Steuerberater Hagen, dem diese nach nigerianischer Abzockermafia klingende Geschichte aufgetischt wird, leiht Alexandra 830 000 Mark, verzinst und mit der Zusage einer happigen Gewinnbeteiligung. Ein weiterer Beweis dafür, dass nicht nur die Liebe, sondern vor allem auch die Gier blind macht. Die blinde Liebe ist Kaufmanns Makel, wobei, wie so vieles auch, die Frage unbeantwortet bleibt, ob Kaufmann Miterfinder oder Opfer dieser Räuberpistole ist.
Jedenfalls erklärt Alexandra ihrem Mann gegenüber, sie müsse sich nun samt dem Geld nach New York begeben, um sich dort die nächsten Monate auf den Prozess vorzubereiten. Und zwar »unter strenger Überwachung« der Ermittler und unter Ausschaltung aller Kommunikationswege. Nur einmal die Woche, sonntags um 11, dürfe sie zuhause anrufen. Man muss Kaufmann glauben, dass er das glaubt. Anders wäre nicht zu erklären, weshalb er nicht mitbekommt, dass Alexandra statt nach New York nach Berlin zieht und das vonHagen ergaunerte Geld außer für Krebstherapien und einen zusätzlich aufgetretenen Wirbelsäulenschaden hauptsächlich für ihren neuen, mehrfach vorbestraften Geliebten Hans-Joachim ausgibt.
Nach einiger Zeit wird der Steuerberater Hagen dann doch misstrauisch. Alexandra liefert ihm schlecht gefälschte Dokumente, die den Fortgang des fiktiven Prozesses gegen Billy Idol beweisen sollen. Deshalb will der Steuerberater nun auf Nummer sicher gehen. Er macht mit Kaufmann einen Termin in seiner Kanzlei aus, bei dem der Schauspieler ihm das portugiesische Grundstück als Sicherheit überschreiben soll. Zu diesem Termin kommt es jedoch nicht, weil Hagen zuvor erstickt aufgefunden wird.
Von der Kripo als einer der Verdächtigen vernommen, bricht Kaufmann nach mehreren Verhören zusammen – oder spielt den Zusammenbruch – und gesteht den Totschlag mit den mysteriösen Worten »Sie kriegen jetzt ein Geständnis von jemandem, der es nicht war«, was die Kripo offensichtlich nicht weiter stört, denn die sucht ja nicht die Wahrheit, sondern einen Schuldigen. Und ein Geständnis erspart Arbeit. Absurderweise versteift sich Kaufmann während der Schilderung des Tathergangs auf ein nicht tatrelevantes Detail, nämlich dass es den Schadensersatzprozess gegen Billy Idol wirklich gibt. Da verbindet die Kripo, die inzwischen den Aufenthaltsort Alexandras herausgefunden hatte, Kaufmann mit seiner Frau. Nicht in New York. In Berlin. Alexandra zu dem fraglichen Prozess gegen Billy Idol: »Alles ist erlogen.« Der schockierte Kaufmann weiß jetzt, dass seine inzwischen todkranke Frau ihn betrogen hat. Doch die Liebe geht nicht immer hinaus, wenn der Betrug hereinkommt. Manchmal stärkt sie sich an ihm. Mag er schon immer etwas geahnt haben, nun kann Kaufmann es nicht mehr verdrängen. Jetzt erst recht.Kaufmann bekräftigt sein Geständnis, beharrt auf seiner Liebeslüge, mit der er die Fahnder von seiner betrügerischen Frau fernhalten möchte.
Als es zum Prozess gegen Kaufmann kommt, ist Alexandra schon zwei Monate tot, gestorben, ohne eine Zeile, ohne ein Geständnis oder einen rettenden Hinweis für Kaufmanns Unschuld hinterlassen zu haben. Auch Kaufmann scheint mit seinem Leben abgeschlossen zu haben. Widerstandslos nimmt er das Urteil hin: 15 Jahre wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge. Er habe, sagt sein Verteidiger, noch nie »einen derart selbstzerstörerischen« Mandanten gehabt. Es ist eben immer nur eine begrenzte Menge an Wahrheit in der Welt, und wenn sich einer mit ihr zudecken will, muss ein anderer dafür frieren.
252 Tage nach seiner Verurteilung erscheint eine Kellnerin bei der Berliner Polizeidirektion. Sie wolle eine Aussage machen. Ihr Lebensgefährte, »Kurpi« genannt, habe vor einiger Zeit bei einer Sache mitgemacht, bei der es einen »Unfall« gegeben habe und jemand zu Tode gekommen sei. Haupttäter sei ein gewisser Hans-Joachim, der mit einer inzwischen verstorbenen Frau zusammengelebt habe, die mit »so einem Schauspieler« verheiratet gewesen sei. Und so kommt durch die Aussage einer vorgeblich von ihrem Gewissen geplagten Frau nicht die Wahrheit, sondern, viel wichtiger, die Unwahrheit im Fall des getöteten Steuerberaters an den Tag:
Als Alexandra erfuhr, dass Hagen das Grundstück in Portugal auf sich umgeschrieben haben wollte, überredete sie ihren Geliebten Hans-Joachim, bei dem Steuerberater einzubrechen, sämtliche den Kredit und die Übertragung des
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