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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sportlichen Aktivitäten zu begeistern. Noch genossen sie es, gemeinsam in ihren unterschiedlichen Welten unterwegs zu sein. Und wenn sie nachts die Wohnungstüre hinter sich schlossen, dann hatten sie nur noch sich und ihren alles überstrahlenden Sex. Wenn sie erschöpft voneinander abließen, repetierten sie immer und immer wieder die Szene ihres ersten Dates am Ischtar-Tor. Zu Weihnachten schenkte Rainer Amelie den Tierdarstellungen des Tores nachempfundenen Ohrschmuck, Amelie schenkte Rainer eine Biographie des Berliner Archäologen und Babylon-Ausgräbers Robert Koldewey, »damit du nicht ein zweites Mal in die Verlegenheit kommst, nichts zu wissen«, und das Tor als Ausschneidebogen. Den Weihnachtsabend verbrachten sie damit, es auszuschneiden und zusammenzukleben, und amüsierten sich dabei über Erinnerungen an ihre Kindheit.
    Dann kam das folgende Wochenende. Amelie hatte sich mit Arbeitskolleginnen und Kollegen zum Indoor-Kletternim »Magic Mountain« verabredet und Rainer mitgenommen. Rainer machte das zum ersten Mal. Amelie bemerkte, wie schwer es ihm fiel, Vertrauen in den Mann zu haben, der ihn am Seil sicherte. Rainer verkrampfte an der Wand, starrte in Panik links und rechts zur Seite und stieg dann vorsichtig die drei Meter zurück, die er geschafft hatte. Den Rest des Tages sah er zu. Wenn dagegen Amelie kletterte, schien für sie die Schwerkraft nicht zu gelten. Sie jagte im Wettlauf mit einem Kollegen die Wand hoch, als bewege sie sich in der Horizontalen und nicht der Vertikalen. Oben angekommen klatschte sie sich mit ihrem Kollegen ab und gab ihm ein Siegerküsschen. Sie ließen sich am Sicherungsseil abwärtsgleiten, wobei der Kollege Amelie am Po über sich hielt wie einen Pokal.
    »Hast du mit dem auch geschlafen?«, fragte Rainer auf der Heimfahrt.
    »Mit Peter? Wieso?«
    »Hast du?«
    »Wieso willst du das wissen? Da ist nichts mehr, ehrlich.«
    »Also war da was.«
    »Und wenn?«
    »Du druckst herum, willst mir nicht die Wahrheit sagen. Aber du verplapperst dich.«
    »Hauptsache, die Wahrheit kommt ans Licht.«
    »Hauptsache.«
    Keiner von beiden wollte Streit.
    Nachdem sie sich geliebt hatten, lagen sie nebeneinander, aber nicht wie sonst üblich einander zugewandt, sondern beide auf dem Rücken mit Blick an die Decke. Eigentlich gehörten sie nicht zu denen, die Nachkritik hielten. Doch diesmal sagte Amelie: »Das war jetzt irgendwie anders als sonst.«
    »›Sonst‹ sollte es beim Sex nicht geben, Amelie.«
    Sie ging nicht auf den Einwand ein. »So als wärest du innerlichwoanders gewesen. Du bist doch nicht etwa eifersüchtig auf Peter?!«
    »Habt ihr in diesem Bett miteinander geschlafen?«
    »Das war doch weit vor dir.«
    »Habt ihr?«
    »Auch.«
    »Auch«, wiederholte Rainer.
    »Die Wahrheit ist: auch. Weil wir nicht nur in meinem Bett miteinander geschlafen haben.«
    »Das bedeutet?«
    »Es ist die Wahrheit, ganz einfach. Und Wahrheit ist auch, dass das mit Peter schon lange vorbei ist und überhaupt keine …«
    »Shit! Warum sagst du mir das alles jetzt erst?«
    »Weil du mich vorher nicht danach gefragt hast, Rainer. Du erzählst doch auch erst etwas, wenn man dich fragt.«
    »Zum Beispiel?«
    Amelie musste nicht lange nachdenken. »Zum Beispiel hast du mir nie gesagt, wie viele du bei der Datingagentur vor mir ausprobiert hast.«
    »Weil du mich nicht gefragt hast.«
    »Siehst du.«
    »Du warst die Erste.«
    »Ehrlich?«
    »Ich hätte sonst mehr Erfahrung gehabt und dich nicht in ein übervolles Museum bestellt.«
    »Wäre schade gewesen. Ich fand’s toll.«
    »Ich auch.«
    Sie nahmen sich in die Arme. Rainer küsste Amelies Brüste, dann ihren Nacken am Haaransatz, den er so liebte. Er war zärtlich wie kaum jemals, aber er wollte Amelie irgendwie nicht in die Augen blicken. Sie drehte sich zu ihm, sah ihn an.
    »Ist doch gut«, sagte sie.
    »Was?«
    »Sich die Wahrheit zu sagen.«
    »Ja.«
    »Ja.«
    Sie umarmten sich und starrten hinter dem Rücken des anderen in den dunklen Raum. Wenn sie sich bisher noch nie angelogen hatten, dann war dies ihre erste gemeinsame Lüge. Beide spürten das.
    Und schwiegen.
    Der Flurfunk ist nicht Radio Eriwan. Der Flurfunk lügt nie. Man muss nur richtig hinhören. Dass Bauer auf der Kippe stand, hatte Rainer zuerst über den Flurfunk erfahren. Es war nichts Neues. Alle, die bisher da standen, wo Bauer jetzt stand, standen irgendwann mal auf der Kippe. Und alle kippten, sonst könnte Bauer ja jetzt nicht auf der Kippe stehen. Also wird auch

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