Männersache Rasieren - Handbuch für den Rasur-Aficionado (German Edition)
Sie hat einen hohen pH-Wert, ist also alkalisch (basisch). Durch den hohen pH-Wert werden die Haare aufgeweicht und können dann durch Wasser aufquellen. Dies wäre durch saure Lösungen nicht zu erreichen. Damit ist das Funktionsprinzip der Rasierseife praktisch das gleiche wie von Enthaarungscreme, nur abgeschwächt.
Falls du aus deiner Schulzeit vergessen haben solltest, was der pH-Wert [13] ist: Er ist ein Maß dafür, ob eine Substanz sauer oder alkalisch (= basisch) reagiert. Ein pH von 7 ist als neutral definiert, Werte unter 7 kennzeichnen saure Lösungen, Werte über 7 alkalische (basische) Lösungen. Die menschliche Haut ist mit einem Wert von 5,5 leicht sauer, ebenso wie Mineralwasser mit pH = 6. Zitronensaft liegt bei pH = 2,5 und ist damit etwa so sauer wie Seife alkalisch ist, die typischerweise eine pH-Wert von um die 10 hat.
Seife macht zunächst einmal einen sehr harmlosen und "natürlichen" Eindruck, aber bei genauerer Betrachtung ist sie ein Chemieprodukt, das bereits vor vielen Jahrhunderten entwickelt wurde. Das merkt man schon, wenn man sich vergegenwärtigt, wie sie hergestellt wird: Ein Bestandteil ist Ätznatron mit einem pH-Wert von über 13, das damit etwa genauso aggressiv ist wie Batteriesäure und das man nur mit Schutzbrille verarbeiten darf. Die als Einweichwunder bekannten Rasierseifen Tabac Original oder Speick haben pH-Werte von 10,5, das entspricht genau dem pH der Enthaarungscreme pilca perfect. (Enthaarungscremes können bis zu einem pH von 12 reichen.) Man merkt die Aggressivität der Seife, wenn man sie einmal versehentlich in die Augen bekommt.
Falls du dich wunderst, weshalb ich so sehr auf dem pH-Wert herumreite: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass einige Seifen zu einem recht starken Spannen der Haut führen, wogegen andere nach der Rasur sehr angenehm wirken. Es hat einige Zeit gedauert, aber irgendwann habe ich herausgefunden, dass die Hautverträglichkeit direkt mit dem pH-Wert korreliert, und zwar nicht nur bei mir, sondern bei sehr vielen Personen. Ich habe den Schaum etlicher Seifen selbst nachgemessen, und die Werte sind praktisch ein genaues Abbild meines subjektiven Hautgefühls nach der Rasur. Dagegen tritt die Wichtigkeit der Einweichwirkung deutlich zurück, es sei denn, dein Bart ist extrem fest.
Da das Durchweichen des Haares einige Minuten dauert, muss man die Feuchtigkeit dort ca. drei Minuten halten können. Weil man heutzutage überall warmes Wasser hat und sich einfach nach dem Duschen rasieren kann, geht das Einweichen inzwischen sehr leicht, aber früher musste man die Einweichzeit im Wesentlichen dadurch erreichen, dass der Rasierschaum über diese Dauer stabil auf der Gesichtshaut bleibt und dabei viel Feuchtigkeit speichert. Diese Eigenschaften sind heutzutage etwas unwichtiger geworden, es sei denn, du willst dich ohne Duschen rasieren oder magst einfach den Schaum lange auf der Haut (und verträgst ihn auch).
Denn die Haut hat den berühmten " Säureschutzmantel ", der Krankheitserreger abwehrt, und dieser wird durch Einweichen in Seife zerstört, bildet sich aber bei gesunder Haut innerhalb von etwa einer halben Stunde wieder zurück. Daher wirken stark alkalische Seifen so, als würden sie die Haut austrocknen.
Ein Trick, dem zu begegnen, besteht darin, die Seife zu überfetten . Im Prozess der Seifenherstellung wird Öl mit Ätznatron verbunden, wobei beide Stoffe in einem genau definierten Verhältnis verwendet werden müssen, damit beide Substanzen vollständig gebunden werden. Nimmt man etwas zu viel Fett, dann bleibt ein Teil davon ungebunden und steht beim Waschen mit der Seife zur Verfügung, um die Haut " rückzufettten ". Es besteht ein wenig Uneinigkeit darüber, wie das genau funktioniert, da die ungebundenen Fette beim Waschen einfach mit abgespült werden könnten. Aber offenbar ist das Fett in kleinen Klümpchen vorhanden, sodass es wirken kann, obwohl die Seife wäscht. Vielleicht könnte man bei Handseife die gleiche Wirkung erreichen, indem man einfach weniger Seife verwendet, aber beim Rasieren ist das nicht möglich, weil die Einweichwirkung im Vordergrund steht, nicht die Waschwirkung.
Folglich sind Rasierseifen meist überfettet, weil die Haut länger dem Seifenkontakt ausgesetzt ist als beim Händewaschen. Das ist auch der Grund dafür, dass Rasierseifen nicht so aggressiv wirken, wie sie nach ihrem pH-Wert auf dem Papier aussehen. Weshalb sie, ganz im Nebenbei, auch
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