Maennerschlussverkauf - Roman
knapp zwanzig Minuten, und in dieser kurzen Zeit soll ich vier Kleider vorführen! Keine Ahnung, wie das funktionieren soll …
Aber Mode-Marküs, der plötzlich hüftschwingend neben den Kleiderschlangen auftaucht, versichert mir in seiner gewohnt charmanten Art (»Da kriegen wir dich schon irgendwie schnell raus und schnell wieder rein, Schätzchen!«), das sei alles kein Problem, sie hätten das schließlich schon »abermillionen Male« gemacht. Er hat leicht reden, denn bei der Generalprobe am Nachmittag laufen wir zwar alle in Highheels, aber nicht in unterschiedlichen Outfits. Trotzdem bin ich überfordert und stolpere bei der Probe zielsicher über meine eigenen Füße. Was den Kameramann am Bühnenrand sehr freut, der ungeniert draufhält und meine Nervosität nicht nur unwesentlich steigert.
Ganz ehrlich, den Catwalk mal in echt zu sehen ist auch nicht gerade die Beruhigungsspritze, die ich dringend benötige. Er kommt mir riesig lang vor, ist spiegelglatt (oh-oh!) und weiß und kann bei Bedarf lila beleuchtet werden. An den Längsseiten des Laufstegs sind Reihen voller Stühle mit weißen Hussen aufgestellt – bestimmt genug Sitzgelegenheiten für vierhundert Leute. Allein bei dem Anblick wird mir schlecht …
Deswegen verziehe ich mich erst mal in eine Ecke hinter meine Kleiderstange und atme ein paarmal tief durch. Ich bin zwar mittlerweile nicht mehr der totale Medienneuling, und inzwischen bekomme ich sogar das mit dem jugendschutzfreundlichen Umziehen in Kameranähe hin, aber vor echten Zuschauern über einen Laufsteg zu laufen, das ist dann doch ein anderes Kaliber. Deswegen platze ich auch fast vor Nervosität, als es schließlich kurz vor knapp ist und die Show jeden Moment losgehen soll. Immerhin scheine ich nicht die Einzige zu sein, die so nervös ist.
»Cool bleiben, bella , jetzt geht’s gleich los!«, näselt mir Marküs von hinten ins Ohr und sieht selbst alles andere als cool aus.
Vielmehr tänzelt er von einem Bein aufs andere und linst immer wieder in Richtung des Vorhangs zum Catwalk. Beim Gedanken an die Menschenmenge da draußen fällt mir nebenbei siedend heiß ein, dass unsere Überraschung, nämlich Alex, sicher schon draußen auf den Zuschauerrängen sitzt. Manuel und Leonie müssten auch längst da sein! Aber da ich keine Schmerzensschreie oder spanischen Flüche hören kann, bin ich erst mal beruhigt und gehe davon aus, dass alles gut ist und nach Plan läuft. Sowohl für Alex und Manuel als auch für mich.
Mein erstes Kleid (das Flatterkleid in Pink und Türkis) sitzt jedenfalls ziemlich perfekt, und auch in meinen eigens gekauften Mega-Absatz-Schuhen bewege ich mich erstaunlich sicher. Bisher bin ich darin jedenfalls noch nicht ausgerutscht, was ich als positives Zeichen werte. Insofern: alles in allem keine schlechte Startposition. Doch dann – WAAAAAAHHHH ! – geht alles ganz schnell!
Als ich hinter der Bühne stehe und die ersten Takte der Laufstegmusik höre, pocht mein Herz wie verrückt! Ich bin gleich die zweite, die rausmuss, und als Vanessa Paradis die ersten Takte von »Be my Baby« haucht, betritt Model Nummer eins vor mir den Laufsteg. Ich versuche noch einen Blick von der Bühne und vor allem von den Zuschauern draußen zu erhaschen, da bekomme ich schon zusammen mit dem Kommando »Und jetzt du, Anna! Raus mit dir!« einen Schubs von hinten und stehe im nächsten Moment auf dem hell angestrahlten Catwalk und werde von den tausend Schweinwerfern geblendet.
Doppel- WAAAAAHHHH !!!!
Nach einer Schrecksekunde, in der ich wie Bambi mit großen Augen die Kulisse um mich herum anstarre, reiße ich mich zusammen. Irgendwie schaffe ich es, mein mit Leonie x-mal erprobtes Showlächeln aufzusetzen, und marschiere einfach los. Es muss ein Wunder sein, aber irgendwie läuft es wirklich gut! Die Musik ist toll, der Takt passt zu meinen Schritten, ich rutsche nicht aus, sondern habe sicheren Halt unter den Highheels, die Menschen klatschen und jubeln und plötzlich – fühle ich mich super! Es ist fast ein kleines bisschen magisch. Anna Abendrot, der Tollpatsch vom Dienst, läuft als Model auf einem Catwalk und sieht dabei nicht aus wie Schlumpfine auf Highheels, sondern hat sogar Spaß dabei!
Als ich an Manuel und Leonie vorbeischwebe, sehe ich, wie sie mir beide zujubeln, Manuel mit knallroten Wangen und strahlend. Schnell schaue ich unauffällig auf die andere Seite zu Alex und sehe, wie auch er strahlt und mir zuzwinkert. Dann schauen sich Manuel und Alex an, und
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