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Maennerschlussverkauf - Roman

Maennerschlussverkauf - Roman

Titel: Maennerschlussverkauf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natascha Sagorski
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ihre Blicke sagen mehr als tausend Worte. Ha! HAHAHAHAHA !!! Der Plan funktioniert! Mit einem breiten Lächeln laufe ich weiter und lege – an meinen Maßstäben gemessen – den perfekten ersten Walk hin! Zumindest fühlt es sich so an.
    Als ich den Vorhang wieder erreicht habe, werfe ich hinter der Bühne sofort die Arme nach oben und möchte am liebsten schreien und zugleich vor Freude trampeln! Ich hab’s geschafft! Olé, olé! Ich bin nicht hingefallen, ausgerutscht oder gestolpert, und den Weg habe ich auch gefunden!!! Aber anstatt auszurasten und mich zu drücken, klopft mir Mode-Marküs nur einmal schnell auf die Schulter, nuschelt beiläufig etwas von »Well done, honey!« und zerrt mich weiter zu meiner Kleiderstange.
    Dann passiert etwas, das ich kaum beschreiben kann. Am ehesten kann man es wohl als Umzieh-Tornado bezeichnen. Gefühlte achttausend Hände zerren am mir herum, zupfen hier, pudern dort und streifen mir in Sekundenschnelle ein Kleid ab und ein neues über – und zack! – schubst mich wieder jemand nach vorn, besprüht mich noch mal mit Haarspray, pudert mich ab und schickt mich auf den Catwalk. Alles begleitet vom Kamerateam. Ich komme mir vor wie ein in Tüll gekleidetes Fließbandprodukt!
    Im nächsten Moment stehe ich wieder im Rampenlicht, strahlende Menschen und Vanessa Paradis in Überlautstärke. Aber irgendwie fühlt sich das sogar gut an! Hinter der Bühne ein Fließbandprodukt, auf dem Catwalk ein Star! Na ja, oder zumindest so ähnlich … Jedenfalls ist meine Schrecksekunde diesmal noch kürzer, und ich flaniere (rutschfrei!) ein zweites Mal über den Laufsteg. Mein Seitenblick zu Manuel, Leonie und Alex verrät mir, dass sie immer noch entspannt und fröhlich zu sein scheinen. Alex und Manuel flirten sogar ziemlich heftig, wenn mich nicht alles täuscht! Anderthalb Minuten später ist alles vorbei, und zurück hinter den Kulissen, weiß ich inzwischen schon, was mich erwartet, und bin dementsprechend vorbereitet. Einmal helfe ich sogar mit, als mir jemand das Kleid über den Kopf zieht, und hebe automatisch die Arme. Ich komme mir vor wie ein erfahrenes Profimodel! Selbst das Kamerateam bemerke ich nicht mehr. Genauso routiniert verläuft der dritte Walk. Diesmal brauche ich keine Scheinwerfer-Bambi-Schreckstarr-Sekunde mehr, sondern schwebe wie die Schiffer in ihren besten Zeiten professionell elegant über die glatte Bahn. Nur eben geschätzte zwanzig Zentimeter kleiner.
    Ich bin schon wieder in Hochstimmung und erwarte nach meinem dreifachen(!) stolperfreien Auftritt, endlich ein bisschen gelobt zu werden. Doch nichts da! Nach diesem Walk bricht erst mal die ganz, ganz große Hektik aus. Alle anderen Models sind zwar gleich durch, aber – schluck – es fehlt noch der Höhepunkt der Show! Also ich, oder besser gesagt mein Swarovski-Corsagenkleid mit dem fabelhaften Tüllrock! Beim Gedanken daran werde ich wie auf Kommando unglaublich nervös. Wäre das nicht typisch Anna Abendrot? Wieso sollte ich auch die ersten drei Durchgänge verpatzen, wenn ich die Chance habe, das ganz große Finale zu verpatzen? Es würde mir so unglaublich ähnlich sehen, genau das zu tun …
    Während wieder mehrere Menschen an mir herumzupfen, spüre ich, wie mein Herz immer schneller klopft. Die Hairstylistin stellt gerade irgendwas Gigantisches mit meinen Haaren an, in meinem Gesicht wird noch mal drauflosgepinselt, gepudert und geglosst (wahrscheinlich sehe ich inzwischen aus wie ein japanisches Manga-Monster) und – zack, zack! – stehe ich wieder vor dem Vorhang. Ich sehe mich noch schnell im Spiegel an und bin ziemlich geflasht. Das Kleid ist wirklich wie für mich gemacht, die Haare sind perfekt und ich sehe aus wie eine lässige New Yorker Märchenprinzessin, die mal eben vorbeigekommen ist, um die Welt zu retten. Oder so ähnlich. Jedenfalls sehe ich dank dieses grandiosen Kleides und der bestimmt sehr gut bezahlten Topstylisten wirklich – ich muss es sagen – fabelhaft aus (und glücklicherweise überhaupt nicht nach Manga-Monster).
    Durch mein eigenes, fast unwirkliches Spiegelbild zumindest etwas beruhigt stehe ich nun da und warte auf meinen letzten Auftritt. Den ich – bitte, bitte, bitte!!! – nicht verpatzen werde!
    Draußen ist die Musik jetzt aus, das Licht ist dunkel, und ich kann die Menschen flüstern hören. Alle fragen sich wohl, was als Nächstes passieren wird, und sind gespannt auf das große Finale. Ich übrigens auch …
    Dann höre ich ohne Vorankündigung ein

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