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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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wieder im Stillen. Blickt man zurück, so sieht man die beiden Fische Wasser speien. Das Schiff war gerade unter ihren Mäulern durchgefahren. Es ist aber immer ein Sturm in der Nähe, wenn die Fischdrachen schwimmen; darum verbrennt man Papier oder Schafwolle, damit die Drachen das Schiff nicht in die Tiefe ziehen, oder man läßt den Stabmeister im Schiff Weihrauch verbrennen vor dem Stab in der Kajüte. Dann nimmt er den Stab und schwingt ihn über dem Wasser einmal im Kreise, so ziehen die Drachen den Schwanz ein und verschwinden.
    Wenn die Asche im Weihrauchgefäß ohne Ursache auffliegt und sich in der Luft zerstreut, so ist es sicher, dass schwere Gefahr droht.
    Vor etwa zweihundert Jahren ward ein Heer ausgerüstet, um Formosa zu unterwerfen. Die Fahne des Feldherrn wurde geweiht mit dem Blute eines weißen Pferdes. Da erschien plötzlich die Himmelskönigin auf der Spitze der Fahne. Im Augenblick war sie wieder verschwunden, aber der Heereszug hatte Erfolg.
    Ein anderes Mal, zur Zeit Kienlungs, erhielt der Minister Dschou Ling den Befehl, auf den Liu-Kiu-Inseln einen neuen König einzusetzen. Als die Flotte südlich von Korea vorbeifuhr, erhob sich ein Sturm, und sie wurden verschlagen nach dem schwarzen Wirbel. Das Wasser sah aus wie Tinte; Sonne und Mond verloren ihren Schein, und es erhob sich die Rede, man sei in den schwarzen Wirbel geraten, aus dem noch kein Mensch lebend wieder herausgekommen. Die Schiffer und Reisenden erwarteten klagend ihr Ende. Plötzlich erschienen auf der Fläche des Wassers unzählige Lichter wie rote Lampen. Da wurden die Schiffer hocherfreut und beteten in der Kajüte. »Wir werden leben«, sagten sie, »die heilige Mutter ist gekommen.« Und richtig erschien eine schöne Jungfrau mit goldenen Ohrringen. Die strich mit der Hand durch die Luft; der Wind wurde still und die Wogen eben. Es war, als würde das Schiff von mächtiger Hand gezogen. Plätschernd strich es durch die Wellen, und plötzlich war man außerhalb des schwarzen Wirbels.
    Dschou Ling kam zurück, berichtete über die Sache und bat, dass der Himmelskönigin Tempel errichtet und sie in die Liste der Götter aufgenommen werden möge. Und der Kaiser erfüllte die Bitte.
    Seitdem stehen an allen Hafenorten Tempel der Himmelskönigin. Am achten Tag des vierten Monats wird ihr Geburtstag gefeiert mit Schauspiel und Opfern.

23. Nu Wa
    Nu Wa war die Schwester des Fu Hi. Sie half ihm bei der Ordnung der Ehe. Während nämlich früher Männer und Frauen sich nach Belieben verheiratet hatten, wurden von ihr die Namen der Stämme festgestellt. Leute aus demselben Geschlecht durften sich nun nicht mehr heiraten. Die Ehe ward geschlossen nach dem Befehl der Eltern. Ein Ehevermittler war nötig, und da man noch kein Geld hatte, wurden zwei Felle als Brautgeschenk festgesetzt. So ward Nu Wa als göttliche Ehestifterin bekannt, und die späteren Geschlechter verehren sie als Schutzherrin der Ehe, die über den Beziehungen der Geschlechter wacht. Nach dem Tode ihres Bruders folgte sie ihm auf dem Thron.
    Es erhob sich aber ein Mensch, namens Gung Gung, wolligen Leibes und rot von Haaren, der hielt sich ob seiner Weisheit für einen Gott. Er besetzte das Land am Yangtsekiang und empörte sich gegen die göttliche Fürstin. Er nannte sich Geist des Wassers und gebrauchte Zauberformeln, um eine Sintflut zu erregen, die das Wasser aller Flüsse in ihren Betten staute und auf Erden großen Schaden tat. Nu Wa befahl dem Herrn des Feuers, ihn zu unterwerfen. Gung Gung ward besiegt. Da stieß er in seinem Grimm mit seinem Kopfe gegen den Berg Unvollkommen und starb.
    Dadurch zerbrach einer der Pfeiler des Himmels, und der Himmel neigte sich nach Nordwesten. Die Erde aber fiel in der Gegend der entstehenden Öffnung im Südosten in die Tiefe. Da schmolz Nu Wa fünffarbige Steine, um den Himmel wieder auszubessern. Sie nahm die Beine einer Riesenschildkröte und stellte sie als die vier Pole des Himmels auf.
    Die Sintflut aber leitete sie ab nach der Stelle, wo die Erde in die Tiefe gesunken war. Darum ist noch bis auf den heutigen Tag der Nordwestwind so kalt und fließen alle Ströme nach Südosten in das große Meer.
    Sie ordnete auch die Musik. Dann starb sie, und es wurden ihr Tempel gebaut.
    Einstmals kam der Tyrann Dschou-Sin vom Hause Yin am Neujahrstage in den Tempel der Göttin Nu Wa, um dort zu opfern. Es erhob sich aber ein Wind, und der Vorhang vor dem Götterbild wurde beiseite geweht. Da sah der Herrscher das goldene

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