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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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ward ihm übel zumute, und doch durfte er nichts sagen. Der Zorn stieg ihm ins Gesicht, die beiden Augäpfel traten ihm wie Kugeln aus den Höhlen, und seine Adern schwollen auf wie Wülste. So setzte er sich zur Rechten und ward Gott der Erde. Die Handwerker, die die Götterbilder machen, haben das gesehen und ihn also abgebildet.«

26. Konfuzius
    Als Konfuzius geboren ward, da kam ein Kilin und spuckte einen Nephritstein aus, darauf stand geschrieben: »Sohn des Wasserkristalls, du wirst einst ungekrönter König werden!«Er wuchs heran und ward neun Fuß hoch. Er war schwarz und häßlich im Gesicht. Seine Augen standen hervor, seine Nase war aufgestülpt. Die Lippen bedeckten die Zähne nicht, und die Ohren hatten große Öffnungen. Er lernte fleißig und war bewandert in allen Dingen. So ward er zum Heiligen.
    Eines Tages stieg er mit seinem Lieblingsjünger Yän Hui auf die höchste Spitze des Großen Berges. Er sah bis nach dem Yangtsekiang im Süden.
    »Siehst du«, sprach er zu Yän Hui, »was das für ein Ding ist, das vor dem Stadttor von Wu schimmert?«
    Yän Hui sah genau hin und strengte seine Augen an; dann sagte er: »Das ist ein Stück weißes Tuch.«
    »Nein«, sprach Konfuzius, »das ist ein weißes Pferd.«
    Und als man nachsah, war es wirklich so. Der Große Berg ist von der Hauptstadt Wu wohl tausend Meilen weit entfernt, und dass Konfuzius auf diese Entfernung ein weißes Pferd erkennen konnte, zeigt seinen Scharfblick. Yän Hui kam ihm ja nicht ganz gleich; doch sah er wenigstens noch etwas Weißes. Darum nennt man ihn den zweiten Heiligen.
    Ein andermal grub man in seiner Heimat einen Brunnen. Da stieß man auf ein Tier, das sah aus wie ein Schaf, hatte aber nur ein Bein. Niemand wußte, was es war. Da fragte man den Konfuzius. Der sprach: »Das ist ein Springschaf; wenn es erscheint, dann kommt ein großer Regen.« Und richtig fiel ein Regen bald danach.
    Ein andermal ward im Yangtsekiang ein Ding ans Land geschwemmt, das war grün und rund und so groß wie eine Melone. Der König von Tschu sandte hin und ließ den Konfuzius fragen, was es wäre. Der sprach: »Die grüne Entengrütze im Yangtsekiang trägt alle tausend Jahre einmal Frucht. Wer diese Frucht erlangt, dem fällt die Herrschaft über die Welt zu.«
    Ein andermal gruben sie in der Heimat des Konfuzius einen Riesenknochen aus. Den luden sie auf einen Wagen und führten ihn zu Konfuzius, um ihn darüber zu befragen. Der sprach: »Vor alten Zeiten hat der große Yü die Reichsfürsten um sich versammelt. Windhalter allein war nicht erschienen. Yü ließ ihn töten und an diesem Ort begraben. Windhalter, heißt es, war ein Riese. Das ist ein Knochen von ihm.«
    Als der Tod des Konfuzius herannahte, da fing der Fürst von Lu auf der Jagd ein Kilin, und man tötete es. Dem Kilin, das bei des Konfuzius Geburt erschienen war, hatte seine Mutter einen roten Faden um das Horn gebunden. Das tote Kilin hatte diesen Faden noch immer am Horn.
    Als Konfuzius davon hörte, brach er in Tränen aus: »Meine Lehre hat keinen Erfolg! Was tust du da? Ich werde sterben müssen.«
    Denn das Kilin zeigt sich nur, wenn ein großer Mann auf Erden ist. Um jene Zeit schrieb Konfuzius gerade an seinem Buch: »Von Blüte und Untergang der Staaten.« Mit diesem Ereignis legte er die Feder weg und schrieb nicht weiter.
    Auch träumte ihm, er sitze in einem Tempel zwischen zwei Mittelpfeilern. Da sagte er zu seinen Jüngern: »Ich werde sterben müssen.« Dann dichtete er ein Lied:
    Es stürzt der Große Berg, Es bricht des Daches First; Der Weise fährt dahin.
    Danach legte er sich zu Bett, ward krank und starb.
    So wußte er nicht nur, was während seines Lebens vor sich ging, sondern auch, was nach seinem Tode kam. Der Traum, dass er sich selbst im Tempel sitzen sah zwischen den zwei Hauptpfeilern, war eine Weissagung der Verehrung, die ihm in späteren Jahrhunderten zuteil ward.
    Aber auch nach seinem Tode noch gab er Beweise von seiner Allwissenheit. Als einst der böse Kaiser Tsin Schï Huang alle anderen Staaten unterjocht hatte und das ganze Reich durchzog, da kam er auch nach der Heimat des Konfuzius. Da kam er an sein Grab. Er wollte es öffnen lassen und sehen, was darin sei. Alle seine Beamten rieten ihm ab, aber er hörte nicht auf sie. So wurde denn ein Gang hinein gegraben, und man traf in der Hauptkammer auf den Sarg. Das Holz schien noch ganz neu zu sein. Wenn man daran klopfte, so klang es wie Erz. Links vom Sarg war eine Tür, die führte in

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