Maerchen aus Malula
hinaus.
Es dauerte nicht lange, bis sie das Gebrüll des Schloßherrn hörten. »Wo sind die Träume? Wer hat sie gestohlen? Wo sind die Träume? Wie soll ich jetzt noch essen und ruhig schlafen?«
Mariam zischte: »Warte, du verfluchtes dickes Schwein, wenn du erst meinen Besen schmeckst, wirst du bestimmt ruhig schlafen.« Fatima bog sich vorLachen, als der Schloßherr plötzlich an der Türschwelle stand und die sprechende Mariam anstarrte »Du … ka … ka … kannst … wie … wieder sprechen?«
»Bist du taub geworden, du Esel?« antwortete Fatima und schüttelte sich vergnügt vor Lachen.
»Du hast also die Schmetterlinge geraubt!« sprach der Herr mit trockener Kehle.
»Und du hast dich geärgert. Gib es zu!« rief Fatima.
»Jawohl, das hat mich geärgert, aber du wirst keinen Groschen sehen, weil du eine Diebin bist!« empörte sich der Schloßherr.
Fatima griff nach einem kräftigen Ast, und Mariam nahm den Besen. »Das werden wir sehen«, sagten sie und schlugen so lange auf den Mann ein, bis er um Gnade bettelte und jeder von ihnen zehn Goldstücke gab. Mariam umarmte Fatima, küßte sie und tanzte mit ihr im Kreis, dann aber eilte sie davon. »Leb wohl, tapferes Mädchen!« rief sie immer wieder, bis sie hinter dem Hügel verschwand. Fatima ging geradewegs durch den Wald, als sie das Pferd wiehern hörte, das ihr entgegengetrabt kam. Fatima sprang auf das Pferd und ritt davon. Es war schon dunkel, als sie ihre kleine Hütte erreichte. Sie freute sich über die Genesung ihrer Mutter und die Freude ihres Bruders. Tagelang hatte er nicht schlafen können, bis an diesem Tag ein bunter Schmetterling ins Haus geflattert kam und ihn auf die Stirn küßte, um danach wieder in den blauen Himmel aufzusteigen.Sofort fiel er in einen tiefen Schlaf und träumte von Fatima. Die Mutter kochte den feinen Matetee, den Fatima mitgebracht hatte, und sie hörte mit Hassan bis tief in die Nacht die Geschichte, die ich gerade zu Ende erzählt habe.
DER KLUGE RABE
oder
DER FUCHS ALS PILGER
Als der Fuchs alt geworden war und keine fette Beute mehr machen konnte, stieg er auf einen hohen Stein und rief laut: »Hört, ihr lieben Tiere! Ich will hiermit verkünden, daß ich all meine Sünden bereue. Viele von euch habe ich reingelegt. Nicht einmal vor dem Löwen habe ich haltgemacht.«
»Das kann man wohl sagen«, brüllte der Löwe. »Ja, ja, du warst der Meister der Lüge«, meckerte eine Ziege.
»Und nun, was willst du uns jetzt weismachen?« fragte die Eule erhaben und blickte in die Ferne.
»Ja genau, was für einen Trick hast du, altes Schlitzohr, jetzt wieder auf Lager?« jaulte der Wolf, der so oft unter dem Fuchs gelitten hatte.
»Gar nichts will ich euch weismachen«, antwortete der Fuchs und senkte die Augen, »ich habe jetzt erkannt, daß das Glück der Frommen dauerhafter ist als das der Listigen. Ich will allein zu unserem heiligen Ort pilgern. Ich habe euch zusammengerufen, damit ich Abschied nehmen und euch um Verzeihung bitten kann. Man kann nie wissen, die Reise geht durch die Wüste und über die Berge, und überall lauert unser aller Feind: der Mensch. Vielleicht muß ich wegen meines lausigen Pelzes dran glauben. Daher ist es mein innigster Wunsch, euch alle um Vergebung zu bitten, wenn euer großes Herz …« Dicke Tränen erstickten seine letzten Worte.
Der Löwe kratzte sich am Ohr. »Höre ich richtig? Der Fuchs will ein frommer Pilger werden?«
»Eher werde ich Vegetarier, als daß ein Fuchs jemals sein Herz der Frömmigkeit öffnet!« erwiderte der Wolf mißtrauisch.
»Man sollte nicht so unbarmherzig sein«, widersprach die Gans.
»Ja genau, schaut doch seine Tränen«, bestätigte ein Hammel, als eine Ziege die Gans auslachte. Die Tiere debattierten lange, doch der Fuchs rief plötzlich: »Lebt wohl, ihr barmherzigen Tiere!« Und nun fühlte sogar der skeptische Wolf Mitleid mit dem reuigen Fuchs.
»Komm gesund zurück, zieh in Frieden!« hallten die Rufe der Tiere ihm nach.
Noch viele andere Tiere waren auf der Pilgerreise. Sie schlossen sich zu kleinen Reisegesellschaften zusammen, um die Strapazen der Reise zu mildern und die Langeweile der öden Strecke zu verkürzen. So gesellten sich am nächsten Tag ein einsamer Hahn, ein Pfau, eine Gans, ein Rabe und ein Hase zum Fuchs.
Der Hase hetzte die Mitreisenden zu immer schnellerem Gang. Er rannte ihnen voraus, hielt kurz an und rief zurück: »Wo bleiben denn die Tapferen?«
Als es dunkel wurde, brachen die Tiere
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