Maerchen aus Malula
bestätigte die Gans.
»Ich finde es auch langsam öde, mit ihm zu reisen. Fromm werden wir sowieso bald und für immer. Was schadet es, daß man die Augen an dem Glanz deiner Federn weidet, wenn sie der Mond mit seiner zärtlichen Hand berührt«, sprach der Fuchs zum Pfau. Dieser stieß einen Freudenschrei aus und schlug sein Rad. Pfauen schätzen das Lob über alles.
»Er schnarcht schon«, krächzte der Rabe und schüttelte den Kopf.
»Der Gemeinschaft zuliebe werde ich euch von diesem Störenfried befreien!« brummte der Fuchs zornig.
»Mach, was du willst. Ich suche mir einen Platz aus, wo der Quälgeist mich nicht wecken kann«, sagte der Pfau und machte sich auf die Suche nach einem ruhigen Ort. Nach einer Weile folgte ihm die Gans. Auch dem Raben fielen bald die Augen zu. Mit letzter Kraft flog er in den Wipfel eines alten Walnußbaumes und schlief alsbald ein. Keiner von ihnen bemerkte, daß der Fuchs den Hahn fraß. Am nächsten Morgen standen alle erholt von ihrem ruhigen und langen Schlaf auf, und als der Pfau nach dem Hahn fragte, antwortete der Fuchs: »Ich habe es wider Willen für euch getan.« Die drei Vögel nickten verständnisvoll.
Es war eine anstrengende Reise. Der Weg führte durch eine Steppe, und die Sonne brannte erbarmungslos auf die Reisenden nieder. Mit letzter Kraft erreichten sie am Abend eine kleine Pfütze, in der sich etwas Regenwasser angesammelt hatte. Als die Gans die Pfütze erblickte, flog sie voraus und landete vergnügt mitten im Wasser. Nachdem sie genug getrunken hatte, planschte sie genüßlich im Wasser herum, bis es ganz trüb wurde. Als die drei durstigen Reisegenossen ankamen, starrten sie entsetzt in den schlammigen Brei. Die Gans drehte sich fröhlich singend im Wasser, doch langsam bemerkte sie die schlechte Laune ihrer Mitreisenden.
»Komm, genieß das nasse Element«, rief sie dem Pfauzu, doch dieser drehte nur angeekelt sein Gesicht zur Seite. »Es stinkt ja nach deinem Fett«, antwortete er. Nicht einmal der bescheidene Rabe mochte seinen Durst stillen. Das Wasser schmeckte ihm nicht. »Blöde Gans. Sie ist so selbstsüchtig. Sie geht über unsere verdursteten Leichen. Ich könnte ihr den Hals umdrehen!« zürnte der Pfau.
»Gesagt, getan!« bellte der Fuchs und sprang der Gans an die Gurgel. Nach einem kurzen Kampf lag die Gans tot am Boden. Der Rabe zog sich angewidert zurück. Er hörte noch lange den Fuchs schmatzen. »Du hast es verdient, blöde Gans. Warum hast du auch das Wasser verdorben? Hm? Jetzt bist du sprachlos, was?« rief der Fuchs immer wieder.
Am nächsten Tag erreichten die drei eine Oase, in der viele Tiere eine Rast einlegten, bevor sie zur letzten und anstrengendsten Etappe ihrer Reise aufbrachen. Eine große Quelle spendete genug Wasser, das klar im Bach plätscherte.
»Was für ein Paradies!« freute sich der Fuchs beim Anblick der vielen fetten Enten, Hasen und Lämmer.
»Ja, wahrlich, und ich bin der einzige Pfau«, stellte der König der Vögel befriedigt fest.
»Was machst du mit einem solch langen Schwanz?« fragte ihn ein Lamm, das zum ersten Mal in seinem jungen Leben einen Pfau sah.
»Ich schlage ein Rad, das in seiner Schönheit Sonne und Mond übertrifft«, kreischte der Pfau undentfaltete seine Federpracht. Das Lamm erschrak und rannte blökend zu seiner Mutter.
»Oh, oh, wie schön. Welch wunderbare Herrlichkeit!« staunten die Tiere, und der Pfau stolzierte herum. Der Fuchs ging auf und ab. Er flüsterte dem Raben zu: »Was für ein Angeber. Ich hätte ihn für seinen Hochmut gerne getadelt, doch er würde mir vorwerfen, ich sei eben ein Fuchs und verstünde die Seele der Vögel nicht.«
Auch der Rabe ärgerte sich über den Pfau und rief: »Hör auf anzugeben. Du platzt ja bald!«
»Bist du neidisch, Pechbruder?« gab der Pfau zurück. »Weder deine Kehle noch deine Federn sind mit Schönheit gesegnet. Was hast du also Schönes an dir?« fügte er giftig hinzu.
»Ein kluges Köpfchen, du Federklump«, krächzte der Rabe.
»Köpfchen!« rief der Pfau und lachte. »Köpfchen, genau, Köpfchen!« kreischte er und brachte damit viele Tiere zum Lachen. »Willst du ein Loch in deinem Köpfchen haben?« Und bevor der Rabe antworten konnte, versetzte ihm der Pfau einen Hieb mit seinem kräftigen Schnabel und verletzte ihn am Kopf. Ein erbitterter Kampf brach aus. Viele pilgernde Tiere eilten entsetzt davon, andere versuchten, Frieden zu stiften und den Streitenden Barmherzigkeit und Güte beizubringen, doch sie
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