Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
die Orakelmeister. Aber sie haben nichts Nennenswertes sagen können. Nun möchte ich deine Meinung dazu hören!“
Scheinbar überrascht, fragte Nieju sangbu: „Vogeldreck? Ist er zur Hälfte schwarz und zur Hälfte weiß?“
„Ja“, bestätigte der König, „zur Hälfte schwarz und zur Hälfte weiß!“
Mit einem Jauchzer reckte Nieju sangbu den Daumen seiner rechten Hand in die Höhe und rief:
„Grauer Vogeldreck in das Trinkgefäß gefallen, ein Jahr ohne Krankheit und Leid bringt es allen.
Die Herden gedeihen, Glück und Freude ziehen ein.
Welch eine Botschaft! Ein Segen liegt auf dem Lande! Ihr solltet alle armen Sünder freilassen!“
König Lidong fiel ein Stein vom Herzen. Unter dem Eindruck des gewaltigen Redeflusses seines Hofnarren ließ er an jeden Mönch und an alle Bürger in der Residenz eine Schale Buttertee verteilen und die Gefangenen begnadigen.
Auch Nieju sangbu erlangte die Freiheit. Er eilte in die weite Ferne und kehrte nie wieder an den Königshof zurück.
Herbert Bräutigam
Die Geschichte vom klugen Bruder Rabbit
Ein Märchen aus Nordamerika
Alle Tiere in Wald und Feld sagten: „Bruder Rabbit ist sehr klug.“ Doch das genügte Bruder Rabbit nicht. Er wollte noch mehr Verstand haben, war er doch als Kaninchen das kleinste und schwächste Tier des Waldes. Die starken und grausamen Tiere konnten ihn leicht fangen und töten. Aus diesem Grunde wollte Bruder Rabbit noch mehr Verstand haben.
Nur eine einzige Person in der ganzen Welt konnte ihm helfen, und das war seine alte Muhme Mammy-Bammy. Sie war eine Kaninchen-Zauberin und sehr, sehr weise. Sie lebte weit, weit weg, in einem tiefen, dunklen, morastigen Wald, und cs war gar nicht so einfach, dahin zu gelangen. Als Bruder Rabbit ankam, war er sehr müde. Er setzte sich hin, um auszuruhen, da begann vor ihm aus einem Erdloch schwarzer Rauch aufzusteigen. Jetzt muß ich sprechen, sagte sich Bruder Rabbit.
„Mühmchen Mammy-Bammy“, begann er. „Es war ein sehr langer Weg, und ich bin froh, endlich hierzusein.“
„Söhnchen Riley Rabbit, was gibt’s? Söhnchen Riley Rabbit, was gibt’s?“ meldete sich eine Stimme aus dem Loch heraus.
„Liebes Mühmchen Mammy-Bammy, ich brauche deine Hilfe.“ Daraufhin zog sich der schwarze Rauch in das Loch zurück, aus dem nun die alte Kaninchen-Zauberin herausstieg.
„Was gibt’s, Riley Rabbit, mein Söhnchen Riley? Söhnchen Riley Rabbit, was gibt’s?“ fragte sie.
Bruder Rabbit sagte: „Ich bin noch nicht klug genug, Mühmchen Mammy-Bammy. Die anderen Tiere werden mich bald fangen. Bitte, Mühmchen Mammy-Bammy, gib mir mehr Verstand!“
Die alte Zauberin saß da und überlegte. Aus ihrem Mund kam schwarzer Rauch und zog sich dann wieder in den Mund zurück. Schließlich sagte sie: „Ich will es für dich tun. Aber zuerst mußt du etwas für mich tun. Siehst du das Eichhörnchen in dem Baum dort, Söhnchen Riley? Geh und bring es mir, Riley Rabbit, mein Söhnchen!“
Bruder Rabbit dachte ein Weilchen nach und sagte dann: „Ich bin nicht sehr klug, doch ich glaube, ich kann das Eichhörnchen fangen. Wo ist mein Sack?“ Mit diesen Worten nahm er sein Essen aus dem Sack heraus, hob zwei Steine auf, stülpte sich den Sack über den Kopf, lief zum Baum hin und setzte sich darunter. Er wartete ein Weilchen und schlug dann die Steine gegeneinander -bums!
Das Eichhörnchen rief aus: „Hei!“
Bruder Rabbit wartete ein Weilchen und schlug dann die Steine gegeneinander -bams!
Das Eichhörnchen lief ein Stückchen den Baum hinunter und rief aus: „Hallo!“ Bruder Rabbit sagte nichts. Er schlug nur die Steine gegeneinander - boms!
Das Eichhörnchen kam noch ein Stückchen weiter herunter und rief aus: „Wer ist das?“
„Dicky Dickesack!“
„Was machst du dort in dem Sack?“
„Ich knacke Nüsse!“
„Darf ich auch ein paar Nüsse knacken?“
„Natürlich, Schwesterlein Prachtschwanz. Komm herunter und kriech in den Sack.“
Schwester Prachtschwanz hatte erst Angst, aber schließlich kroch sic doch in den Sack, und Bruder Rabbit trug sie zu seiner Muhme Mammy-Bammy. Die alte Zauberin nahm das Eichhörnchen aus dem Sack heraus, setzte es in den Baum zurück und sagte: „Du bist wirklich ein kluger Kerl, Söhnchen Riley Rabbit. Aber ich will noch etwas von dir. Bringe mir eine Feder aus dem Schwanz des Bruders Bussard! Geh und hole sie mir, und spute dich, Riley Rabbit, mein Söhnchen Riley.“
Diesmal machte sich Bruder Rabbit etwas langsamer
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