Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
geschätzt“, erwiderte Nasreddin ruhig. „Wer sollte für dich noch ein Goldstück dazulegen?“
Einst zogen drei Wandermönche durch das Land des Sultans Alaeddin, die gaben sich als recht erfahren in allen Wissenschaften aus und erzählten überall, sie seien noch nie von einem Klügeren übertroffen worden.
Das kam dem Sultan zu Ohren, und es ärgerte ihn. Hatte er nicht genügend Gelehrte an seinem Hof? Die würden es wohl mit diesen drei Mönchen aufnehmen können. Er befahl die Wandermönche zu sich und sagte: „Ihr prahlt mit eurer Gelehrsamkeit, nun gut, laßt es auf einen Wettstreit ankommen, denn es gibt bei mir genügend Gelehrte und weise Leute.“
Die Mönche antworteten: „Wir wollen jeder nur eine Frage stellen, kann sie niemand beantworten, dann erweist es sich, daß wir die Klügsten sind.“
„Gut“, sagte der Sultan, „so soll es sein. Gelingt es euch, meine Gelehrten zu schlagen, dürft ihr euch weiterhin als die Klügsten ausgeben. Findet sich aber einer, der eure Fragen beantwortet, dann seid ihr angehalten, wo immer ihr auch hinkommt, zu verkünden, daß ihr zwar klug seid, daß ihr euch jedoch nie und nimmer mit den Gelehrten und Weisen an Sultan Alaeddins Hof messen könnt.“
Die drei Wandermönche lächelten und waren mit den Bedingungen einverstanden. Der Wettstreit konnte beginnen. Die Weisen und Gelehrten des ganzen Landes waren an diesem Tage am Hof des Sultans versammelt, aber keiner von ihnen war imstande, die Fragen zu beantworten. Voller Zorn rief der Sultan: „Gibt es wirklich keinen in meinem Lande, der es mit diesen Mönchen aufnehmen kann?“ Und er war aufs äußerste verärgert.
Da neigte sich ein Diener zum Ohr des Königs und sagte ihm heimlich: „Padischah, warum habt Ihr Hodscha Nasreddin vergessen? Der nimmt es doch mit jedem auf.“
Alsbald sandte der Sultan einen Boten zu Nasreddin, um ihn an den Hof zu holen.
Hodscha sattelte seinen Esel, nahm seinen Stock in die Hand und sprach zu dem Boten: „Reite vor mir her!“
So begab er sich zum Palast des Sultans Alaeddin.
Nasreddin grüßte den Padischah und fragte: „Was ist dein Wunsch, weshalb hast du mich gerufen?“
Der Sultan erzählte, was geschehen war.
„Wenn du mir aus dem Ärgernis hilfst, will ich dich mit Ehren überhäufen!“ „Mischt etwas Gold unter die Ehren, so werde ich mich besonders anstrengen“, sagte der Hodscha und wandte sich an die Mönche: „Stellt eure Fragen!“
Da trat der erste vor und sprach: „Meine Frage, ehrwürdiger Efendi, lautet: Wo ist der Mittelpunkt der Welt?“
Hodscha zeigte mit seinem Stock auf den vorderen Huf des Esels und sagte: „Hier, wo der Fuß meines Esels steht, in der Halle des großen Sultans Alaeddin, ist der Mittelpunkt der Welt.“
Das Gesicht des Sultans glänzte, strafend sah er seine Gelehrten an, doch der Mönch fragte befremdet: „Woher willst du das wissen?“
„Wenn du es nicht glaubst, so miß es aus“, entgegnete Hodscha, „sollte es sich anders ergeben, so sage es. Du müßtest mich erst vom Gegenteil überzeugen.“ Darauf trat der zweite Mönch vor und fragte: „Wieviel Sterne sind am Antlitz des Himmels?“
Hodscha antwortete: „Soviel wie Haare auf meinem Esel.“
„Woraus schließt du das?“
„Ich weiß es“, sprach Nasreddin. „Doch wenn du es nicht glaubst, so zähle nach; kommen weniger heraus, gebe ich mich geschlagen.“
Der Mönch war ärgerlich: „Kann man denn die Haare des Esels zählen?“ „Kann man denn so viele Sterne zählen?“ erwiderte Hodscha.
Da mußte sich der Mönch geschlagen geben.
Nun trat der dritte vor: „Erst jetzt wird sich erweisen, ob du in Wahrheit klüger bist als wir.“
„Sprich, wir wollen sehen“, sagte Nasreddin lächelnd.
Der Mönch stellte die Frage: „Wieviel Haare sind in meinem Bart?“
Nasreddin antwortete: „Nicht mehr als im Schwanz meines Esels.“
Der Sultan und seine Gelehrten lachten schallend, der Mönch aber brauste auf: „Wie kannst du das behaupten?“
„Es scheint, du glaubst mir nicht, Freund“, sprach Hodscha. „Zähle also nach“, und er hielt ihm den Schwanz seines Esels hin. Der Mönch schüttelte den Kopf: „Mit dieser Antwort bin ich nicht einverstanden.“
„Nun gut“, sagte Nasreddin voller Spott, „so werden wir es auf den Beweis ankommen lassen. Laß uns je ein Haar aus deinem Barte und eins aus dem Schwänze meines Esels herausziehen, dann werden wir am Ende wissen, ob ich recht habe.“
Der dritte sah ein, daß
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