Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
hier im Schlaf!“
Der Hirt wacht auf, stürzt sich mit seinem Knüppel auf den Wolf und hetzt auch noch die Hunde auf ihn. Die reißen und rupfen ihn, daß die Fellbüschel nur so fliegen! Mit Müh und Not nur gelingt es dem Grauwolf zu entkommen.
Ganz mager ist er geworden, vergeht schier vor Hunger. Da bittet er Kleinfingerlang: „Komm doch heraus!“
„Bring mich erst heim zu Vater und Mutter, dort will ich dann hinausschlüpfen.“
Was soll er tun? Der Wolf läuft ins Dorf und springt auch gleich zu den Alten in die Stube.
Flugs schlüpft Kleinfingerlang aus dem Wolfsbauch heraus und ruft: „Haltet den Wolf! Haltet den Grauen!“
Sie fielen über den Wolf her, der Alte mit dem Schürhaken, die Frau mit der Ofengabel, und erschlugen ihn auf der Stelle. Dann zogen sie ihm das Fell ab und machten ihrem Söhnlein einen Pelz daraus.
Alexei N. Tolstoi
Der schlaue Badartschi
Schwänke aus der Mongolei
Einst war einmal ein fröhlicher, äußerst listiger Badartschi auf der Welt. Als er durch die Steppe wanderte, begegnete ihm ein Arat, der mit den Händen krampfhaft einen Pferdeschwanz umklammerte und dabei ein trauriges Gesicht machte.
„Warum denn so traurig?“ fragte der Badartschi.
„Ein Unglück ist über mich hereingebrochen“, antwortete der Arat. „Die Wölfe haben mir mein letztes Pferd zerrissen und nur den Schwanz übriggelassen. Ein Viehzüchter geht zugrunde ohne Pferd!“
„Gib mir den Schweif“, sagte der Badartschi, „und erwarte mich hier wieder. Du sollst ein neues Pferd bekommen, besser, als es das andere war.“
Der Arat gab dem Badartschi den Pferdeschwanz und wartete in der Steppe darauf, was geschehen würde. Der Badartschi dagegen ging in die Chot-ail, in der auch die Jurte eines habgierigen Nojons stand. Unweit dieser Jurte entdeckte der Badartschi eine Fuchshöhle. Er schob den Pferdeschwanz in die Höhle, setzte sich daneben und hielt mit beiden Händen das Ende des Schweifes fest. Er saß nicht lange dort, da jagte auch schon der Nojon auf seinem schnellen Rennpferd vorüber. Als er den Badartschi erblickte, zügelte er sein Pferd und fragte: „Warum hältst du diesen Pferdeschwanz fest?“
Der Badartschi antwortete: „Ich wollte hier mein Pferd weiden lassen, aber es ist mir in diese Höhle entschlüpft. Nur gut, daß ich es gerade noch am Schwanz erwischen konnte, sonst hätte ich es für immer eingebüßt. Jetzt will ich erst mal ein wenig ausruhen, um es dann herauszuziehen.“
„Nun, was ist das für ein Pferd, das du festhältst?“ fragte der habgierige Nojon. „Läuft es denn auch gut?“
„Siebenmal an einem Tage trägt mich mein Pferd um den Erdball herum. Seine Mähne gleicht dem Firn auf den Gebirgsketten, von seinem Galopp zerbrechen die Steigbügel, zwischen seinen Ohren könnten sich zehn Kamele niederlassen, und wenn es sich aufbäumt, berührt es mit seiner Stirn die Wolken.“
Der Nojon erschauerte vor Gier, sprang von seinem Pferde, stieß den Badartschi beiseite und umklammerte selbst den Pferdeschwanz.
„Wer hat dir erlaubt, dein Pferd hier an meiner Jurte weiden zu lassen? Mach, daß du fortkommst, aber schleunigst!“
Doch der Badartschi sagte: „Ich bin es nicht gewohnt, zu Fuß zu gehen.“
„Nun gut! Ich werde den Schwanz festhalten, du aber setze dich auf mein Pferd, damit ich dich nicht mehr neben meiner Jurte zu sehen bekomme. Scher dich zum Teufel!“
Der Badartschi stürmte auf dem Rennpferd davon in die Steppe. Dort übergab er dem armen Arat das Pferd und ging selbst seiner Wege.
Gegen Mittag begegnete er einem Reichen. Der trug einen Kessel voll mit Fleisch auf dem Kopfe. Er war nämlich so habgierig, daß er, wenn er seine Jurte verließ, den gesamten Speisevorrat mit sich schleppte. Er befürchtete, jemand könne die Speisen ohne ihn essen. Als der Reiche den Badartschi erblickte, begann er über ihn zu spotten: „Man sagt, du könntest leicht Dummköpfe hereinlegen. Ein kluger Mann wird jedoch niemals auf deine Schwindeleien hereinfallen. Versuche es doch, mich zu täuschen.“
„Ich bin heute nicht zum Spaßen aufgelegt“, antwortete der Badartschi, „brennt doch der ganze Himmel, aber du siehst das gar nicht!“ Der Reiche blickte zum Himmel empor, und schon war ihm der Kessel vom Kopfe gefallen und zerbrochen. Der Badartschi aber sagte: „Du hast bewiesen, daß auch du ein Dummkopf bist, denn ich habe dich übertölpelt!“ So sprach er und ging seiner Wege. Bald darauf begegnete ihm der
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