Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
sich: Was für eine flinke Frau ist doch meine Schwiegermutter, genau wie meine Mutter! Ich werde es hier gut haben.
Sie aßen zu Abend und legten sich schlafen. Die Nacht verging. Am nächsten Morgen stand der alte Schwiegervater früh auf und weckte alle. „Steht auf“, rief er, „wir müssen aufs Feld gehen!“
„Was wollen wir denn dort machen?“ fragte Galinka, rieb sich die verschlafenen Augen und gähnte herzhaft.
„Den Mais hacken.“
„Mit der Hacke?“ fragte das liebe Töchterchen.
„Natürlich mit der Hacke“, sagte der Hausvater.
„Da gehe ich nicht mit.“
„Warum nicht?“ fragte der junge Ehemann.
„Weil die Hacke so schwer ist und ich doch keine schweren Sachen heben darf.“ „Laß sie hier“, sagte ihr Schwiegervater. „Sie mag das Haus aufräumen und uns das Abendessen bereiten. Es muß auch jemand hier sein.“
Die drei gingen auf das Feld, und die junge Frau blieb zu Hause. Bis zur Mittagszeit ließ sie sich’s im Bett wohl sein.
Als sie sich schließlich erhob, verspürte sie Hunger. Sie suchte etwas zu essen, fand aber nichts im Topf.
„Nichts haben sie mir dagelassen; sie haben mich ganz vergessen“, sagte Galinka, dehnte sich und ging in den Garten, um sich die Blumen anzusehen. „Ach, was für schöne Blumen!“ rief sie, riß einige ab und roch an ihnen. Kleine Bienen flogen emsig von Blüte zu Blüte und summten fröhlich. „Warum die es wohl so eilig haben?“ fragte sich Galinka und schlenderte gemächlich zum nahen Kirschbaum. Sie legte sich unter den Baum ins Gras, streckte im Liegen die Hand aus, pflückte ein paar Kirschen ab, um ihren Hunger zu stillen, und fing an zu gähnen. So verbrachte sie den Tag.
Am Abend kehrten die drei Feldarbeiter völlig erschöpft und müde heim. Sie schauten sich um, und was mußten sie sehen? Das Haus war nicht aufgeräumt, in den Eimern war kein Wasser, das Feuer war ausgegangen, und die Hühner hatten kein Futter bekommen.
Die Schwiegermutter stellte die Hacke weg und griff zunächst nach den Eimern. Sie holte Wasser vom Brunnen. Dann schürte sie das Feuer, stellte einen Topf Kartoffeln auf und buk einen weißen Fladen. So richtete sie in Eile das Abendessen her. Galinka sah ihr zu; sie saß auf einem Stuhl und baumelte mit den Beinen.
Als das Essen fertig war, lud die Schwiegermutter alle zu Tisch: „Kommt, setzt euch, wir wollen essen.“
Galinka war als erste auf ihrem Platz. Der Schwiegervater nahm den Fladen und brach ihn in drei Stücke. Das eine gab er seiner Frau, das andere seinem Sohn, und das dritte behielt er für sich.
„Und für Galinka?“ fragte ihn die Schwiegermutter.
„Die hat keinen Hunger. Wer nicht arbeitet, der wird nicht hungrig.“
Galinka biß sich auf die Lippen und stand schmollend vom Tisch auf. Sie ging in ihr Zimmer und fing an zu weinen. Vor Hunger konnte sie die ganze Nacht nicht einschlafen.
Am nächsten Morgen war es wieder das gleiche. Die drei Arbeiter verließen das Haus, um Gemüse zu pflanzen. Galinka wollte nicht mit ihnen gehen.
„Die Sonne brennt so sehr“, sagte sie, „da werde ich ja schwarz wie ein Mohr.“
So blieb sie wieder zu Hause. Und auch an diesem Tage rührte die verwöhnte Galinka nichts an. Unter einer Schüssel fand sie einen Kanten trockenes Brot, das für den Hund bestimmt war; das aß sie. Dann rekelte sie sich wieder bis zum Abend im Garten. Und da sie kein Wasser holte, um den Garten zu gießen, begannen die schönen Blumen alle zu welken.
Spät am Abend kehrten die drei Landleute todmüde zurück. Mit mürrischem Gesicht buk die Schwiegermutter wieder einen Fladen. Als sie sich an den Tisch setzten, teilte der Vater den Fladen abermals in drei Stücke. Galinka ging leer aus.
„Warum gibst du unserer Schwiegertochter nichts von dem Fladen?“ fragte die Schwiegermutter.
„Weil der, der nicht arbeitet, auch nicht essen soll!“ entgegnete der Schwiegervater.
Die ganze Nacht warf sich Galinka hungrig im Bett herum und dachte lange nach. Gegen Morgen erst schlummerte sie ein. Als die Hähne zum dritten Mal krähten, sprang sie auf. Sie suchte den Schwiegervater, die Schwiegermutter und ihren Mann, sah sie aber nirgends, da die drei schon vor Morgengrauen auf das Feld gegangen waren. Da streifte Galinka die Ärmel auf. Geschäftig lief sie hin und her. Sie fegte das Haus und den Hof, trug Wasser vom Brunnen heran, goß die Blumen im Garten, schürte das Feuer und kochte das Essen. Als alle Hausarbeit getan war, nahm sie sich den
Weitere Kostenlose Bücher